
Für Bernhard Ruß (SPD) ist es eine besondere Sitzung, wenn am Dienstag um 19 Uhr der Sander Gemeinderat tagt. Denn nach sechs Amtszeiten, also insgesamt 30 Jahren als Bürgermeister, wird es für ihn die letzte Ratssitzung sein, die er als Gemeindeoberhaupt leitet. Ab Juli übernimmt sein designierter Nachfolger Jörg Kümmel (FSB). Überschattet wird der Termin jedoch von einem unangenehmen Thema. Und das hat ausgerechnet etwas mit der Wahl von Ruß' Nachfolger zu tun.
Denn zuletzt war teils heftige Kritik an den CSU-Politikern Gerhard Zösch und Julian Müller laut geworden. Der Vorwurf: Gemeinderat Zösch, der gleichzeitig Vorsitzender des Sander Seniorenkreises ist, habe Müller und andere bekannte CSU-Gesichter immer wieder bei Seniorenveranstaltungen auftreten lassen. So habe er sein unpolitisches Amt im Seniorenkreis für Wahlwerbung missbraucht, vor allem um Julian Müller als Bürgermeisterkandidaten zu fördern. Bei der Wahl im Mai landete Müller letztlich auf Platz 3, hinter Wahlsieger Kümmel und dem SPD-Kandidaten Matthias Zink.
Gemeindenachrichten: Zwei Leserbriefe sorgen für Aufsehen
Zwei Bürger hatten schon im März in Leserbriefen in den Sander Gemeindenachrichten Kritik an Zösch und Müller geübt. Auch in der Bevölkerung sprachen sich die Vorwürfe weiter herum. Bald kam zudem die Behauptung dazu, Zösch habe infolge der Kritik einen der beiden Leserbriefschreiber bei einer weiteren Seniorenveranstaltung hinauswerfen lassen. Auch an diese Redaktion wurden die entsprechenden Vorwürfe von verschiedenen Seiten herangetragen.
Nun steht die Thematik auch auf der Tagesordnung der kommenden Gemeinderatssitzung. Julian Müller und Gerhard Zösch sagten auf Anfrage dieser Redaktion, sie wollten sich vorerst noch nicht ausführlich zu der Sache äußern, da sie der Sitzung nicht vorgreifen wollen. Die wenigen kurzen Antworten, die sie schon im Vorfeld geben, zeigen aber, dass die beiden nun offenbar in die Offensive gehen.
"Stille Post": Gerhard Zösch widerspricht den Vorwürfen
Zösch betont, der überwiegende Teil der Anschuldigungen sei "schlichtweg falsch". Einem der beiden Leserbriefschreiber wirft er zudem vor, nur nach dem Prinzip "Stille Post" Dinge zu verbreiten, "die so nicht stimmen". Der Autor habe noch nie einen Seniorennachmittag besucht und gebe in seinem Leserbrief nur Dinge wieder, die ihm andere erzählt hätten. Außerdem erklärt Zösch, ein Blick auf die Seniorenveranstaltungen der letzten Jahre und deren Besucher würde klar zeigen, "dass es keinesfalls eine Bevorzugung von einzelnen politischen Gruppierungen gab".
In der Tagesordnung der kommenden Gemeinderatssitzung wird der Punkt als "Nachbetrachtung zur Bürgermeisterwahl" bezeichnet. In der Sitzung wird sich zeigen, ob es bei einer bloßen Betrachtung bleibt, oder ob das Thema noch für weiteren Ärger sorgt.