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Bamberg
Spektakulärer Drogenprozess endet: Rund 100.000 Euro Umsatz mit bewaffnetem Rauschgiftgeschäft gemacht
Zwei Beschuldigte, die in den Landkreisen Haßberge und Schweinfurt kiloweise Betäubungsmittel verkauft haben, erhalten lange Haftstrafen. Die Komplizin kommt glimpflich davon.
Die Haupttäter legten vor Gericht ein umfassendes Geständnis ab.
Foto: Julien Becker | Die Haupttäter legten vor Gericht ein umfassendes Geständnis ab.
Udo Güldner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:16 Uhr

Am Landgericht Bamberg ist ein spektakulärer Drogenprozess zu Ende gegangen: Zwei Cousins sollen in den Landkreisen Haßberge und Schweinfurt ein florierendes Geschäft mit Rauschgift betrieben haben. Dabei stand der Handel mit 14 Kilogramm Marihuana, acht Kilogramm Amphetaminen, 670 Gramm Haschisch und 350 Gramm Kokain, sowie rund 770 Ecstasy-Tabletten im Raum. Zudem, so die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, sollen Schreckschusspistolen und Softair-Waffen sowie zwei Springmesser, eine Machete, ein Schlagring und zwei Teleskopschlagstöcke im Spiel gewesen sein.

Nun fällte das Landgericht Bamberg das Urteil. Während das Duo wohl eine mehrjährige Haftstrafe absitzen muss, kommt deren Komplizin vergleichsweise milde davon.

16 Monate auf Bewährung – und Verlust des Ausbildungsplatzes

Mit ihrem Wagen sollen die Cousins immer wieder Rauschgift aus dem hessischen Städtchen Bad Orb geholt haben. In einer gemieteten Halle im Landkreis Bad Kissingen lagerte die Ware dann, bis die Zwischenhändler in den Haßbergen Nachschub orderten. Einige Male soll die Komplizin, eine junge Frau, dabei geholfen haben, die Betäubungsmittel zu portionieren und versandfertig zu machen. Alles auf Anweisung ihres damaligen Lebensgefährten, dem sie immer wieder sagte, er solle aufhören "mit dem Scheiß". Dies wertete die Jugendkammer als Beihilfe, allerdings ohne das deutlich verschärfende Merkmal der Bewaffnung, und nahm zudem an, dass sie "Aufklärungshilfe" geleistet hatte.

Tatsächlich hatte sie das Versteck eines gesuchten Drogenkunden preisgegeben und sich so einen ordentlichen Strafrabatt erarbeitet. Als einzige muss sie deshalb nicht ins Gefängnis. Die Freiheitsstrafe von 16 Monaten setzte die Jugendkammer zur Bewährung aus. Da die junge Frau auf Grund des Prozesses demnächst ihren Ausbildungssplatz verlieren wird, muss sie keine Geldauflage berappen. Dafür aber 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach Weisung ihres Bewährungshelfers ableisten.

Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren für älteren Komplizen

Der größte Stein aber dürfte ihr vom Herzen gefallen sein, als der Vorsitzende Richter Markus Reznik verkündete, dass sie keinen Wertersatz zahlen müsse. Darauf hatte ihr Strafverteidiger Werner Weber aus Gochsheim hingewiesen. Damit ist die Summe gemeint, die durch den illegalen Drogenhandel erzielt wurden. "Sie hatte kein Geld in der Hand," so Richter Reznik. Insgesamt ging das Gericht von rund 100.000 Euro Umsatz aus, den die Kriminellen natürlich nicht behalten dürfen. Eine ordentliche Menge des Bargeldes wurde in der Wohnung und im Pkw der beiden Cousins sowie an anderer Stelle gefunden. Bleiben noch rund 65.000 Euro, die sich die Staatskasse wiederholen wird, sobald die zwei Angeklagten zurück in ihrem Beruf sind.

Erst einmal verhängte man am Landgericht Bamberg jedoch eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren für den 24-jährigen Angeklagten, sowie eine zwei Monate niedrigere Jugendstrafe für den vier Jahre jüngeren Komplizen. Grundlage war das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. 

Haupttäter legten vor Gericht ein umfassendes Geständnis ab

Dem Urteil war ein Deal aller Verfahrensbeteiligten vorausgegangen. Dadurch ergaben sich Vorteile für alle Seiten: Das Gericht konnte durch die umfassenden Geständnisse auf eine langwierige Beweisaufnahme verzichten. Die hätte sich angesichts der Vielzahl an Tatvorwürfen über Monate hinweg ziehen können. Außerdem wurden die Verfahrenskosten, die die Beschuldigten als verurteilte Straftäter zahlen müssten, in Grenzen gehalten. Die Angeklagten erhielten eine Strafe, die bei einem anderen Prozessverlauf auch deutlich höher ausfallen hätte können. Das ersparte ihnen weitere Monate in der Untersuchungshaft und einen schnelleren Umzug in ein Bezirkskrankenhaus.

Die beiden Haupttäter wurden wegen ihrer Abhängigkeit von Drogen und Schmerzmitteln nämlich in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Dort haben sie nach Auskunft des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Thomas Wenske aus Erlangen mindestens zwei Jahre Therapie vor sich. Ohne diese aufwendige Behandlung, die den Steuerzahler jeweils mehrere hunderttausend Euro kosten wird, sei sonst die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten gegeben. Schließlich habe der jüngere ein veritables Suchtproblem mit künstlichen Opiaten wie Tilidin. Bereits zum Frühstück soll er etwas eingeworfen und ein halbes Dutzend Tabletten täglich genommen haben – in Extremfällen auch schon einmal zehn Stück auf einmal.

Allerdings erlitt er dadurch offenbar bereits einen epileptischen Anfall. Das könne schlimme Folgen für das Gehirn haben, warnte Gutachter Wenske. Der ältere der beiden ist seit zwei Jahren Konsument von Kokain und Amphetamin. Darunter litt die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin, die er schlug, und zu seinen Eltern, die er beleidigte. "Ich bin froh, dass ich in U-Haft gelandet bin," so einer der beiden. Nun haben sie die Chance, sich ihr einst drogenfreies Leben wiederzuholen.

 
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