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EBELSBACH
Sternenkinder: Das erste Bild ist auch das letzte
Das Bild zeigt den Schmerz und die Trauer des jungen Paares über ihr Sternenkind Leon.
Foto: Michaela Mogath | Das Bild zeigt den Schmerz und die Trauer des jungen Paares über ihr Sternenkind Leon.
Günther Geiling
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:39 Uhr

Wenn ein Kind schon vor oder kurz nach der Geburt stirbt, bleiben Eltern häufig wenig Erinnerungen. Für Eltern ist es ein Moment, wie er schlimmer nicht sein kann. Fotos würden in dieser Situation das gestorbene Kind zu einem Teil der Familie machen. Dafür sorgt seit einigen Jahren die Ebernerin Michaela Mogath, wenn sie als ehrenamtliche „Sternenkinder-Fotografin“ unterwegs ist und den Eltern damit eine greifbare Erinnerung schenkt. Wie es ihr bei dieser sensiblen Aufgabe mit würdevollen Aufnahmen von Kindern ergeht, erklärt Michaela Mogath im Interview. Die Eberner Fotografin ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 15, elf und sechs Jahren. Von Beruf ist sie gelernte Krankenschwester, hat sich dann aber der Fotografie mit Aufnahmen mit Kindern, Hochzeiten oder Familien verschrieben.

Frage: Was hat Sie motiviert oder welche Beweggründe gab es, sich als Sternenkinder-Fotografin zu betätigen?

Michaela Mogath: Ich war noch in der Ausbildung als Krankenschwester, als ich das erste Mal mit einem Sternenkind in Kontakt kam. Das Mädchen kam in der 40. Woche als reifes Kind zur Welt, wurde aber tot geboren. Das Baby sah aus, als würde es schlafen, hatte blonde Haare und war bildschön. Ich habe gedacht: Wach auf und schrei doch! Über Facebook bekam ich damals viele Informationen über solche Kinder und nach einiger Zeit habe ich mich dann als „Fotografin bei Sternenkind“ beworben.

Sternenbild-Fotografin Michaela Mogath bei der Bearbeitung ihrer Bilder am Computer.
Foto: Günther Geiling | Sternenbild-Fotografin Michaela Mogath bei der Bearbeitung ihrer Bilder am Computer.

Gab es auch Bedenken, Ängste oder Zweifel Sternenkinder zu fotografieren?

Mogath: Natürlich gab es anfangs auch Bedenken und es dauerte noch eineinhalb Jahre bis zum ersten Einsatz. Immer wieder kam in mir die Frage hoch, ob ich dies auch schaffe.

Wie war es dann das erste Mal und wie sind Sie zu Ihrem ersten Einsatz gekommen?

Mogath: Ja, an diesen Tag X erinnere ich mich noch ganz genau. Mein Einsatzort war eineinhalb Stunden von Ebern weg. Die Eltern haben angerufen. Ich war mega aufgeregt, versuchte professionell und ruhig zu bleiben, aber mein Puls war bestimmt auf 180. Auf der Hinfahrt machte ich mir dann gar nicht so viel Gedanken, denn das tote Baby lag schon beim Bestatter. Dort war ich aber trotzdem froh, dass meine Kamera wie ein Schutzschild zwischen mir und den Eltern wirkte. Sie waren in tiefer Trauer und das kam mir wie eine geballte Ladung entgegen, so dass auch bei mir die Tränen flossen.

Wie erlebt man diesen Moment, wenn man vor Ort ankommt und mit den trauernden Eltern zusammentrifft?

Mogath: Bisher hatte ich schon viele Einsätze und keiner ist mit dem anderen vergleichbar. Da erlebst du Eltern, die wahnsinnig stolz auf ihr Kind sind, bis hin zu solchen, die in einer völligen Schockstarre verharren und kein Wort sprechen. Mir hat für solche Situationen ein Workshop geholfen, in dem es hieß: Es ist nicht dein Schicksal, was du da siehst! Ich kann es tatsächlich nicht ändern, aber ich kann durch meine Bilder helfen, dass man sein Kind auch Freunden zeigen kann, zumal es oft wundervolle Bilder sind.

Wie muss man sich diese hochemotionelle Situation vorstellen, die ja äußerst intim ist?

