In immer mehr Lebensbereichen spielen Computer und moderne Technik eine immer größere Rolle. Auch viele Berufe sind heute nicht mehr das, was sie noch vor 20 Jahren waren. "Das Aufgabengebiet ist das gleiche, die Technik hat sich verändert", sagt Dominik Gleißner. Im Jahr 2018 hat der 22-Jährige seine Ausbildung zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik bei Coca-Cola in Knetzgau abgeschlossen – als Jahrgangsbester seines Berufs in ganz Bayern. An drei Beispielen zeigen Gleißner, Produktionsleiter Norbert Röder (52) und die Auszubildende Michelle Lawson (19) alte und neue Messtechnik im Vergleich.
Das Werk in Knetzgau gehört zu Coca-Cola European Partners, einem unabhängigen Abfüller. Insgesamt 16 Produktionsstandorte hat die Firma deutschlandweit, der in Knetzgau gehört zu den größten. Viel Arten und Größen von Flaschen, die Coca-Cola im Sortiment hat, werden hier befüllt; von der kleinen 0,2-Liter-Glasflasche, die vor allem in der Gastronomie zum Einsatz kommt, bis hin zu den großen Zwei-Liter-Flaschen. Sämtliche kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränke, die Coca-Cola herstellt, kommen hier in die Flasche – von der Cola selbst über die Limonaden Fanta, Sprite und Mezzo Mix bis hin zur Lift Apfelschorle, ebenso wie die verschiedenen zuckerfreien, koffeinfreien oder aromatisierten Varianten davon.
Gleichbleibend hohe Produktqualität
Die Aufgabe der Fachkräfte für Lebensmitteltechnik besteht hierbei darin, alle Schritte zu überwachen und damit für eine gleichbleibend hohe Produktqualität zu sorgen, erklärt Kommunikationsmanagerin Christina Witt. Noch vor 15 bis 20 Jahren sei dabei vieles manuell gemacht worden, das heute automatisiert abläuft, beschreibt sie einige Dinge, die sich in der Lebensmitteltechnik verändert haben. Auch die Messgeräte seien heute noch genauer als noch vor wenigen Jahren. Das bedeute aber nicht, dass der Beruf einfacher oder langweiliger geworden sei. "Die Herausforderungen sind andere geworden", meint Witt. "Ein technisches Grundverständnis muss da sein." Denn heute gehöre zu dem Job der Umgang mit komplexer Technik.
Produktionsleiter und Ausbilder Norbert Röder ergänzt, die neuen Geräte böten zwar eine Menge Vorteile, erforderten aber auch ein größeres Hintergrundwissen. "Der Mitarbeiter muss wissen: Was passiert hintendran." Nötig ist auch, eine ganze Menge an Zahlen und Daten auszuwerten. Bei einem Rundgang durch den Betrieb zeigen die Coca-Cola-Mitarbeiter dann alte und neue Technik im Vergleich. Für diese Vorführung sei einige Vorbereitung nötig gewesen, berichten sie. Denn erst einmal mussten sie die veralteten Geräte wieder auftreiben und ins Labor bringen. Bei der Präsentation bedient Produktionsleiter Röder die alten Geräte, mit denen er selbst noch bis vor einigen Jahren gearbeitet hat. Auszubildende Michelle Lawson und der frisch ausgelernte Dominik Gleißner führen im Vergleich dazu die neue Technik vor, mit der das Unternehmen heute arbeitet.
Los geht der Vergleich mit den Geräten, die den Kohlensäuregehalt in den Getränkeflasche messen. Wäre zu wenig Gas in der Flasche, würde das Getränk "flach schmecken", wäre es dagegen zu viel, würde es beim Öffnen der Flasche oder beim Einschenken in ein Glas überschäumen, erklärt Norbert Röder. Deshalb gibt es von Coca-Cola genaue Vorgaben für die Menge an Kohlensäure.
Ob diese Menge in den fertigen Flaschen auch tatsächlich stimmt, wird stichprobenartig getestet. Früher kam die Flasche dafür im betriebseigenen Labor in eine Apparatur, die Röder vorführt. Dieses Gerät schüttelt die Flasche zwei Minuten lang gleichmäßig, anschließend wird der Druck in ihrem Inneren gemessen. Doch dabei gibt es mehrere Quellen für Ungenauigkeiten. So muss der Deckel der Flasche von Hand angestochen werden, um das Messgerät einzuführen – eine Gelegenheit, bei der bereits Gas entweichen kann. Außerdem muss der Labormitarbeiter den Kohlensäuregehalt erst einmal aus dem gemessenen Druck und der Temperatur errechnen.
