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Haßfurt
Rauschgift und Kriminalität: Sind die Haßberge eine Drogenhochburg, Herr Etzel?
Im Interview sprechen die Leiter der Dienststelle Haßfurt über die Legalisierung von Cannabis, und erklären, warum die Straftaten trotz Lockdown nicht stärker gesunken sind.
Kurt Etzel (rechts), Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt, und sein Stellvertreter Jan Stoll.
Foto: Lukas Reinhardt | Kurt Etzel (rechts), Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt, und sein Stellvertreter Jan Stoll.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:44 Uhr

Die Pandemie hat auch die Arbeit der Polizei verändert. Kriminelle Banden passen sich den neuen Gegebenheiten immer schneller an, das spüren auch Kurz Etzel, Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt, und sein Stellvertreter Jan Stoll.

Der neue Lagebericht, der die Straftaten in der Region aufschlüsselt, bestätigt das. Ein Gespräch über die aktuellen Entwicklungen und Problemfelder im Dienstbereich der PI Haßfurt.

Frage: Herr Etzel, der Kriminalreport Ihrer Dienststelle für das Jahr 2021 liegt auf dem Tisch. Wie steht es Ihrer Meinung nach um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger von Haßfurt und Umgebung?

Kurt Etzel: Sehr gut. Es gibt keine außergewöhnlichen Kriminalfälle, die Unsicherheit in der Bevölkerung erzeugen könnten. Wir haben eine hohe Aufklärungsquote bei den Vergehen und Verbrechen. Und auch in der Gesamtschau, was die Entwicklung der Straftaten betrifft, kann die Bevölkerung beruhigt sein.

Jan Stoll: Das verdeutlichen auch die Zahlen. 2688 Straftaten je 100.000 Einwohner waren es im vergangenen Jahr in unserem Dienstbereich. Zum Vergleich: Unterfranken und auch Bayern lagen da deutlich drüber, mit 3124 beziehungsweise 3869 Fällen. Man kann also durchaus sagen, dass man bei uns sehr sicher wohnt.

"Es gibt bei uns in der Region genauso viele Möglichkeiten, an Rauschgift zu gelangen, wie anderswo auch."
Kurt Etzel, Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt
Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass der Rückgang bei den Straftaten, den ja das gesamte Bundesland Bayern für 2021 verzeichnen konnte, in Haßfurt deutlich geringer ausgefallen ist als etwa in der unterfränkischen Gesamtsicht.

Stoll: Das stimmt. Bei uns sind die erfassten Straftaten während der Pandemie um sieben Prozent zurückgegangen, in Unterfranken waren es etwa 14 Prozent.

Und auch die Aufklärungsquote ist um 4,4 Prozentpunkte gesunken. Im Jahr 2020 lag sie noch bei 77,9 Prozent, nun beträgt sie 73,5 Prozent. Woran liegt diese Entwicklung?

Stoll: Man muss wirklich sagen, dass wir hier in unserem Dienstbereich uns auf einem sehr hohen Niveau bewegen - unterfranken- und auch bayernweit. Den aktuellen Wert würde ich als sehr gutes Mittelmaß bezeichnen. Im Vergleich mit der unterfränkischen Quote von 72, 1 Prozent und der bayerischen Quote von 66,9 Prozent stehen wir gut da. Wirklich gespürt haben wir diesen Rückgang unserer Aufklärungsquote bei unserer Arbeit nicht. Ich sehe keine wirkliche negative Entwicklung.

Kurt Etzel, 58, ist Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt. Nach mehreren Einsätzen in anderen unterfränkischen Dienststellen kehrte er 2018 an die PI Haßfurt zurück.
Foto: Lukas Reinhardt | Kurt Etzel, 58, ist Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt. Nach mehreren Einsätzen in anderen unterfränkischen Dienststellen kehrte er 2018 an die PI Haßfurt zurück.
Bei Rauschgiftdelikten ist der Anteil der aufgeklärten Fälle besonders hoch. Woran liegt das?

