
Sie sollen im vergangenen Jahr einen florierenden Drogenhandel in und um Schweinfurt, sowie in den Haßbergen aufgebaut haben: Vor dem Landgericht Bamberg müssen sich nun zwei Cousins und die Freundin des einen dafür verantworten, alle drei sind noch weit unter 30 Jahren alt. Da große Mengen harter Drogen und zahlreiche Waffen und gefährliche Gegenstände im Spiel waren, drohen lange Gefängnisstrafen. Zum Auftakt sagten die Beschuldigten noch nichts.
Als die Polizisten die Wohnung in Dittelbrunn (Lkr. Schweinfurt) betreten, sieht diese gar nicht aus wie die einer Drogendealerin. Alles ist aufgeräumt. Nur eine Geldkassette unter dem Wohnzimmertisch stört die Ordnung. Die Blechkiste enthält fast 28.000 Euro Bargeld. Die Mieterin weiß das, schließlich hat sie eine Geldzählmaschine zur Hand. Bei der Hausdurchsuchung tauchen noch weitere Dinge auf, die auf Rauschgifthandel hindeuten.
Ecstasy- und rezeptpflichtige Schmerztabletten in einer Kommode
In einem Küchenschrank steht eine Feinwaage, damit man den Kunden genau die gewünschten Mengen abwiegen kann. In einer Kommode im Flur lagern noch je 50 Tabletten Exstasy und Tilidin. Das starke Schmerzmittel bekommt man nur auf Rezept, etwa wenn man Krebspatient ist oder an Rheuma leidet. In der Wohnung lebt neben der jungen Frau noch ihr Lebensgefährte. Er ist der zweite Angeklagte und muss sich, wie sein Cousin aus Schweinfurt, des Vorwurfs des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erwehren.
Denn in der gemeinsamen Wohnung des Pärchens tragen die Ermittler eine stolze Sammlung an Softair-Waffen zusammen. Alles Nachbauten, die auf den ersten Blick wie die echten Modelle eines Sturmgewehrs von Heckler & Koch, eines Maschinengewehrs der Marke Kalaschnikow, einer italienischen Beretta und eines US-Militärgewehres aus dem Zweiten Weltkrieg aussehen.
Softair-Waffen, die Plastikkügelchen verschießen
Dabei handelt es sich, wie der Schusswaffen-Experte der Kripo Würzburg erläuterte, um Automatic Electric Guns (AEG), die die Druckluft mittels eines elektrisch geladenen Akkus erzeugen. Dann kann man damit Plastikkügelchen verschießen, die trotz ihrer nur sechs Millimeter Durchmesser sehr schmerzhafte Treffer verursachen können. "Ich möchte das nicht abbekommen." Besonders gefährlich seien die Geschosse, wenn sie etwa ins Auge träfen. Nicht alle Softair-Waffen sind einsatzbereit. Bei einer ist das Magazin defekt, bei der anderen ist der Akku leer.
Auch beim Cousin in Schweinfurt liegen Waffen und gefährlichen Gegenstände bereit. Damit man sie, wie Staatsanwalt Alexander Baum annimmt, zur Hand hat, falls irgendein Lieferant oder Kunde ernsthaft Ärger macht. Immerhin ist einiges an Geld im Spiel. Zur Bewaffnung gehören nicht nur ein Springmesser, zwei Teleskop-Schlagstöcke und eine Machete, sondern auch ein Schreckschuss-Revolver und ein Druckluftgewehr.
Drogendepot in einem Dachboden in Oerlenbach
Im Drogendepot, einem Dachboden in Oerlenbach (Lkr. Bad Kissingen), sind ein Butterfly-Messer mit zehn Zentimeter langer Klinge, ein Schlagring, ein Springmesser, zwei Cutter-Messer und eine Schreckschuss-Pistole verteilt. Außerdem hat man 270 Gramm Haschisch, 135 Gramm Marihuana, fast 60 Gramm Kokain, eine geringe Menge Crystal Meths und etwa 770 Ecstasy-Tabletten gebunkert. Offensichtlich wurden hier auch die Kundenaufträge abgewickelt, also abgewogen, portioniert und verpackt. Drei elektronische Feinwaagen, jede Menge Verpackungsmaterial, ein Vakuumiergerät und Einmalhandschuhe helfen dabei. Es soll die Hauptaufgabe der jungen Frau gewesen sein.
Großhändler in Bad Orb, Straßenhändler in Ebelsbach und Hofheim
Den Stoff holen sich die beiden Hauptangeklagten immer wieder im hessischen Bad Orb bei einem bislang unbekannten Großhändler. Sie nutzen dafür den Pkw der jungen Frau oder einen geliehenen Kleintransporter. Zumindest legt das die Anklageschrift nahe. Im Laufe des Jahres 2022 sind sie anfangs sporadisch, später dann beinahe wöchentlich unterwegs. Das Geschäft mit den Straßenhändlern in Ebelsbach, Hofheim in Unterfranken und anderswo in den Haßbergen floriert. All das weiß die Drogenfahndung, weil sie die Angeklagten überwacht.
Und weil einer ihrer Stammkunden sie ans Messer geliefert hat, um im eigenen Prozess mit einer niedrigeren Haftstrafe davonzukommen. "Aufklärungshilfe" nach Paragraph 31 des Betäubungsmittel-Gesetzes nennt sich das.
Urteilsspruch der Jugendkammer wird am 20. Juli erwartet
Der Prozess wird am 5. Juli fortgesetzt. Dann wollen sich die drei Angeklagten zu den Vorwürfen äußern. Angesichts eines Deals zwischen Gericht, Staatsanwalt und den Verteidigern ist mit umfassenden Geständnissen zu rechnen. Im Gegenzug hat das Gericht Strafrahmen um die sechs Jahre Freiheitsstrafe und fünf Jahre Jugendstrafe für die Cousins, sowie zwei Jahre Freiheitsstrafe mit Bewährung für die junge Frau in Aussicht gestellt. Ein Urteil der Jugendkammer wird am 20. Juli erwartet.