zurück
Eltmann
Über 350 besondere Funde: Wie Britta Ziegler zusammen mit Senioren Relikte der Wallburg in Eltmann erforscht
Die Senioren arbeiten als ehrenamtliche Helfer in der Bamberger Archäologiewerkstatt von Britta Ziegler mit. Wie das funktioniert und welche Funde sie untersuchen.
Helmut Nikol (rechts) ist beim Abzeichnen eine Besonderheit an einer Scherbe aufgefallen, die Britta Ziegler (stehend) nun genauer betrachtet. 
Foto: Sabine Weinbeer | Helmut Nikol (rechts) ist beim Abzeichnen eine Besonderheit an einer Scherbe aufgefallen, die Britta Ziegler (stehend) nun genauer betrachtet. 
Sabine Weinbeer
 |  aktualisiert: 13.03.2025 02:37 Uhr

Günther Reiß, Helmut Nikol, Gudrun Schell und Manfred Kirchner sind längst Rentner, dennoch gehen sie regelmäßig in die Uni. Immer freitags kommen sie nach Bamberg, um in der Archäologiewerkstatt am Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit Geschichte zu erforschen. Derzeit beschäftigen sie sich mit dem Wahrzeichen von Eltmann, der Wallburg.

Die Archäologiewerkstatt wurde von Britta Ziegler vor zehn Jahren ins Leben gerufen, im Rahmen eines Promotionsthemas. Die Fragestellung war damals, wie Ehrenamtliche einerseits der Forschung Impulse geben können und andererseits die Forschung und ihre Ergebnisse in die Gesellschaft tragen können. "Das historische Erbe gehört schließlich allen und sollte auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden", so Ziegler, die Ausgrabungsingenieurin ist und anschließend Denkmalpflege studierte.

Im Ruhestand Zeit für das Hobby gefunden

Für Günther Reiß ist die Wallburg bereits das zweite Projekt, das er ehrenamtlich, aber enorm intensiv begleitet. Im Ruhestand fand er die Zeit, sich seinem Hobby Geschichte zu widmen. Er ist im Heimatgeschichtlichen Verein Eltmann und dem Historischen Verein Haßberge aktiv und gehört zu dem Kreis von Eltmannern und Limbachern, die ein Forschungsprojekt am geheimnisvollen Burgstall zwischen den beiden Orten anstießen.

Günther Reiß ist schon länger mit dabei - auch zu Corona-Zeiten, wie hier im Jahr 2020.
Foto: Sabine Weinbeer | Günther Reiß ist schon länger mit dabei - auch zu Corona-Zeiten, wie hier im Jahr 2020.

Vor allem die modernen technischen Möglichkeiten faszinierten ihn. Heute ist er quasi Profi, wenn es um die Platzierung von Erdsonden geht, um per Geoelektrik historische Spuren im Untergrund zu ermitteln – ganz ohne Grabung.

2020 wurde das Gelände rund um die Wallburg mit Hilfe der Geoelektrik erforscht. Dafür werden entsprechend eines Rasters Erdsonden platziert.
Foto: Sabine Weinbeer | 2020 wurde das Gelände rund um die Wallburg mit Hilfe der Geoelektrik erforscht. Dafür werden entsprechend eines Rasters Erdsonden platziert.

Aber auch beim Graben am Burgstall war er mit dabei. Britta Ziegler leitete die Forschungsgrabungen, bei denen die Studentinnen und Studenten von Ehrenamtlichen unterstützt wurden, und war von den Ergebnissen begeistert.

Viele Funde aus dem 17. und 18. Jahrhundert

So war es nur folgerichtig, dass sie auch für eine geoelektrische Erkundung am Eltmanner Wahrzeichen, der Wallburg, gewonnen werden konnte. Über 350 Lesefunde – gegraben wurde dort nicht – aus der Zeit der Amtsburg im 17. und 18. Jahrhundert, aber auch aus späterer Zeit, als neben der Wallburg eine Trinkhalle betrieben wurde, müssen nun bearbeitet werden.

Aus dem 19. Jahrhundert stammt dieser Krug, vermutlich aus der Zeit, als an der Wallburg eine Trinkhalle betrieben wurde.
Foto: Sabine Weinbeer | Aus dem 19. Jahrhundert stammt dieser Krug, vermutlich aus der Zeit, als an der Wallburg eine Trinkhalle betrieben wurde.

Viele der Funde kamen schon viel früher ans Licht, hatten Landwirte oder Spaziergänger sie doch schon seit Jahrzehnten beim Heimatgeschichtlichen Verein abgegeben. Etliche Gegenstände fanden sich aber auch im Brunnen der Wallburg.