Etzel: Das Rauschgiftdelikt ist ein sogenanntes Aufgriffsdelikt. Die meisten Straftaten dieser Art werden durch Kontrolle und Überprüfung bekannt. Wird jemand aufgegriffen, der Drogen mit sich führt, haben wir den Täter. Der Besitz von Rauschgift ist nun mal verboten.

Im Volksmund werden die Haßberge gerne auch mal als "Haschberge" bezeichnet. Eine Beobachtung, die sich mit Blick in die Strafgerichte der Region zumindest gefühlt bestätigt. Ist Haßfurt und seine Umgebung eine Drogenhochburg?

Etzel: Aus meiner Sicht gibt es bei uns in der Region genauso viele Möglichkeiten, an Rauschgift zu gelangen, wie anderswo auch. Ich war als Polizist schon in verschiedenen Landkreisen tätig. In jedem herrscht in der Bevölkerung die Meinung vor, dass die Rauschgiftproblematik im eigenen Landkreis größer ist als bei den Nachbarn. Ich will nicht auf Rhön-Grabfeld deuten, nicht auf Bad Kissingen, nicht auf das Schweinfurter oder Bamberger Land – das sind unsere Nachbarlandkreise. Wir alle befinden uns nicht auf einer Insel der Glückseeligen. Drogen sind überall verfügbar, besonders durch das Internet. Jeder ist vernetzt, ist mobil und kann an Rauschgift gelangen. Ob das in der Freizeit ist oder in der Schule. Aber wir sind keine Hochburg. Das zeigen mir auch die Gespräche mit Kollegen der Kripo, die die größeren Fälle bearbeiten.

Trotzdem steigen die Zahlen der erfassten Rauschgiftdelikte seit Jahren.

Stoll: Die Polizeiinspektion Haßfurt hat in den letzten sieben, acht Jahren einen großen personellen Umschwung erlebt. Die jüngeren Kollegen, die nachgekommen sind, sind sehr gut ausgebildet auf diesem Gebiet. Viele Aufgriffe resultieren aus den aufmerksamen Kontrollen im Straßenverkehr. Anschließende Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen von Handys können dann einen Stein ins Rollen bringen. Der Wandel in der Belegschaft wird so auch in den höheren Aufgriffszahlen sichtbar.

Jan Stoll, 40, Polizeihauptkommissar, ist stellvertretender Leiter PI Haßfurt und seit 2013 an der Dienststelle tätig.
Foto: Lukas Reinhardt | Jan Stoll, 40, Polizeihauptkommissar, ist stellvertretender Leiter PI Haßfurt und seit 2013 an der Dienststelle tätig.
Der illegale Besitz von Kleinstmengen bedeutet oft einen hohen bürokratischen Aufwand. Würde eine Legalisierung von Cannabis die Polizei entlasten?

Etzel: Vordergründig sicherlich. Es würde uns entlasten, wenn wir bestimmte Fälle, die Straftaten waren, nicht mehr verfolgen müssten. Wir müssten keine Anzeigen mehr schreiben, keine Durchsuchungen durchführen, keine Formblätter ausfüllen. Das ist die eine Seite. Zusätzlich belasten würden uns zwei Dinge. Einmal die Folgekriminalität, also die Straftaten, die unter Drogeneinfluss begangen werden. Zum zweiten würden wir uns bei einer Legalisierung eine bewusstseinsverändernde Droge mit unkalkulierbarem Ausmaß der Folgen aufbürden. Wir sehen doch täglich den gedankenlosen Umgang von Menschen mit der legalen Droge Alkohol. Beim Umgang mit anderen Rauschmitteln würden sich die Menschen nicht vernünftiger verhalten.

Sie sind also gegen eine schrankenlose Legalisierung?

Etzel: Ja. In diesem Fall liege ich auf einer Linie mit der bayerischen Staatsregierung. Ich habe früher in der Drogenprävention gearbeitet. Meine Erfahrungen aus dieser Zeit haben mir gezeigt, dass Konsumenten von Cannabis schleichend in ein Milieu geraten können, das sich negativ auf das eigene Verhalten, das Unrechtsbewusstsein und die Entwicklung auswirkt. Die Folgen können gesundheitliche und gesellschaftliche Probleme sein.

