Es klingt erst einmal paradox: Ein Unternehmen erweitert seine Lagerfläche deutlich, verspricht aber gleichzeitig, dass der Standort dadurch künftig nicht von mehr Lastwagen angefahren wird als bisher. Wie das funktionieren soll, zeigt sich bei einem Baustellenrundgang bei Coca-Cola in Knetzgau. Dort laufen derzeit die Bauarbeiten an einer neuen 10 000 Quadratmeter großen Lagerhalle.
"Coca-Cola in Knetzgau hat sich über die Jahre entwickelt", sagt Projektleiter Michael Pfaff. So hat sich mit der Zeit die Produktionskapazität erhöht, die Lagerfläche war aber nicht im gleichen Maß mitgewachsen – zumindest nicht direkt vor Ort. Stattdessen gibt es zwei Außenlager. Eines davon liegt in Eltmann und damit nicht weit von Knetzgau entfernt. Das andere befindet sich in Ulm.
Ein Zwischenschritt entfällt
So wurde bisher nur ein Teil der in Knetzgau abgefüllten Getränke vor Ort gelagert, den Rest brachten Lkw in die beiden Außenlager. Später ging es vom Außenlager zu den Kunden. Da mit den Getränken aus Knetzgau Kunden in ganz Süddeutschland beliefert werden, bot es sich auch an, mit Ulm einen Lagerort zu haben, der weiter im Süden liegt. Dennoch: "Dieser Zwischenschritt entfällt", erklärt Michael Pfaff. Denn die beiden Außenlager werden aufgegeben. Eine Erweiterung der Lagerfläche in Knetzgau soll es ermöglichen, die Produkte ohne Umweg über die Außenlager zu den Kunden zu bringen.
Das erklärt auch, warum die Erweiterung nicht zu mehr Lkw-Verkehr führen soll: Die Menge an Getränken, die die Transporter in Knetzgau abholen müssen, hat sich nicht geändert – nur der Ort, wo sie von dort aus hingebracht werden. Die neue Halle macht es möglich, die mit Flaschen gefüllten Paletten in Knetzgau zu lagern, bis sie von dort aus direkt zum Kunden kommen.
Großprojekt kostet 20 Millionen Euro
Coca-Cola rechnet damit, dass durch diese Maßnahme jährlich rund 85 000 Kilometer an Lkw-Fahrten wegfallen, was dem Unternehmen einerseits Geld spart und andererseits zum Umweltschutz beitragen soll. Außerdem, so berichtet Christina Witt, Kommunikationsmanagerin von Coca-Cola, würden durch diese Maßnahme die Arbeitsplätze am Standort Knetzgau gesichert.
Dafür wird die bisherige Lagerfläche von 38 500 Palettenstellplätzen in Knetzgau um weitere 15 000 Plätze erweitert. Knapp 20 Millionen Euro fließen nach Angaben der Firma in das Großprojekt. Die beiden Außenlager in Eltmann und Ulm, die Coca-Cola damit aufgibt, werden von externen Unternehmern betrieben. Die Verträge mit diesen Geschäftspartnern laufen zum Jahresende aus.
Bauarbeiten in Corona-Zeiten
Als im September 2019 mit dem Bau der neuen Lagerhalle begonnen wurde, war noch nicht abzusehen, dass 2020 die Corona-Pandemie kommen würde, die für viele Unternehmen eine Herausforderung darstellt. Auch an Coca-Cola geht die Krise nicht spurlos vorbei: Da die Gastronomie zeitweise komplett schließen musste und jetzt erste langsam und mit geringerer Kapazität wieder anläuft, hatte auch der Getränkehersteller große Umsatzeinbußen.
