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Haßfurt
Urteil gefallen: Rauhenebrachs Bürgermeister hat gegen Corona-Regeln verstoßen
Matthias Bäuerlein hatte vor dem Amtsgericht Haßfurt gegen einen Bußgeldbescheid des Landratsamtes geklagt. Die Strafe muss er nun aus eigener Tasche zahlen.
Weil er Einspruch eingelegt hatte gegen den Bußgeldbescheid des Landratsamtes, ging es für Matthias Bäuerlein (rechts) nun vor das Amtsgericht Haßfurt.
Foto: Lukas Reinhardt | Weil er Einspruch eingelegt hatte gegen den Bußgeldbescheid des Landratsamtes, ging es für Matthias Bäuerlein (rechts) nun vor das Amtsgericht Haßfurt.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 09.02.2024 09:59 Uhr

Matthias Bäuerlein steht wieder vor dem Glasgebäude des Haßfurter Amtsgerichts. Dort, wo er und seine Mitstreiter sich zwei Stunden zuvor angespannt, aber vorsichtig optimistisch gegeben hatten. Doch inzwischen ist die Anspannung dem Ärger gewichen und der Optimismus der Ernüchterung. Denn der Bürgermeister von Rauhenebrach musste gerade eine empfindliche juristische Niederlage einstecken.

Denn das Amtsgericht Haßfurt bestätigte den Vorwurf des Landratsamts Haßberge, Bäuerlein habe im April 2021 gegen die in Bayern geltende Corona-Verordnung verstoßen. Richterin Bettina Thanner verurteilte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von 500 Euro. Und: Bäuerlein muss die Kosten des Verfahrens tragen. "Ich bin schlicht und einfach enttäuscht", erklärte er nach der Verhandlung und schob hinterher: "Ich bewerte die Sache weiterhin anders."

Touristische Beherbergung ermöglicht - trotz Verbot

Bäuerlein bezieht sich dabei auf die Geschehnisse vom 2. April 2021, die für ihn die Anzeige zur Folge hatten. Damals soll er - als Bürgermeister der Gemeinde Rauhenebrach - sieben Personen auf dem Trekkingzeltplatz nahe Zell am Ebersberg die Übernachtung ermöglicht zu haben. Und das trotz eines damals geltenden Verbotes. Denn laut eines Erlasses der Bayerischen Staatsregierung vom 5. März 2021 waren zu diesem Zeitpunkt "Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken [...] untersagt" (§14, Abs. 1). Der Trekkingplatz, der wie neun andere Standorte im Steigerwald auch über das Internet gebucht werden kann, liegt im Gebiet des Staatsforstbetriebs Ebrach. Verantwortlicher für dieses Angebot ist: Bürgermeister Matthias Bäuerlein.

Der Trekkingplatz 'Laubwiese' nahe Zell am Ebersberg im Steigerwald. Hier sollen im April 2021 sieben Personen übernachtet haben - verbotenerweise.
Foto: Lukas Reinhardt | Der Trekkingplatz "Laubwiese" nahe Zell am Ebersberg im Steigerwald. Hier sollen im April 2021 sieben Personen übernachtet haben - verbotenerweise.

Ein anonymer Hinweisgeber hatte die Polizei damals im April aufmerksam gemacht auf die illegalen Übernachtungsäste im Wald. Die Beamten fanden schließlich zwei der sieben Personen am Lagerfeuer vor, die restlichen fünf lagen bereits in ihren Zelten. Für das Landratsamt Haßberge ein Verstoß gegen die damals geltenden Bestimmungen im Kampf gegen die Pandemie. Und damit Grund genug, um ein Verfahren einzuleiten - gegen den Rauhenebracher Bürgermeister. Doch der legte Anfang Juli Einspruch ein gegen den Bußgeldbescheid der Behörde. Nun kam es am Dienstag zum Verfahren vor dem Amtsgericht Haßfurt.

"Eine Infektionsgefahr hat zu keinem Zeitpunkt bestanden"

Dort sagte Bäuerlein vor der Verhandlung, es stelle sich die grundsätzliche Frage, "ob ein Trekkingplatz mit einem Campingplatz gleichzusetzen ist". Nicht in seinen Augen, wie er erklärte. Campingplätze zu touristischen Zwecken anzubieten, war damals in Bayern durch die Corona-Verordnung verboten. In Baden-Württemberg, auf diesen Beschluss bezog sich Bäuerlein, hatte die Landesregierung das Übernachten auf Trekkingplätzen ermöglicht. Allerdings erst im September 2021.

Bürgermeister Matthias Bäuerlein zeigte sich enttäuscht vom Urteil des Amtsgerichts in Haßfurt. Ob er Rechtsmittel einlegen wird, wisse er noch nicht.
Foto: Lukas Reinhardt | Bürgermeister Matthias Bäuerlein zeigte sich enttäuscht vom Urteil des Amtsgerichts in Haßfurt. Ob er Rechtsmittel einlegen wird, wisse er noch nicht.

Ein weiteres Argument, das der beschuldigte Bürgermeister zur Verteidigung vorbrachte, bezog sich auf das Ansteckungsrisiko. "Eine Infektionsgefahr hat zu keinem Zeitpunkt bestanden", sagte Bäuerlein vor Gericht. "Wir haben Hinweisschilder zur Hygiene angebracht und Maßnahmen ergriffen, um Kontakte auszuschließen." So sei gar das vorhandene Plumpsklo geschlossen worden. Zudem betonte der Bürgermeister immer wieder den "glaubhaft notwendigen" Zweck seines Übernachtungsangebots. Ein solcher hätte laut der Bayerischen Verordnung eine Ausnahme ermöglicht. Bäuerleins Begründung: Die Menschen hätten in Zeiten der Pandemie Bewegung in der Natur dringend nötig, für die geistige und körperliche Gesundheit. Einen touristischen Zweck seines Angebots verneinte er.