Jetzt werden alle relevanten Fundstücke vermessen, gezeichnet, fotografiert und dokumentiert. Da gibt es beispielsweise "die Schüssel", eine sehr farbenfrohe, aus vielen Scherben wieder zusammengesetzte Keramik, die es den Archäologinnen und Archäologen einfach macht, denn nach dem Zusammenfügen offenbarte sie die Jahreszahl 1764.

Als die Scherben zusammengesetzt waren, offenbarte 'die Schüssel' ihr Alter: 1764 ist am Boden zu lesen.
Foto: Sabine Weinbeer | Als die Scherben zusammengesetzt waren, offenbarte "die Schüssel" ihr Alter: 1764 ist am Boden zu lesen.

Am Ende einer solchen Katalogisierung steht eine Publikation. "Das ist heute dank Digitalisierung viel einfacher, niemand muss ein Buch finanzieren", erklärt Ziegler. Die Universitätsbibliothek veröffentlicht die Publikation digital und jedermann und hat Zugriff. Barrierefreier kann Geschichtswissen kaum sein.

Am Platz von Günther Reiß steht auch der Nachlass von Alfred Wirth aus Eltmann mit vielen historischen Fotos, volkskundlichen und archäologischen Gegenständen. Auch der soll in der Archäologiewerkstatt digitalisiert werden.

Zieglers Wunsch: Ein Stadt-Wiki für Eltmann

Gerne würde Britta Ziegler diese Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen noch ausweiten – vor allem mit Schulen. Ein Stadt-Wiki für Eltmann hielte sie für ein sehr interessantes Projekt, wenn sie eine Kooperationsschule finden würde.

Britta Ziegler (hier bei den Sondierungen am Burgstall im Jahre 2019) würde gerne mit einer Eltmanner Schule ein Stadt-Wiki aufbauen, in dem die Stadtgeschichte dokumentiert werden könnte.
Foto: Sabine Weinbeer | Britta Ziegler (hier bei den Sondierungen am Burgstall im Jahre 2019) würde gerne mit einer Eltmanner Schule ein Stadt-Wiki aufbauen, in dem die Stadtgeschichte dokumentiert werden könnte.

Dass so etwas gut funktioniert, zeigt der Archäologiepreis Schule, der Gesellschaft für Archäologie in Bayern e.V. und der vom Bayerischen Kultusministerium verliehene P-Seminarpreis, mit denen ihr Projekt mit einem P-Seminar am Gymnasium in Höchstadt 2023 ausgezeichnet wurde.

An den Fundstücken wird noch gearbeitet

Während die Publikation über den Burgstall bereits online ist, wird an den Fundstücken zur Wallburg noch intensiv gearbeitet. Gudrun Schell war früher Schulbuch-Redakteurin, jetzt sitzt sie neben dem früheren Maschinenbau-Techniker Manfred Kirchner und zeichnet akribisch eine Scherbe nach.

Sie war sowohl am Burgstall als auch an der Wallburg vor Ort dabei. Am gleichen Tisch sitzt Helmut Nikol. Er schrieb sich einen Monat nach Beginn seiner Rente als Gasthörer an der Otto-Friedrich-Universität ein und jetzt gehört er zum harten Kern der Archäologiewerkstatt, in der immer wieder auch Studierende dazu kommen.

Acht Kisten füllen die dokumentierten Streufunde von der Wallburg.
Foto: Sabine Weinbeer | Acht Kisten füllen die dokumentierten Streufunde von der Wallburg.

Jetzt genügend Zeit zu haben für eine Leidenschaft, die früher viel zu kurz kam, das sei für sie alle erfüllend. Und auch wenn das Zeichnen auf Millimeterpapier nicht so spektakulär aussieht: Es gebe doch immer sehr spannende Momente.

Der "Herrgott von der Wallburg"

Zum Beispiel die Wahrheit über den "Herrgott von der Wallburg". Die halbe männliche Figur war ebenfalls ein Lesefund und wurde von Heimatforschern als Darstellung Jesu Christi eingeordnet. Tatsächlich handelt es sich um ein Schmuckelement eines frühbarocken Kachelofens, die wohl einst einen der Haupträume der Amtsburg schmückte.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Eltmann
Sabine Weinbeer
Archäologen
Heimatforscher
Jesus Christus
Otto-Friedrich-Universität
Rentner
Universitätsbibliotheken
Wallburgen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top