Zwar gibt es an anderen Stellen auch Steigerungen, denn wenn die Leute mehr Zeit zuhause verbringen, konsumieren sie dort auch mehr Getränke als sonst. Christina Witt erinnert in diesem Zusammenhang auch an die Hamsterkäufe, gerade in der Anfangszeit von Quarantäne und Ausgangsbeschränkungen. "Aber das ist keine Eins-zu-eins-Verschiebung", sagt sie. Das Ausgehverhalten der Menschen habe sich verändert und auch der Zuwachs im Handel könne den Einbruch in der Gastronomie nicht auffangen.
"Umso erfreulicher ist, dass das Lager jetzt planmäßig fertig wird", sagt Witt, die – ebenfalls aufgrund der aktuellen Corona-Situation – beim Baustellenrundgang nicht persönlich dabei sein kann. So führt Projektleiter Pfaff alleine über das Gelände, die Pressesprecherin ist allerdings bei einem Gespräch im Besprechungszimmer des Containerdorfes auf der Baustelle telefonisch zugeschaltet. Beim Rundgang fällt auf: Auch auf einer Baustelle gelten in Zeiten von Corona besondere Regeln. Die Arbeiter achten darauf, dass sie sich nicht zu nahe kommen. Wo die Arbeit es unmöglich macht, genügend Abstand zu halten, müssen Masken getragen werden.
Recycelte Flaschendeckel als Material
Die neue Lagerhalle steht mittlerweile, nun muss sie noch eingerichtet werden. So soll neben der großen Lagerfläche noch ein Technikraum entstehen, ebenso wie drei Räume zur Instandhaltung der Stapler, die im Lager eingesetzt werden: In einem Raum werden die Batterien der Fahrzeuge geladen, dazu kommen ein Stapler-Waschplatz und eine Werkstatt.
Die Lagerfläche soll, wie bei Coca-Cola üblich, in Form eines Blocklagers gestaltet werden. Das bedeutet, dass auf den Aufbau von Regalen weitgehend verzichtet wird, stattdessen werden die Paletten aufeinander gestapelt. Generalunternehmer und damit der einzige direkte Vertragspartner, den Coca-Cola bei dem Bauprojekt hat, ist die Firma Markgraf aus Bayreuth. Die Fassadenteile des neuen Gebäudes kommen aus Österreich, Fliesen aus Italien, allerdings sind auch lokale Unternehmen am Bau beteiligt. So wird beispielsweise Beton aus Sand verarbeitet, auch die Elektrik, neue Zäune und die Plastikkörbe, die im neuen Regenrückhaltebecken verarbeitet wurden, werden von Unternehmen aus dem Landkreis Haßberge beigesteuert.
Eine Besonderheit dieser Plastikteile im Regenrückhaltebecken ist auch, dass sie eine besondere Verbindung zu Coca-Cola haben: Sie wurden aus recycelten Deckeln von Mehrwegflaschen des Getränkeherstellers gefertigt.
Als besondere Herausforderung beschreibt Projektleiter Michael Pfaff, dass während der Bauarbeiten auch durchgehend das operative Geschäft weiterlaufen muss. Sprich: Während direkt an das bestehende Lager ein neues Gebäude angebaut wird, müssen vom alten Lager aus trotzdem weiterhin Lkw beladen werden.
Gleichzeitig laufen derzeit die Arbeiten an einem neuen Pförtnergebäude auf Höhe der neuen Lagerhalle. "Da, wo der jetzige Eingang ist, werden dann Mitarbeiterparkplätze entstehen", erklärt Michael Pfaff. Ein Vorteil des neuen Pförtnergebäudes: Es soll einen überdachten Außenbereich erhalten, so dass Lkw-Fahrer bei der Anmeldung nicht mehr im Regen stehen müssen.
Auch Volker Wielsch, Betriebsleiter von Coca-Cola in Knetzgau, zeigt sich zufrieden: „Unser Werk in Knetzgau ist eines der größten im deutschen Produktionsnetzwerk von Coca-Cola. Mit dem neuen Lager gewinnen wir künftig auch als Logistikstandort an Bedeutung – als zentraler Logistikdrehpunkt in der Region. Das ist eine positive Entwicklung für unseren Standort.“