"Wir haben Hinweisschilder zur Hygiene angebracht und Maßnahmen ergriffen, um Kontakte auszuschließen."
Matthias Bäuerlein, Bürgermeister Rauhenebrach

Ganz alleine getroffen hatte Bäuerlein die Entscheidung aber nicht, weiterhin Übernachtungen auf dem Trekkingplatz anzubieten. Auch die Einschätzung des damaligen Leiters des Forstbetriebs Ebrach, Ulrich Mergner, habe er berücksichtigt. Mergner, inzwischen im Ruhestand, hatte das Konzept der Trekkingplätze im Steigerwald entscheidend mitgeprägt. "Unsere Erfahrung aus den vergangenen Jahren hat gezeigt, dass die Menschen den Ort zur Erholung nutzen und sich an die Regeln halten. Wir hatten keinerlei Befürchtung, dass mit Verstößen zu rechnen ist", erklärte er am Rande der Verhandlung.

Richterin kommt zu einem anderen Schluss

Bäuerleins Verteidiger forderte deshalb die Einstellung des Verfahrens. Doch Richterin Bettina Thanner bewertete den vorliegenden Fall anders. Ihrer Ansicht nach ist ein Trekkingplatz sehr wohl einem Campingplatz gleichzusetzen, erklärte sie in ihrer Urteilsbegründung. Einen glaubhaft notwendigen Zweck habe sie ebenfalls nicht feststellen können. Sie sprach von einer "falschen Rechtsauslegung" durch den Bürgermeister und von einer "angemessenen" Geldstrafe.

Ein Trekkingplatz sei sehr wohl mit einem Campingplatz gleichzusetzen, so die vorsitzende Richterin in ihrer Begründung.
Foto: Lukas Reinhardt | Ein Trekkingplatz sei sehr wohl mit einem Campingplatz gleichzusetzen, so die vorsitzende Richterin in ihrer Begründung.

Das Bußgeld muss Bäuerlein nun aus eigener Tasche zahlen. Die Schlüsse, die Rauhenebrachs Bürgermeister aus dem Urteil zieht, könnten auch für die Naturfreunde des Steigerwalds Folgen haben. "Wenn es künftig nur den kleinsten Zweifel an der Rechtssicherheit gibt, werden unsere Trekkingplätze geschlossen bleiben", erklärte Bäuerlein nach der Verhandlung. Er überlege noch, ob er Rechtsmittel einlege. Und das Landratsamt? Von dort heißt es auf Nachfrage nur: "Wir nehmen das Gerichtsurteil zur Kenntnis, welches uns in der rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes grundsätzlich bestätigt."

 
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Kommentare
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  • thomasheller53@gmail.com
    Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand! Recht haben und Recht bekommen sind zwei paar Schuhe!
    Hier entscheidet der Richter so, im anderen Landkreis genau anders herum. Wir sind den Rechtsverdrehern gnadenlos ausgeliefert.
    Ich weiß wovon ich rede. Ich habe Juristen in der eigenen Familie, die je nach Gutdünken mal so und mal anders herum auslegen, jeweils nach Laune und Grundeinstellung.
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  • Erding
    Ein Gentleman genießt, schweigt und zahlt (spätestens hinterher). Und so was will Bürgermeister sein? Das wäre die richtige Frage auf das partout nicht Einsehenwollens eines Bürgermeisters. Manche glauben halt, sie könnten da tun und lassen was sie wollen. Er kann ja mit "seiner Story" weitermachen. Weit wird er damit aber nicht kommen. Was weiter "aufstößt", dass er jetzt auch noch andere hineinzieht und öffentlich über diese "herzieht", wie z.B. Herrn Ullrich Mergner. Fazit: Lauter faule Ausreden und fehlende Einsicht. Das "Happy-End" für alle Bürgerinnen und Bürger: Es kostet den Steuerzahlern keinen einzigen Euro. Der amtierende Bürgermeister hätte die eindeutige Niederlage einfach hinnehmen sollen. "Jetzt ist er zweimal über die am Boden liegende Schaufel gestolpert". Tja, manche werden aus einem Schaden nicht klug!
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  • Funkenstern
    Man könnte aus menschlicher Größe auch mal einen Fehler eingestehen, der einem aufgezeigt wurde. In D darf aber jeder " Prozesshanseln" und glauben, dass sein Recht ihm nochmal irgendwann irgendwie widerfahren wird. Ich betitele dies als lächerlich. Das ist eine Führungsperson und hat sich demnach zu verhalten. Hätt er die Finger still gehalten und die Strafe oder Rüge angenommen, wäre der Gesichtsverlust in Grenzen geblieben. Jetzt hat er den Makel mit der Majestätsbeleidigung an der Backe und darf das nun mit sich rumtragen.
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  • Funkenstern
    Schaut man sich die Körpersprache auf dem Bild mit den verschränkten Armen an, so kann man aus der Mimik den kompletten Trotz herauslesen.
    Absolut peinlich, sich so ablichten zu lassen. Wähler, reagiere!
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  • nkestler@aol.com
    Der "Fehler " liegt ja im System mit meist sinnfreien Regelungen.
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  • kilian.er@web.de
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