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Rentweinsdorf
Umstrittener Pastor: So lief der erste Gottesdienst mit Olaf Latzel in Rentweinsdorf
Pastor Olaf Latzel aus Bremen hielt am Donnerstag seine erste Predigt in Rentweinsdorf. Im Vorfeld erntete die Kirchengemeinde deshalb Kritik. So verlief der Gottesdienst.
Der Bremer Pastor Olaf Latzel predigte am Donnerstagabend in der Rentweinsdorfer Kirche zum Thema Nachfolge.
Foto: Johanna Heim | Der Bremer Pastor Olaf Latzel predigte am Donnerstagabend in der Rentweinsdorfer Kirche zum Thema Nachfolge.
Johanna Heim
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:59 Uhr

Der umstrittene Geistliche Olaf Latzel hielt am Donnerstagabend seine erste Predigt in der Dreieinigkeitskirche in Rentweinsdorf. Es war die erste von vier Veranstaltungen, bei denen der Pastor mitwirkt. 

Im Vorfeld hatte die evangelische Kirchengemeinde Rentweinsdorf heftigen Gegenwind wegen des angekündigten Auftritts des Bremer Pastors erfahren. Denn der Theologe, der normalerweise für die Gemeinde St. Martini in Bremen zuständig ist, hat in der Vergangenheit immer wieder insbesondere durch seine Aussagen zur Homosexualität für Ärger gesorgt.

Schon eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes, um circa 19 Uhr, waren etliche Plätze in der Kirche belegt. Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde kontrollierten am Eingang des Gotteshauses die Einhaltung der 3-G Regeln. Zusätzlich trugen die rund 200 Besucher des Gottesdienstes in der Kirche einen Mund-Nasen-Schutz.

Pfarrer Gerhard Barfuß eröffnete den Gottesdienst. Seine Ankündigung, dass Pastor Olaf Latzel in den kommenden Tagen predigt, erhielt energischen Beifall von den Besuchern. Thema des Abends war das Wachstum in der Nachfolge. Als Nachfolge bezeichnen Gläubige die Lebensweise, sich von Jesus leiten zu lassen und dementsprechend der Lehre Christi zu folgen. 

Während der Predigt ließ Latzel immer wieder eigene Anekdoten aus seinem Leben einfließen, beispielsweise wie er als Jugendlicher über einer Ferienfreizeit zur Kirche und zu seinem Glauben kam. Viele Besucher klebten Latzel während seiner Predigt bildhaft an den Lippen, einige von ihnen machten sich gar Notizen.

Olaf Latzel bringt Gottesdienstbesucher zum Lachen

Der Geistliche schnitt während des Gottesdienstes weder das Thema Homosexualität an, noch äußerte er sich abwertend über andersgläubige Personen und deren Religionen. Während der Veranstaltung gab es keine Zwischenfälle, die Stimmung in der Kirche war gut. Der Bremer Pastor brachte die Gemeinschaft im Laufe des Abends immer wieder zum Lachen. Pfarrer Gerhard Barfuß war zufrieden mit der Veranstaltung, erklärt er auf Nachfrage der Redaktion. "Von Häme und Spott war nichts zu hören."

Dennoch erhielt der Auftritt des Bremer Pastors am Donnerstagabend Gegenwind. Bereits vor Beginn des Gottesdienstes demonstrierte ein 16-Jähriger aus der Gemeinde vor der Kirche. Der Demonstrant hatte sich dafür eine Regenbogenfahne um die Schultern gebunden. Er habe mitbekommen, dass der Pastor in die Gemeinde komme, erklärte er gegenüber dieser Redaktion.

Demonstrierende vor und nach dem Gottesdienst anwesend

Er selbst habe sich geoutet und deshalb mit Mobbing zu kämpfen. Von den Ansichten des Pastors zum Thema Homosexualität halte er nichts. "Ich finde es einfach falsch, noch so zu denken. Deshalb möchte ich ein Zeichen setzen", erklärt er. "So ein Gedankengut hier zu haben, da bin ich stark dagegen."

Ein 16-Jähriger aus der Gemeinde demonstrierte vor Beginn des Gottesdienstes vor der Kirche.
Foto: Johanna Heim | Ein 16-Jähriger aus der Gemeinde demonstrierte vor Beginn des Gottesdienstes vor der Kirche.

