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Haßfurt
Selbstgemacht: Wie man sein eigenes Bier brauen kann
Die Brauerei in den eigenen vier Wänden: Wie der Haßfurter Tim Zenglein selber dazu kam und welche Tipps er für Nachahmer hat.
Tim Zenglein aus Haßfurt ist Hobbybrauer, hat seine Passion aber inzwischen auch zum Beruf gemacht. Hier schenkt er sich sein eigenes  Craft-Bier ein: ein India Pale Ale.
Foto: René Ruprecht | Tim Zenglein aus Haßfurt ist Hobbybrauer, hat seine Passion aber inzwischen auch zum Beruf gemacht. Hier schenkt er sich sein eigenes  Craft-Bier ein: ein India Pale Ale.
Markus Erhard
Markus Erhard
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:27 Uhr

Mit einem Zischen öffnet Tim Zenglein die braune Flasche mit dem auffällig bunten Etikett. Dann setzt er sie an ein Glas an. Das India Pale Ale ergießt sich goldgelb und mit schneeweißem Schaum hinein. Ein prüfender Blick, dann der erste Schluck und der 31-Jährige lächelt zufrieden. Genau so soll es schmecken.

Im Leben des Haßfurters dreht sich fast alles ums Bier, seine Passion hat er sogar zum Beruf gemacht. Zenglein arbeitet bei der Malzfabrik Weyermann in Bamberg als Sommelier und Bierbrauer. Doch auch nach Feierabend lässt den 31-jährigen Haßfurter das Bier nicht los. Er experimentiert in seiner Wohnung mit Hopfen, Malz und Hefe. 

Ein echter Bierexperte

"Bier hat mich schon in meiner Jugend interessiert", sagt Zenglein. Ihm sei es dabei allerdings nicht um den Rausch gegangen, sondern um den Geschmack und um den Genuss. Warum ein norddeutsches Pils ganz anders aussieht, riecht und schmeckt als ein Fränkisches Kellerbier oder ein Münchner Helles, das hängt von vielen Faktoren ab. "Gerade viele Männer halten sich ja für echte Bierexperten. Aber da gehört deutlich mehr dazu, als nur zu wissen, dass Hopfen und Malz enthalten sind", weiß Zenglein. Sein eigenes Wissen, angelesen in Sachbüchern und Magazinen oder auch im Internet, reicht heute freilich viel tiefer.

Handarbeit: Der Hobbybrauer Tim Zenglein schleppt einen Malzsack.
Foto: René Ruprecht | Handarbeit: Der Hobbybrauer Tim Zenglein schleppt einen Malzsack.

Doch bei der Theorie wollte der Haßfurter nicht bleiben. So startete er im Jahr 2015 erste Brauversuche im Haus seiner Oma in Wülflingen. Die Ergebnisse konnten sich sehen lassen und sie schmeckten der Familie und den Freunden. Was Zenglein ermutigte, sich noch intensiver mit dem Gerstensaft zu beschäftigen. Zwei Jahre später bekam er bei einem Biersommelier-Kurs Kontakt zu seinem heutigen Arbeitgeber. Und schließlich gab er vor anderthalb Jahren seinen Job als Bankkaufmann auf, um sich in der Mälzerei in Bamberg fortan auch beruflich ganz dem Bier zu widmen.

Bierbrauen ist ein zeitintensives Hobby

Inzwischen braut er im Nebenerwerb etwa zehnmal pro Jahr sein eigenes Bier. Zum Experimentieren reicht der 20-Liter-Braukessel in seiner eigenen Wohnung, kleinere Mengen produziert der Privatbrauer nach wie vor bei seiner Oma. Von seinem aktuellen India Pale Ale hat Tim Zenglein 400 Liter gebraut. Für solche Größenordnungen darf er die Anlage bei seinem Arbeitgeber nutzen. Sein eigenes Bier hat Tim Zenglein schon bei diversen Festen verkauft. In Haßfurt gibt es Zengleins India Pale Ale beispielsweise in der Regionalabteilung im Rewe oder im Weinhaus Schaffner. Von der Rezeptentwicklung bis zum Etikettendesign macht der 31-Jährige alles selber. "Das Hobby nimmt schon viel Zeit in Anspruch, aber ich habe Spaß dabei."

Fünf Tipps für Hobbybrauer: 1. Welche Grundausstattung brauche ich?

