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Haßfurt
Umstrittenes Projekt am Moosanger: Bau der Flüchtlingsunterkunft in Haßfurt gestartet
In den sozialen Medien gibt es heftige Kritik an dem Projekt und Anfeindungen. Vor dem Verwaltungsgericht läuft zudem eine Klage der Kreisstadt. So soll es jetzt weitergehen.
Moosanger in Haßfurt: Die Bauarbeiten an der neuen Flüchtlingsunterkunft haben begonnen. Doch das Projekt ist umstritten.
Foto: Peter Schmieder | Moosanger in Haßfurt: Die Bauarbeiten an der neuen Flüchtlingsunterkunft haben begonnen. Doch das Projekt ist umstritten.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 15.04.2025 02:40 Uhr

Vielen Anwohnerinnen und Anwohnern am Moosanger in Haßfurt dürfte das nicht gefallen: Aktuell laufen dort die Bauarbeiten für eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete. "Die Arbeiten werden voraussichtlich im dritten Quartal 2025 abgeschlossen sein", teilt ein Sprecher der Regierung von Unterfranken auf Anfrage dieser Redaktion schriftlich mit. "Im Anschluss werden die ersten Geflüchteten in die Unterkunft zugewiesen."

Noch im September 2024 hatte die Regierung mitgeteilt, die Arbeiten sollten bis März oder April 2025 beendet sein. Dass dieser Zeitplan nicht eingehalten werden konnte, begründet der Regierungssprecher mit "bautechnisch bedingten Verzögerungen bei der Herrichtung".

Kritik: Hochwassergebiet und schlechte Integration am Ortsrand

So steht auf dem Grundstück aktuell nur ein kleiner Teil der insgesamt geplanten Gebäude. Errichtet wurden sie in Containerbauweise auf stabilen Metallstelzen. Letzteres dürfte vor allem daran liegen, dass dieser Teil der Kreisstadt hochwassergefährdet ist – ein Grund, aus dem einige Kritikerinnen und Kritiker den Standort im Vorfeld als ungeeignet kritisiert hatten.

Die Gebäude in Container-Bauweise stehen auf Stelzen.
Foto: Peter Schmieder | Die Gebäude in Container-Bauweise stehen auf Stelzen.

Weitere Argumente, die Gegnerinnen und Gegner der Flüchtlingsunterkunft an dieser Stelle angeführt hatten, waren unter anderem die Vorbehalte von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie die Befürchtung, dass es die Integration erschweren könne, wenn die Geflüchteten am Ortsrand festsitzen. Im Haßfurter Stadtrat ist das Projekt umstritten, eine knappe Mehrheit der Ratsmitglieder hatte sich in der Vergangenheit gegen den Bau der Unterkunft positioniert.

Klage der Stadt läuft weiter vor dem Verwaltungsgericht

Dass sie dennoch gebaut wird, liegt daran, dass die Stadt selbst nicht der Bauherr ist. Das Grundstück gehört einer Privatperson, die es der Regierung von Unterfranken für diesen Zweck zur Verfügung gestellt hat, wodurch die Entscheidung über die Baugenehmigung nicht bei der Stadt Haßfurt liegt. Zwar hatte der Stadtrat im August 2024 mit knapper Mehrheit beschlossen, gegen die Baugenehmigung zu klagen. Doch diese Klage hat keine aufschiebende Wirkung, wie das Landratsamt Haßberge bereits im September mitteilte. Daher konnten die Arbeiten nun dennoch beginnen.

"Die Klage läuft beim Verwaltungsgericht", sagt Bürgermeister Günther Werner (Wählergemeinschaft) auf Anfrage der Redaktion. "Wir haben noch keine Nachricht bekommen", sagt er. Auch die Regierung von Unterfranken bestätigt: "Die Klage der Stadt ist anhängig. Die Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichtes bleibt abzuwarten."

Wut in den sozialen Medien: Anfeindungen in Kommentaren auf Facebook

Dass viele Haßfurterinnen und Haßfurter die Flüchtlingsunterkunft ablehnen, zeigt sich auch in den sozialen Medien. In der Facebook-Gruppe "Meine Heimatstadt Haßfurt" hatte ein Mitglied Fotos der Baustelle geteilt. Der Beitrag von Montagmorgen hat mittlerweile (Stand: Mittwochnachmittag) 126 Kommentare, von denen die überwiegende Mehrheit deutliche Worte gegen die Unterbringung von Geflüchteten findet – nicht nur am Moosanger, sondern allgemein.

Bisher steht nur ein Bruchteil der Container. Bis zum dritten Quartal gibt es noch viel zu tun.
Foto: Peter Schmieder | Bisher steht nur ein Bruchteil der Container. Bis zum dritten Quartal gibt es noch viel zu tun.

So heißt es in mehreren Beiträgen, man solle lieber Unterkünfte für deutsche Obdachlose bauen, statt Menschen aus anderen Ländern zu helfen. In einigen werden Asylsuchende mit Schimpfworten betitelt, mehrfach wird das Bauprojekt als "zum Kotzen" bezeichnet. In einigen Beiträgen ist auch das Wort "Fachkräfte" in einem ironischen Kontext zu lesen.

Nur wenige Kommentatorinnen und Kommentatoren widersprechen. Man schäme sich für die Kommentare der anderen oder fühle sich an das Jahr 1933 erinnert, schreiben diese unter anderem. Ein Kommentator, der von einem "blau-braunen Mob" schreibt, bekommt zahlreiche Antworten, in denen er beschimpft wird oder aufgefordert wird, er soll sein "Maul halten".

Mehr als 14.700 Geflüchtete in Unterfrankens Unterkünften

Aber ist der Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte überhaupt notwendig, wo doch zuletzt gemeldet wurde, dass die Zahl der Asylanträge rückläufig sei? Laut der Regierung von Unterfranken braucht es die Unterkünfte dennoch. Denn seit Juli 2021 seien deutlich mehr Geflüchtete in den Bezirk gekommen als in den Jahren zuvor, sodass derzeit mehr als 14.700 Personen in den Unterkünften in Unterfranken leben.

"Insgesamt sind im Regierungsbezirk aktuell mehr als 750 staatliche Unterkünfte aktiv", schreibt der Regierungssprecher. "Obwohl die Anzahl der Neuzugänge zuletzt (von hohem Niveau kommend) spürbar zurückgegangen ist, hält dieser Kapazitätsausbau derzeit noch an." Das werde vor allem getan, um Menschen auch dauerhaft adäquat unterbringen zu können. Denn aktuell würden noch viele Menschen in Notunterkünften oder an Orten leben, an denen die Unterbringung aus verschiedenen Gründen zeitlich befristet ist.

Die neue Unterkunft in Haßfurt ist für bis zu 100 Personen ausgelegt. Allerdings sollen nach der Fertigstellung nicht gleich 100 Menschen auf einmal einziehen. "Die Erstbelegung der Unterkunft wird sukzessive erfolgen, das heißt, die Unterkunft wird erst nach und nach ihre Vollbelegung erreichen", so der Regierungssprecher. Das werde gemacht, "um den örtlichen Strukturen die Möglichkeit zu geben, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen und Abläufe einzuspielen".

 
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