Nach Ende des Gottesdienstes, der rund 75 Minuten dauerte, stellten sich zwei weitere Demonstrantinnen vor der Kirche auf. Anna und Margit, die aus dem Landkreis stammen, hatten selbstgebastelte Schilder dabei.

"Gott bevorzugt freundliche Atheisten gegenüber hasserfüllten Christen", stand auf dem einen. Auf dem zweiten Schild war "Hass ist keine Meinung" zu lesen. Auch die beiden Frauen mittleren Alters wollten mit ihrer Anwesenheit ein Zeichen setzen, erklären sie. Mit der Einladung des Bremer Pastors nach Rentweinsdorf seien sie nicht einverstanden. Sie würden sich vor allem um die Jugend Sorgen machen – die durch vergangene Aussagen des Pastors verunsichert werden könnte.

Zwei Demonstrantinnen brachten Plakate mit zum Gottesdienst in Rentweinsdorf.
Foto: Johanna Heim | Zwei Demonstrantinnen brachten Plakate mit zum Gottesdienst in Rentweinsdorf.

Neben der Kritik gab es aber auch große Zustimmung. Der 82-jährige Gert von Kunhardt und seine Frau Marlen, beides ehemalige Rentweinsdorfer, seien für einen Besuch bei Freunden und wegen des Gottesdienstes aus Norddeutschland angereist, berichtet er. Das Ehepaar zeigte sich begeistert. Die Predigt des Pastors habe ihnen gefallen. "Es war schön, dass der Pastor viele lebendige Beispiele genannt hat", findet Marlen von Kunhardt.

Auch der Rentweinsdorfer Bürgermeister Steffen Kropp habe im Vorfeld mit Mitgliedern des SPD-Kreisverbands vor der Kirche gestanden, berichtet er auf Nachfrage der Redaktion. "Wir haben unsere Meinung, was Herrn Latzel angeht, mit einer Fahne kundgetan." 

Er persönlich halte von den Aussagen des Pastors zwar nichts, erklärt er. "Herrn Latzel nur wegen vergangener Aussagen abzustempeln und auf dieses eine Thema herunterzubrechen, halte ich für falsch." Man müsse akzeptieren, dass ein Mensch mehr ist, als der Fehler, den er gemacht hat, findet Kropp.

Regenbogenfahnen im Rentweinsdorfer Rathaus

Um in seiner Gemeinde Solidarität zu bekunden, veröffentliche Kropp am Donnerstag einen Facebook-Beitrag, der auf große Unterstützung stieß. "Bitte bringt mir so viele Regenbögen wie möglich heute ins Rathaus. Ich möchte zum Thema Toleranz mit Eurer Hilfe ein Zeichen setzen und damit zeigen, dass wir hier im Markt Rentweinsdorf tolerant und herzlich gegenüber unseren Mitmenschen sind", schreibt Kropp darin.

Bis Freitagvormittag hätten bereits an die 15 Personen Regenbögen vorbeigebracht, berichtet der Bürgermeister. Diese wolle er nun in die Fenster des Rathauses hängen. "Damit will der Markt Rentweinsdorf seine Solidarität mit Menschen, die homosexuell leben, ausdrücken", erklärt er. 

Stadt Ebern gegen Diffamierung

Die Stadt Ebern bezieht ebenfalls Stellung. "Wir treten für eine gleichberechtigte Gesellschaft bei uns in der Stadt ein, in der es keine Diffamierung gibt", heißt es in einer Pressemitteilung am Freitagvormittag. 

Sowohl Bürgermeister Jürgen Hennemann, Pater Rudolf Theiler von der katholischen Gemeinde als auch Pfarrerin Sonja von Aschen von der evangelischen Gemeinde sind sich einig: "Wir leben in Ebern und der Region gut mit gleichgeschlechtlichen Paaren, sexuell anders orientierten und andersgläubigen Menschen zusammen. Wir brauchen bei uns keine diskriminierenden Aussagen."

Sie sprechen sich klar gegen rassistische, menschenverachtende und intolerante Aussagen aus." Wir stehen für Respekt und Toleranz." Auch der Stadtrat Ebern setze sich für eine gleichberechtigte Gesellschaft ein, heißt es in der Mitteilung.

 
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Kommentare
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  • P. H.
    Hut ab, voll Respekt und Achtung vor dem 16-Jährigen! So viel Mut und Zivilcourage, ganz super toll!!!
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  • M. S.
    Dankeschön
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