Inzwischen gibt es im Fachhandel oder im Internet verschiedenste preiswerte Starterkits zu kaufen, die alles Nötige an Ausstattung und Zutaten beinhalten. Aber auch ein Einkochtopf mit einem Hahn - im besten Fall aus Edelstahl - und ein Sieb-Einsatz genügen für den Anfang neben einigen Utensilien, die in jeder Küche vorhanden sind. Außerdem sind eine Bierspindel oder ein Refraktometer empfehlenswert. Damit lässt sich der Alkoholgehalt des Bieres messen. Leere Flaschen bekommt man mit etwas Glück für den Pfandpreis bei einem Getränkemarkt. Wer insgesamt 150 bis 200 Euro investiert, sollte gut gerüstet sein für den ersten eigenen Brauversuch. Unverzichtbar ist laut Tim Zenglein außerdem, sich mit Hilfe von Fachliteratur oder auch Videos ordentlich in das Thema einzuarbeiten. 

2. Wie funktioniert das Bierbrauen?

Das Bierbrauen an sich ist simpel, sagt Zenglein. Der erste Schritt ist das Einmaischen. Dabei wird das geschrotete Malz erhitzt, wodurch sich die darin enthaltene Stärke löst und in Zucker umwandelt. Nach dem Absieben der Feststoffe (Läutern) und dem etwa eine Stunde langen Kochen kommt der Hopfen dazu. Wenn der Sud abgekühlt ist, kommt die Bierhefe hinein, wodurch die Hauptgärung einsetzt. Diese dauert - je nach Biersorte - mehrere Tage bis zu zwei Wochen.

In Tim Zengleins Wohnung steht die kleine Brauerei, die der Hobbybrauer zum Experimentieren nutzt. Ein Braukessel für 20 Liter Bier und in Säcken abgefülltes Malz - viel mehr braucht's nicht.
Foto: René Ruprecht | In Tim Zengleins Wohnung steht die kleine Brauerei, die der Hobbybrauer zum Experimentieren nutzt. Ein Braukessel für 20 Liter Bier und in Säcken abgefülltes Malz - viel mehr braucht's nicht.

Für einen ersten Versuch empfiehlt Zenglein die Flaschengärung. Dabei wird das Bier nach der Hauptgärung in Flaschen abgefüllt, in denen es dann für eine weitere Woche gärt. Danach sollte das Bier zum Ausreifen für zwei Wochen in den Kühlschrank. "Dabei kommt auf jeden Fall ein Bier heraus, mit Schaum, Kohlensäure und Alkohol", sagt Zenglein. Die Kunst aber sei es, das Gebräu so hinzubekommen, wie man es sich vorher vorgestellt hat.

3. Welche Sorte braue ich beim ersten Versuch?

Ein obergäriges Bier ist laut Tim Zenglein für den ersten Versuch in der heimischen "Brauerei" die richtige Wahl. Die Sorten Pale Ale, Altbier oder Weißbier fallen unter diese Kategorie. Der Vorteil ist, dass die dafür genutzten Hefen das Bier schon bei Zimmertemperatur gären lassen. "Das Bier verzeiht mehr Fehler als untergäriges", sagt Zenglein. Bei untergärigem Bier wie Pils, Lager oder Export dagegen sind bei der Gärung Hefen am Werk, die bei acht bis zwölf Grad Celsius arbeiten. Die Temperatur muss also während der bis zu zwei Wochen dauernden Gärphase ständig überwacht und reguliert werden.

4. Worauf muss ich besonders achten?

Zwei Voraussetzungen muss erfüllen, wer beim Bierbrauen zu Hause Erfolg haben will: "Ganz wichtig ist Sauberkeit", weiß Zenglein. Alle Hilfsmittel, vom Kochlöffel bis zur Flasche, müssen penibel gereinigt sein, damit das Bier gelingen kann. Eine weitere wichtige Tugend ist die Geduld. Denn Bier braut sich nicht in ein paar Stunden. Vom Einmaischen bis zum ersten Schluck vom fertig gebrauten Bier vergehen gut und gerne vier bis fünf Wochen.

5. Wo bekomme ich Hilfe?

Aus Fehlern lernen, das gilt auch beim Bierbrauen. Aber es müssen ja nicht unbedingt die eigenen Fehler sein. Soll heißen: Neben der bereits erwähnten Fachliteratur, Online-Foren und diversen Ratgebern im Internet gibt es auch in der näheren Umgebung wertvolle Tipps. Im Landkreis Haßberge beispielsweise tauschen sich in der WhatsApp-Gruppe "Hobbybrauer Haßberge" regelmäßig 26 Mitglieder über ihre Erfahrungen und Ideen aus. Und - wie Zenglein weiß - sind auch professionelle Bierbrauer meist hilfsbereit und äußern gerne ihre Meinung, wenn man ihnen ein unbekanntes Bier zum Testen unter die Nase hält.

 
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