
Der umstrittene Bremer Pastor Olaf Latzel predigt von Donnerstag bis Sonntag in der evangelischen Kirche in Rentweinsdorf - und das sorgt bei Mitgliedern der Gemeinde für Unmut. Denn der Theologe, der normalerweise für die Gemeinde St. Martini in Bremen zuständig ist, sorgte in der Vergangenheit immer wieder insbesondere durch seine Aussagen zur Homosexualität für Ärger. Unter anderem muss sich der 53-Jährige wegen Volksverhetzung vor Gericht verantworten. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen aus dem letzten Jahr legte er Berufung ein. Diese Verurteilung zu einer Geldstrafe ist also nicht rechtskräftig, das Berufungsverfahren soll im Frühjahr geführt werden.
Wegen seiner kontroversen Ansichten machte der Pastor bereits im Jahr 2015 Schlagzeilen. Wie die "Welt" damals berichtete, hatten sich Mitarbeiter der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) von ihm distanziert. Ihre Sorge: Der Pastor bereite den Boden für Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Gewalt und Hass.
Hetze gegen Muslime, Buddhisten und die katholische Kirche?
Wiederholt tauchte Latzel in den Medien auf, weil er sich despektierlich über andere Religionen geäußert haben soll. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, in seinen Predigten das islamische Zuckerfest als "Blödsinn", Buddha als "dicken, fetten Herren" und die Lehre in der katholischen Kirche als "ganz großen Mist" bezeichnet zu haben. Die Süddeutsche Zeitung berichtete im November 2020 über ein Youtube-Seminar von Latzel, bei dem dieser erklärte, dass der "ganze Genderdreck eine Art Angriff auf Gottes Schöpferordnung" sei.

Gegenüber dieser Redaktion wollte sich der Pastor zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen nicht aktuell äußern. Aufgrund des gegen ihn laufenden Verfahrens in Bremen werde er keine Stellungnahme abgeben, schrieb Latzel am Dienstag per E-Mail. Der Geistliche übersandte der Redaktion jedoch zwei Stellungnahmen vom April 2020 und April 2021, in denen er sich zu den Anschuldigungen erklärt und sich für die Missverständnisse entschuldigt habe.
So will Latzel homosexuell lebende Menschen nicht allgemein als Verbrecher bezeichnet haben, was ihm den Vorwurf der Hetze eingehandelt hatte, sondern damit lediglich "militante Aggressoren" gemeint haben, die seine Gemeinde in den letzten Jahren immer wieder angegriffen und gotteslästerlich diffamiert hätten. In diesem Zusammenhang nennt er gottesdienstliche Störungen, ein "Kiss in" von gleichgeschlechtlichen Paaren und anschließende Prügeleien mit Polizisten sowie das wiederholte Beschmieren seiner Kirche mit Slogans wie "god is gay".
In dem Papier vom April 2020 geht Latzel auch darauf ein, dass er und seine Gemeinde schon häufiger als homophob diffamiert worden seien. Er stellt klar, dass alle Menschen Sünder seien, und dass die Bibel ebenso wie zum Beispiel Geldgier, Ehebruch, Jähzorn oder Unzucht auch die Homosexualität als Sünde kennzeichne. Selbstverständlich aber seien in seiner Gemeinde St. Martini auch homosexuell empfindende Glaubensgeschwister wie jeder andere Mensch willkommen.
Allerdings werde in seiner Gemeinde klar zwischen dem eindeutigen Ja zum Sünder und dem ebenso eindeutigen Nein zur Sünde unterschieden. "Wir haben ein 'Ja' zum Geldgierigen, zum Ehebrecher, zum Neider, zum Lieblosen, zum Homosexuellen, zum Jähzornigen, zum Rächer, zum Geizigen, zum Trinker, zum Unzüchtigen. Wir haben aber auch das biblisch gebotene 'Nein' zu Geldgier, zu Ehebruch, zu Neid, zu Lieblosigkeit, zu Homosexualität, zu Jähzorn, zu Rache, zu Geiz, zu Trunkenheit, zu Unzucht", schreibt der Pastor.
Olaf Latzel entschuldigte sich öffentlich
"Dieses eindeutige Zeugnis der Bibel kann und werden wir als Gemeinde St. Martini und auch ich als Pastor nicht anders verkünden und lehren, auch wenn man dadurch in weiten Teilen der verfassten Kirche, der Politik und der Presse zunehmend Ausgrenzung und Diffamierung erfährt."
In einer Ergänzung im April 2021 zu seiner Stellungnahme entschuldigt sich der Pastor: "Bei denjenigen Angehörigen der betroffenen Personengruppen, insbesondere homosexuelle Menschen, die sich dadurch verletzt oder gekränkt fühlen, bitte ich dafür ausdrücklich um Entschuldigung."
Als Christ, als Mensch und als Pastor achte er homosexuelle Menschen und Gendermenschen in gleicher Weise wie jeden anderen Menschen. Es sei daher niemals seine Absicht gewesen, diese Personen herabzuwürdigen und in ihrer Persönlichkeit oder ihren Persönlichkeitsrechten infrage zu stellen.
Einladung des Pastors einstimmig beschlossen
In Anbetracht der Kontroversen um den Bremer Pastor gibt es harsche Kritik aus der Gemeinde: Es sei "ein Unding", dass der Rentweinsdorfer Pfarrer Gerhard Barfuß den zweifelhaften Auftritt von Pastor Latzel billige und ihm somit eine Plattform zur Verfügung stelle. Die meisten normalen Kirchgänger würden Pastor Latzel gar nicht kennen und wüssten nichts von dem erstinstanzlichen Bremer Urteil und dem zeitweiligen Predigtverbot in der Bremischen Landeskirche, heißt es sinngemäß in einer E-Mail an die Redaktion. Das mache die ganze Sache so perfide.
Der Rentweinsdorfer Pfarrer hält dagegen: "In unserer Gemeinde predigen immer wieder Pfarrer und Geistliche aus anderen Gemeinden." Der Kirchenvorstand habe einstimmig beschlossen, Latzel anzufragen und in die Gemeinde nach Rentweinsdorf einzuladen, erklärt er. "Wir wollen ihn direkt erleben und nicht nur über ihn reden."
Dekanat Rügheim teilt Latzels Ansichten nicht
Dass der umstrittene Pastor in Rentweinsdorf predigt, will das Dekanat Rügheim erst auf Anfrage dieser Redaktion erfahren haben. "Dies ist aber keinesfalls ungewöhnlich, da die Evangelische Kirche keine Lehraufsicht wie andere Kirchen kennt, sondern jede Ortsgemeinde auf Basis von Schrift und Bekenntnis eigenständig ist", erklärt der stellvertretende Dekan Jan Lungfiel.
Laut dem Stellvertreter werde Latzel nicht explizit zum Thema Homosexualität predigen, sondern zum Thema Nachfolge. Der volle Umfang der Ansichten von Herrn Latzel sei ihm nicht bekannt. Latzels Ansichten zur Homosexualität entsprächen jedoch nicht den Ansichten des Dekanats. "Sollte er sich in bedenklicher Weise äußern, obliegt es dem Kirchenvorstand Rentweinsdorf und dem örtlichen Pfarrer Gerhard Barfuß, damit entsprechend umzugehen."
Liebe Grüße aus der Redaktion, Martin Sage