Zwei Mark fünfzig Taschengeld pro Woche und die ganz große Liebe für Blumen gefunden. Wir schreiben das Jahr 1965. Der 13-jährige Manfred Wolff entdeckt eine Orchidee, die er unbedingt haben will. Daran hindert ihn auch nicht der hohe Preis von fünf Mark.
"Meine Mutter hielt mich für verrückt", erinnerte sich der heute 72-Jährige, "Ich sollte die Blume sofort zurückbringen." Trotzdem behielt der junge Unterfranke seine neuste Errungenschaft. Eine Entscheidung, die er niemals bereute. Schließlich hätte sich dadurch die größte Liebe seines Lebens entwickelt, erzählt der Orchideenzüchter.
Manfred Wolff wird "Champion der Schau"
Seit 1978 treibe diese Begeisterung ihn auch als Mitglied der Deutsche Orchideen-Gesellschaft an. Und tatsächlich hat seine Fürsorge für die Pflanzen ein sehr hohes Ausmaß erreicht. So wurde er erst im März in Dresden bei der Europäischen Orchideenkonferenz (EOC) 2024 mit einem von vier "Champion der Schau"-Titeln ausgezeichnet – samt Urkunde, Pokal und zwei Medaillen. "Damit habe ich nie im Leben gerechnet", sagt der Orchideenzüchter.
Die Konkurrenz war groß: Insgesamt wurden dort an 60 Schauständen Pflanzen ausgestellt. Noch mehr als über den Titel, freue sich Wolff über eine goldene Münze. Diese sei ihm zum Bestehen der zweiten Runde in seinen Pflanzenkorb gelegt worden. "Ab diesem Zeitpunkt bin ich von Rundensieg zu Rundensieg immer stolzer geworden", sagt Wolff.
Mit auf die Tagung nahm er die Phalaenopsis Sogo Yukidian "Georg". Eine Blume, die er seit ungefähr zwanzig Jahren pflege. Hierbei müsse er die sogenannten "Clips" an den zahlreichen Pflanzen täglich neu anbringen. Das bedeutet: Um eine gewünschte Form der Blumen zu erreichen, müsse ihnen durch Halterungen eine Richtung vorgegeben werden.
"Du kannst nicht irgendeine Pflanze nehmen. Du musst diese Rispe von klein auf so großziehen, wie du sie haben möchtest", erzählt Wolff. "Wenn sie erst einmal 1,50 Meter hoch ist, dann ist es vorbei – dann ist der Stamm verholzt. Und du musst genau schauen, wie die Pflanze sich entwickeln könnte. Das macht oftmals den Unterschied aus zwischen Holzklasse und Goldmedaille."
Der Orchideenzüchter selbst vergleicht eine derartige Passion für Pflanzen mit der Haltung von reinrassigen Stuten. Nur, dass man pro Orchidee ungefähr 500 bis 600 Euro zahle, während das bei solchen Pferden weit mehr sei. Zudem sei die Aufzucht von diesen Pflanzen enorm heikel. Wenn man auf Veranstaltungen wie der EOC eine gute Bewertung bekommen wolle, komme es nicht nur auf einen hohen Grad an künstlerischem Ausdruck der Pflanze an: "Man bezeichnet diese Form der Blütendarstellung als Wasserfall." Dafür müsse auch alles perfekt sein: "Bereits ein kleiner Fleck auf der Blüte hat dafür gesorgt, dass meine andere Orchidee ausgeschieden ist."
Größe der Blüte ist entscheidend für den Sieg
Und es habe noch zahlreiche andere Kriterien gegeben, welche seine Pflanzen erfüllen mussten. Die typischen Kritikpunkte beträfen die Spannweite der Blüten, ihre Farbe oder die Anzahl der Blumenköpfe und Knospen. Welche Punkte davon allerdings seine Orchidee zum Sieg geführt haben, darüber könne Wolf nur mutmaßen. Er geht jedoch davon aus, dass die sehr großen Blüten durchaus begünstigend gewirkt haben. Denn im Vergleich zu anderen Artgenossen ist ihre Spannweite mehr als zwei Zentimeter größer. Insgesamt hat jede Blüte einen Durchmesser von 12 bis 15 Zentimetern.
Mehr als der Sieg freue den Orchideenzüchter jedoch, dass niemand neidisch gewesen sei und ihm alle aufrichtig gratuliert hätten. "Das Gemeinschaftsgefühl gefällt mir dort sehr", erzählt Wolff, "Das ist das, was heutzutage überall sonst fehlt. Es braucht wieder ein stärkeres Miteinander."
Dennoch möchte er sich dem täglichen Stress der Orchideenzucht nicht bis zum hohen Alter stellen –und damit am Ende Pflanzen aufziehen, deren Blütezeit er mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr erleben wird.
Weltmeisterschaft kommt in zwei Jahren nach Dresden
Stattdessen will er sich in nicht allzu ferner Zukunft einer anderen Leidenschaft widmen, die für ihn eine große Rolle spielt: seiner fränkischen Heimat. Schon in der Vergangenheit hat er sich mit den heimischen Kirchen, Burgen und Wehranlagen beschäftigt. Künftig will er das noch ausführlicher tun und Bücher darüber schreiben.
Mindestens zwei Jahre, also bis 2026, werde das aber mindestens noch dauern. "Dann kommt die Weltkonferenz für Orchideen nach Dresden", erzählt der neu gekürte Europa-Champion. An dieser wolle er in jedem Fall noch teilnehmen.