Mogath: Das ist nicht einfach. Mein Einsatz kann – zwar selten – nur fünf Minuten, aber auch schon einmal drei Stunden dauern. Oft sind die Kinder noch im Kreißsaal, manchmal auch schon auf dem Zimmer oder gar schon beim Pathologen und Bestatter. Zweimal war ich auch schon bei Hausgeburten dabei, wo die Eltern von solch einem Schicksal nichts ahnten und ich sie in einem Schockzustand antraf. Wenn Eltern sich darauf vorbereiten können, ist es natürlich ganz anders.

Worauf kommt es bei Ihren Fotos an und welche Erinnerungen halten Sie fest?

Mogath: Oft fotografiere ich Händchen und Füßchen, das Ohr, das Köpfchen oder auch ein Muttermal, wenn es ein solches gibt. Manchmal schlage ich den Eltern auch vor, Haare oder eine Locke abzuschneiden. Ich versuche immer wieder auch Bilder zusammen mit den Eltern zu machen, vielleicht beim Handhalten. Auch ein Vollbild ist möglich, aber man muss auch manchmal bestimmte Bereiche des Körpers abdecken. Ich habe dazu Einschlagdeckchen oder auch Erinnerungsstückchen für ein Bild dabei. Da haben wir als Fotografen mehr Möglichkeiten als Hebammen und finden auch mehr Zeit, das mit den Eltern zu besprechen.

Wenige Erinnerungen bleiben an das Sternenkind Arthur.
Foto: Michaela Mogarth | Wenige Erinnerungen bleiben an das Sternenkind Arthur.

Fällt es Ihnen leichter, wenn Sie allein mit dem Kind Ihre Fotos machen können oder sind die Eltern doch auch gerne dabei?

Mogath: Bei ganz kleinen Babys ist es mir oft lieber, wenn ich selbst das Kind zum Fotografieren betten kann. Es kommt auch vor, dass Eltern ihr Kind gar nicht sehen wollen und dann plötzlich sagen: Kann ich doch das Gesicht einmal sehen? Oft erfolgt dieser Wunsch erst nach dem Ansehen des Fotos und das Bild verschafft damit sogar den Zugang zum Kind, dass die Mutter dann das Kind will und am liebsten gar nicht mehr hergeben würde.

Gab es schon einmal eine besondere Situation für Sie, die Ihnen zu Herzen ging?

Mogath: Oft wird bei solch einem Schicksalsschlag nur von den Müttern gesprochen. Aber auch Väter leiden oft sehr, wenn auch anders. Einmal hat ein Vater den Tod seines Kindes nicht verkraftet und ist vor seinem Sternenkind zusammengebrochen.

Wie verarbeiten Sie für sich selbst das Erlebte? Begleitet Sie diese Tätigkeit auch noch weiterhin und über diesen Termin hinaus?

Mogath: Die Bilder bearbeite ich noch zeitnah am selben Tag und das brauche ich auch, um das alles abzuschließen. Die Eltern bekommen dann von mir von den Bildern ein Leporello. Selbstverständlich gibt es auch Eltern oder Situationen, an die ich noch öfter und sehr lange denke. Vergessen kann man es sowieso nicht. Ich schreibe aber auch Einsatzberichte über jeden Auftrag und diese helfen auch zur Verarbeitung solcher Erlebnisse.

Wie viele Sternenkinder haben Sie bisher schon fotografiert und in welchem Umkreis sind Sie unterwegs?

Mogath: Bisher waren es schon 87, aber allein in diesem Jahr habe ich schon 37 Sternenkinder fotografiert. Dabei fahre ich zu Einsätzen bis zu einem Radius von rund einer Stunde oder auch einmal bis Würzburg oder Nürnberg. Als „Sternenkind-Fotografen“ machen wir das kostenlos. Es entstehen den Eltern keinerlei Ausgaben, denn alle Fotografen tragen die Kosten selbst. Es ist also ein humanitäres Geschenk der Fotografen an die Sternenkindeltern.

 
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Kommentare
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  • Albatros
    Kann nicht verhehlen dass ich beim Lesen des Artikels einen Kloß im Hals habe. Da gehört verdammt viel Mut und Courage dazu, meinen allergrößten Respekt.
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  • ManfredSchweidler
    Tolle Geschichte - und Hut ab für die Fotografin
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