Es ist ein schöner Ort, ein einladender sogar. Es ist ein Ort voller Symbole, auch wenn das nicht gleich zu erkennen ist. Und es ist ein Ort der Trauer, des Schmerzes und aber auch der Hoffnung. Das Grabfeld für das stillgeborene Leben am Hauptfriedhof ist ein Ort, der einen schwer loslässt. Vielleicht, weil er einen noch stärker als die Gräber derer, die ein Leben hatten, daran erinnert, wie kostbar Leben ist. Wie gleichgültig man ihm oft gegenüber ist und wie undankbar.
Die Kinder, die hier liegen, haben nie die Welt gesehen. Niemand hat ihnen je in die Augen geschaut. Sie haben nie eine Berührung gespürt. Sie wurden stillgeboren. Ihr Leben begann nicht mit einem Schrei. Wahrscheinlich kann sich niemand vorstellen, wie das ist, der es nicht erlebt hat. Eine Frau erinnert sich bei der Einweihungsfeier daran, wie sie während ihrer Schwangerschaft auf einmal ihr Kind nicht mehr gespürt hat: „Ich hatte noch nie solche Angst.“
Wie ein Paar damit fertig geworden ist, dass sein Kind tot auf die Welt gekommen ist
Der Schmerz ist immer noch da
Das Kind kam tot zur Welt, vor vielen Jahren. Aber der Schmerz ist immer noch da. Um mit Schmerz, Verlust, umzugehen, braucht es auch einen Ort, an dem man trauern kann, sagt Pfarrer Franz Feineis. Er war zutiefst schockiert, als er hörte, dass die stillgeborenen Kinder in den Krankenhäusern als organischer Abfall entsorgt wurden. 2001 gab es das erste Grab für die Sternenkinder, wie stillgeborene und früh gestorbene Kinder auch genannt werden. Seit 2010 sind Krankenhäuser verpflichtet, Leibesfrucht zu bestatten. Das gelte auch für abgetriebene Kinder, werde aber nicht eingelöst, kritisiert der Pfarrer.
Das alte Gelände, direkt gegenüber dem neuen, erwies sich als schwierig. Rasenmähen ging nicht, wegen der kleinen Grabplatten. Für die Eltern war es auch hart, wenn der Gedenkort zugewachsen war. Deswegen das neue Grabfeld.
Wichtig: Ein persönlicher Trauerort
Ein persönlicher, würdiger Trauerort ist für Eltern sehr wichtig“, sagt Pastoralreferentin Graziella Augelli-Pöppel. Sie erzählt von 1400 Geburten pro Jahr im Leopoldina. Bei 200 gibt es kein Glück, keine Freude, nehmen die Eltern keinen Säugling mit nach Hause. „Der Traum von Familie zerplatzt wie eine Seifenblase“.
„Alle acht Wochen stehen wir hier am Gräberfeld“, sagt sie: Zwischen sechs und 22 Wochen alt sind die Kinder, die hier bei einer ökumenischen Feier auf dem Friedhof begraben werden. Sie spricht von Särglein, erzählt von herzzerreißenden Momenten.
Die Familien werden zur Feier eingeladen. Ob jemand gläubig ist, welcher Religion er angehört, spielt keine Rolle.
Vereint im gemeinsamen Schicksal
„Sie vereint das gemeinsame Schicksal.“ Viele verstehen Gott und die Welt nicht mehr, nach so einem Schlag, sagt Pfarrerin Susanne Rosa.
Warum trifft das gerade uns? Warum hat sich von einem auf den anderen Moment alles geändert? Hier, zwischen der Vogeltränke, Symbol für Wasser und Leben, der Brücke, die für die Verbindung steht, dem Stein mit den schützenden Händen und dem Motto „Geborgen im Erinnern“ sollen die Eltern und Familien Trost und Kraft finden.
Der Weg zur Brücke (gebaut von den Auszubildenden des Wasserstraßen-und Schifffahrtsamtes) führt über die Gräber. Schwester Monika Edinger, Generaloberin der Erlöserschwestern, Träger des St.Josefs-Krankenhauses“, spricht von Blicken, die Brücken sein können, von Menschen, die Brücken bauen. Die nicht fliehen, den Schmerz anderer aushalten.
Zitat aus den Kindertotenliedern
Bürgermeisterin Sorya Lippert zitiert aus Friedrich Rückerts Kindertotenliedern. „Ihr habet nicht umsonst gelebt. Du lebst in meiner Klage und stirbst im Herzen nicht.“
Geborgen im Erinnern steht auch auf den Kerzen, die die Teilnehmer der nahegehenden Feier anzündeten und mit nach Hause nehmen. Als Erinnerung daran, das Leben ein Geschenk ist. Egal, wie lange es dauert.
In einer früheren Fassung war zu lesen, die Brücke bauten die Azubis des Wasserwirtschaftsamtes. Das ist falsch. Es waren die Azubis des Wasserstraßen-und Schifffahrtsamtes.