Mit nur einer Gegenstimme, der von Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus, hat der Kreistag Haßberge am Montag der Einrichtung eines Regionalwerkes zugestimmt. Das Regionalwerk soll quasi als "Stadtwerk" aller Kommunen im Landkreis Haßberge deren Energieversorgung sicherstellen. Oder, wie es in der Beschlussvorlage des Kreisstags stand: "Ziel ist die Erreichung von größtmöglicher Energiesouveränität sowie die wirtschaftliche Teilhabe an der regionalen Wertschöpfung. Das Regionalwerk soll die langfristige Energieversorgung aus erneuerbaren Energien sicherstellen und die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung auf die Errichtung solcher Anlagen steigern."
"Ich sehe das Regionalwerk als eine echte Chance für unseren Landkreis", betonte Landrat Wilhelm Schneider (CSU) zu Beginn der mit Spannung erwarteten Sitzung. Die Risiken hält Schneider für überschaubar. 18 von 26 Gemeinden haben ihre Zustimmung zum Regionalwerk bereits beschlossen, die verbleibenden Kommunen müssen jetzt im Juli entscheiden. Die Gründung des Regionalwerks ist bis Ende Oktober möglich, wenn alle Kommunen bis Ende Juli ihre Beschlüsse gefasst haben.
Landrat Schneider zeigte sich zuversichtlich, "dass alle Kommunen mitmachen und wir dafür dann den Startschuss haben." Marcus Fröhlich, Geschäftsleiter des Landratsamtes, stellte das Projekt "Regionalwerk" noch einmal vor, mit dem die meisten Kommunalpolitikerinnen und -politiker inzwischen sehr wohl vertraut sind. Mit einem Mix aus verschiedenen regenerativen Energien möchte der Landkreis bis 2030 klimaneutral werden.
Die völlig unterschätzte Wärmeversorgung
Für den Strom sei die Erzeugung von rund 430.000 Megawattstunden nötig, "aber der große Bereich ist der Wärmeverbrauch", stellte Fröhlich fest. Der Energiebedarf für die Wärmeerzeugung sei dreimal so hoch wie beim Strom und liege bei rund 1,24 Millionen Megawattstunden. Ziel sei ein Energiemix aus Photovoltaikanlagen und mindestens 20 neue Windrädern.
Geschäftsführer Fröhlich ging auch auf Risiken wie den Strompreis ein. Es sei ein Stromhändler notwendig, um eine ausschreibungsunabhängige Vergütung zu sichern. Ein entsprechender Stromtarif werde durch die Resilienz eigener Erzeugungsanlagen, kalkulierbare Abschreibungen und eine Preisgestaltung in Bürger- und kommunaler Hand angestrebt.
Rainer Baumgärtner (ÖDP) fragte nach der Selbständigkeit der Stadtwerke Zeil und Haßfurt. Und Bernhard Jilke (FDP/FB) wollte wissen, wie es sich verhalte, wenn Gemeinden nicht teilnehmen oder bei anderen Unternehmungen längere Verträge abgeschlossen haben. Norbert Zösch (Bündnis 90/Grüne), der Geschäftsführer des Haßfurter Stadtwerks ist, erklärte auf Nachfrage der Redaktion, dass die bestehenden Stadtwerke unabhängig bleiben.
Wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität
Holger Baunacher (CSU) erinnerte daran, dass der Landkreis im Jahre 2030 Klimaneutralität erreichen wolle. "Das bedeutet, dass wir aktiv werden müssen. Das Regionalwerk ist ein kleiner Baustein dazu." Jürgen Hennemann (SPD) sah das Regionalwerk vom Grundsatz richtig, um die Energie in der Hand zu haben. "Es wird aber eine Aufgabe für die nächsten Jahrzehnte und für die Zukunft sein und das müssen wir jetzt auf die Beine stellen."
Steffen Vogel (CSU) meinte: "Mit dem Regionalwerk sind wir Vorreiter in ganz Bayern. Wenn wir als Kreistag ein geschlossenes Bild abgeben, hat das Wirkung nach außen." Man biete den Bürgern dann einen regionalen Strompreis. Auch Thomas Stadelmann (SPD) sah es mehr als Chance denn als Risiko; die Stadt Zeil werde sicherlich noch zustimmen.
Stefan Paulus (SPD) bemerkte kritisch, dass man doch schon mit der ÜZ Mainfranken einen regionalen Stromversorger habe, und auch die GASUF sei ein regionaler Energieversorgen. "Bauchschmerzen bereitet mir auch die Hurra-Stimmung im Kreis und ob wir damit im Rahmen unserer Möglichkeiten bleiben." Er mache sich Sorgen, dass manche etwas blauäugig in die Zukunft schauen. Schließlich habe man Aufgaben, die man nicht stemmen könne wie im Bereich der Kindergärten, der Ganztagesbetreuung oder im Wohnungsbau. "Das Thema Wohnungsbau sehe ich genauso wichtig wie eine gute Energieversorgung. Viele finden keinen bezahlbaren Wohnraum mehr." Paulus bat das Gremium um Verständnis dafür, "dass ich heute nicht mitstimmen kann."
Landrat Wilhelm Schneider brachte hier den Einwurf, dass man sich hier im Kreisgremium befinde. "Von diesem Kreistag erwarte ich, dass von hier ein Zeichen an die Kommunen geht und wir mehr die Vorteile und Chancen sehen." Andere Landkreis würden die Haßberge beneiden, weil es hier keinen Zwist zwischen dem Landkreis und den Gemeinden gebe. "Diesen Weg sollten wir weitergehen", forderte der Landrat. Für den Landkreis bedeutet die Gründung des Regionalwerks eine Einlage von 43.100 Euro.