Ein gutes Stichwort: Die Corona-Pandemie, die daraus resultierenden Lockdowns und Schutzmaßnahmen haben in den vergangenen Jahren starke gesellschaftliche Spannungen ausgelöst. Wie hat sich das auf die Arbeit der Polizei in Haßfurt ausgewirkt?

Etzel: Die Pandemie hatte bei uns zur Folge, dass wir die neuen gesetzlichen Regelungen – ob Ausgangssperre oder Maskentragepflicht – durchsetzen mussten. Wobei wir uns da schon sehr bemüht haben, nicht jeden Verstoß direkt anzuzeigen. Sondern erst einmal mit den Menschen zu sprechen, sie zu überzeugen. Zum Beispiel wenn die Maske nicht richtig saß. Für absolute Verweigerer gab es natürlich eine Anzeige.

"Ich bin mir sicher, dass durch die angekündigten Festivitäten die Straftaten steigen."
Kurt Etzel, Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt
Grundsätzlich würde man annehmen, dass durch Ausgangssperren und Lockdowns während der Pandemie die Anzahl der Straftaten noch deutlicher zurückgeht, als es in Haßfurt geschehen ist. Das öffentliche Leben kommt schließlich zum Erliegen. Warum ist das nicht passiert?

Stoll: Klar, die Menschen waren viel Zuhause. Kriminelle passen sich aber immer auch den Gegebenheiten an. Schon vor Corona stieg die Zahl der sogenannten Cybercrime-Delikte in unserem Dienstbereich. In der Pandemie nahmen diese Aktivitäten im Internet noch einmal zu. Im ersten Lockdown zum Beispiel blieben die Schwimmbäder geschlossen. Jeder wollte sich einen Pool kaufen, entsprechend hoch war die Nachfrage. Kriminelle haben diese Bedürfnisse der Menschen gnadenlos ausgenutzt, indem sie dieses Produkt in Fake-Shops angeboten haben. Teils 800 Euro haben die Geschädigten überwiesen, die Ware aber nie erhalten. Hier haben wir massiv Aufklärungsarbeit geleistet, um dem vorzubeugen. Das zeigt sich auch in den Zahlen.

Inzwischen sind viele Beschränkungen gefallen, die Normalität scheint zurückzukehren. Erwarten Sie nun wieder einen Anstieg der analogen Kriminalität?

Etzel: Ich bin mir sicher, dass durch die angekündigten Festivitäten die Straftaten steigen. Ob das jetzt Körperverletzungen vor Ort sind, die mit Alkohol zu tun haben, oder andere Delikte, die häufig bei Veranstaltungen und Festen vorkommen. Das wird uns sicher beschäftigen. Denn Überall, wo Menschen aufeinandertreffen, gibt es immer auch ein gewisses Konfliktpotential.

 
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  • W. D.
    Zur Cannabis-Frage:
    Herrn Etzels Erfahrungen in der Drogenprävention hat er gemacht, als Cannabis illegal war. Durch diese Kriminalisierung kann es natürlich sein, dass Cannabis-Konsumierende in das genannte „Milieu“ geraten. Könnten Sie es an kontrollierten Verkaufsstellen mit kompetenter Beratung und Verbraucherschutz (und auch entsprechender Konsum- und Mehrwertsteuer) erwerben, wäre diese Gefahr direkt gebannt.
    Herrn Etzels Bedenken bezüglich der „Folgekriminalität“ und des „unkalkulierbaren Ausmaß der Folgen“ einer Legalisierung, sehe ich (schon in der Wortwahl) als zu dramatisch formuliert. Er sollte sich dringend mit empirischen Daten aus Ländern mit bereits erfolgter Legalisierung auseinandersetzen.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Dass dieser Polizist von Drogen wenig Ahnung hat, zeigt er schon dadurch dass er eine der gefährlichsten Drogen dem relativ harmlosen Cannabis gleichsetzt.
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