Ein Feld steht in Flammen. 75 Feuerwehrleute aus dem Haßbergkreis sind im Einsatz, sie können das Übergreifen des Brandes auf ein angrenzendes Waldstück gerade noch verhindern. Das war vor rund einer Woche bei Unterschwappach, Knetzgau. Die Ursache für das Feuer ist noch nicht bekannt. Klar hingegen ist, dass die Wiesen- und Waldbrandgefahr im Landkreis Haßberge derzeit deutlich zunimmt, wie in ganz Unterfranken. Für das Wochenende ruft der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Teilen der Region die höchste Warnstufe (5, "sehr hoch") aus. Im Haßbergkreis bezeichnet der DWD die Gefahr auf Nachfrage als "hoch" (4).
Die Regierung von Unterfranken hat deshalb jüngst den Einsatz von Beobachtungsflugzeugen zur vorbeugenden Waldbrandbekämpfung für den gesamten Bezirk angeordnet. Auch weil die Hitzewelle am Wochenende, angesichts der die Temperaturen etwa in Haßfurt auf bis zu 35 Grad steigen sollen, das Problem weiter verschärfen könnte. Sind die Feuerwehren im Landkreis also auf das Schlimmste vorbereitet? Und ist die Situation in den Wäldern tatsächlich so dramatisch, wie es die Warnung des Wetterdienstes vermuten lässt?
Im Steigerwald brannte es zuletzt im Jahr 2020
Nachfrage beim Forstbetrieb Ebrach, der im Steigerwald eigenen Angaben zufolge eine Fläche von 16.500 Hektar bewirtschaftet. Dort sieht man die Prognosen des DWD noch weitgehend gelassen, spricht von einer eher "moderaten" Gefahr, wie Daniel Steuer, stellvertretender Betriebsleiter, gegenüber dieser Redaktion erklärt. Ein Grund: Der Anteil an Laubbäume sei im Staatswald besonders hoch. Sie bedecken rund zwei Drittel der bewirtschafteten Fläche. In diesen Beständen sei das Risiko eines Brandes deutlich geringer als etwa in reinen Nadelwäldern, so Steuer. Ein weiterer Grund: In den Wäldern herrschen im Vergleich zum Offenland noch moderate Tagestemperaturen.
"Die Restfeuchtigkeit in der bodennahen Vegetation, die in den allermeisten Fällen der initiale Brandherd ist, ist auch noch vorhanden." Zuletzt, so erinnert sich Steuer, war im September 2020, einem der zahlreichen Dürrejahre der vergangenen Dekade, ein Feuer im Steigerwald ausgebrochen. Damals gingen dem Brand extreme Trockenheit und hohen Temperaturen voraus, hinzu kamen Schäden im Fichtenbestand durch Stürme und Borkenkäfer. Etwa ein Hektar Wald fiel den Flammen zum Opfer. "Die Brandursache konnte nicht geklärt werden", sagt Steuer heute. Er vermutet Selbstentzündung.
Feuerwehren üben im September den Ernstfall
Christian Meisch, Kommandant der Feuerwehr Haßfurt, ist zuständig für die Kreisstadt und seine neun Ortsteile. "Es ist allgemein viel zu trocken", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Den Feuerwehren bereiten nicht nur die Wälder Sorge, sondern auch die Felder und Wiesen. "Die Lage ist mindestens genauso schwierig, was die Gefahr von Flächenbränden betrifft, wenn nicht schwieriger", betont etwa der Eberner Kommandant David Pfeufer.
In den Fluren sind die Folgen des fehlenden Regens meist noch deutlicher spürbar als in den Forsten: 23 Liter Niederschlag je Quadratmeter fielen nach Angaben des DWD im Landkreis Haßberge im Mai 2022. Das langjährige Mittel (1991 bis 2020) für diesen Monat liegt laut Wetterdienst bei 62,3 Litern. Für Juni dürfte die Diskrepanz noch deutlicher ausfallen.
Und trotzdem: "Die Gefahr aktuell ist nicht größer als in den vergangenen Jahren", erklärt Ralf Dressel gegenüber dieser Redaktion. Der Kreisbrandrat unterstützt und berät die Feuerwehren im Haßbergkreis, ist zuständig für deren Ausbildung. Handlungsbedarf sieht Dressel offenbar dennoch: Für September plant er eine groß angelegte Waldbrandübung nahe Hofheim, die jedoch schon vor der Pandemie hätte stattfinden sollen.
Rund 250 Einsatzkräfte aus dem Landkreis proben dann den Ernstfall: den Vollbrand im Wald. Auslöser, das weiß auch Dressel, ist meist der Mensch, etwa durch arglos weggeworfene Zigaretten, heiße Katalysatoren von im Forst abgestellten Autos oder Motorrädern, oder Lagerfeuer in Waldrandnähe.
Sonnwendfeuer in Steinsfeld aus "Sicherheitsgründen" verschoben
In Steinsfeld hat man deshalb auf die vom DWD beschriebene Gefahrenlage reagiert. So kündigte die Feuerwehr des Wonfurter Ortsteils an, das für diesen Samstag geplante Sonnwendfeuer "aus Sicherheitsgründen" um eine Woche zu verschieben. Kreisbrandrat Dressel möchte aus diesem Schritt keine Empfehlung für alle Johannifeuer in der Region ableiten. "Es ist Sache der Kommunen, das zu entscheiden, und zwar unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und getroffenen Sicherheitsvorkehrungen", gibt sich Dressel zurückhaltend. Die Kommandanten der Feuerwehren von Ebern und Haßfurt teilen diese Einschätzung.
Einig sind sich die Führungskräfte der Feuerwehren auch darin, dass sich die Waldbrandgefahr mit dem Klimawandel grundsätzlich erhöht hat, vor allem wegen länger anhaltender Trocken- und Hitzeperioden. Das sieht auch Birgitt Ulrich so. Die Geschäftsführerin der Forstbetriebsgemeinschaft Haßberge, der rund 1000 Waldbesitzer aus dem Landkreis angehören, überblickt eine Gesamtfläche von rund 20.000 Hektar.
Schon 2017 hatte sich der Verein um eine sogenannte Sammelwaldbrandversicherung für seine Mitglieder bemüht. Wie nötig diese werden kann, zeigte sich im darauffolgenden Dürrejahr bei Fischbach, Ebern, als ein Forst in Flammen stand. Ein Hubschrauber mit Löschwasserbehälter half damals, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Am Ende vernichtete das Feuer mehr als zwei Hektar Wald.
Trockenheit in der Region nimmt laut Modellrechnungen weiter zu
Von einer akuten Gefahr für ihre Forstgemeinschaft, wie es die Zahlen des DWD nahelegen, geht jedoch auch Birgitt Ulrich – ähnlich den Ebracher Staatsforsten – derzeit nicht aus, dafür sei der Mischwald in den Haßbergen bereits "zu vorbildlich", sprich: die Baumvielfalt hoch, Monokulturen gebe es keine mehr. All das trage auch dazu bei, das Risiko für Waldbrände zu reduzieren.
Doch tatsächlich dürfte diese Gefahr die Forstbesitzer sowie Feuerwehren in Unterfranken und damit auch im Haßbergkreis in den kommenden Jahren weiter beschäftigen. So ist laut DWD auf lange Sicht "zu erwarten, dass die Problematik der Trockenheit bestehen bleibt und eher noch zunehmen wird".