Ganz anders ist es mit der modernen Alternative, die Dominik Gleißner vorstellt. Die Flasche wird in ein Gerät eingespannt, das auch das Anstechen übernimmt; der "Unsicherheitsfaktor Mensch" ist damit ausgeschaltet. Das Gerät zieht eine Probemenge aus der Flasche und untersucht sie. Die Messungen sind dabei viel genauer als früher. "Die Temperatur der Probemenge wird auf ein Tausendstel Grad genau gemessen", erklärt Gleißner. Ausrechnen muss er den Kohlensäuregehalt nun nicht mehr selbst, das übernimmt der Apparat für ihn.
Dass die Maschinen das Rechnen übernehmen, heißt aber nicht, dass Fachkräfte für Lebensmitteltechnik weniger wissen oder denken müssen, erklärt Christina Witt. Mittlerweile hängen im Labor große Bildschirme, die alle möglichen Daten aus dem Produktionsprozess anzeigen, die die Mitarbeiter auswerten müssen. Außerdem müssen die Mitarbeiter die Geräte kalibrieren.
Überprüft werden muss auch der Öffnungs- und Verschlusswert, also die Kraft, die nötig ist, um eine Flasche aufzudrehen. Ginge das zu schwer, könnten gerade ältere und schwächere Menschen sich schwer tun, die Flasche aufzubekommen. Aus einer Flasche, die sich zu leicht öffnen lässt, könnte dagegen die Kohlensäure entweichen. Norbert Röder zeigt wieder das alte Messgerät, in das die Flasche eingespannt wird. Dann dreht er den Deckel auf, das Gerät misst die Kräfte, die dabei wirken. Auch hier besteht der "Unsicherheitsfaktor Mensch", denn je nachdem, wie der Mitarbeiter beim Aufdrehen der Flasche seine Hand bewegt, kann das Ergebnis verfälscht werden.
Michelle Lawson, Auszubildende im zweiten Lehrjahr, stellt die neue Technik vor, die dieses Problem behebt. Statt einer menschlichen Hand ist es diesmal ein Servomotor, der jede Flasche auf die gleiche Art und ohne Schwankungen aufdreht. "Alles überträgt sich automatisch auf den PC", erklärt Lawson. Jeder Messwert könne dann auch zuverlässig einer bestimmten Charge und einem bestimmten Produkt zugeordnet werden.
Da das neue Gerät nicht im Labor steht, sondern in der Produktionshalle, ist dabei eine ganze Menge an Sicherheitsvorschriften einzuhalten: Sicherheitsschuhe, Ohrenstöpsel gegen den Produktionslärm, entsprechende Kleidung und – da sich das Messgerät in dem Bereich befindet, in dem Glasflaschen befüllt werden – eine Schutzbrille, um die Augen vor splitterndem Glas zu schützen, falls doch einmal eine Flasche zu Bruch gehen sollte. Um sich trotz der Ohrenschützer bei der Führung durch den Betrieb unterhalten zu können, trägt jeder Teilnehmer einen Kopfhörer. Wer etwas sagen möchte, spricht in ein Mikrofon.
Bei der dritten Messung geht es um die Füllmenge der Flaschen. Klar ist, dass sich eine Literflasche nicht auf den letzten Milliliter genau befüllen lässt. Laut gesetzlichen Vorgaben wäre daher auch eine geringe Abweichung nach unten zulässig, Coca-Cola habe sich jedoch selbst vorgegeben, dass in jeder Flasche mindestens die angegebene Menge enthalten ist, berichtet Norbert Röder. Überprüft wird die Füllmenge, indem volle Flaschen auf eine Wage gestellt werden, vom Messergebnis wird dann das übliche Gewicht einer leeren Flasche abgezogen. Aus dem Gewicht und der Dichte des Getränks lässt sich dann die Füllmenge errechnen. Um einen großen Querschnitt abzubilden, muss der Mitarbeiter dafür eine große Zahl an Flaschen wiegen. Norbert Röder zeigt, wie dies früher passierte: Der Produktionsleiter stellt eine Flasche auf eine Waage, dann geht die Rechnerei auf einem Zettel los.
Dominik Gleißner muss dagegen heute nur noch an einem Gerät neben dem Fließband stehen, immer wieder eine Flasche herausgreifen, sie kurz auf eine Waage und dann wieder zurück aufs Fließband stellen; das Rechnen übernimmt der Computer.
Christina Witt betont, die Technik zur Messung der Produktqualität sei schon immer auf einem hohen Niveau gewesen, doch die Methoden würden immer besser. Dabei ist die Fachkraft für Lebensmitteltechnik ein Beruf, der sich zwar stark verändert hat, der aber letztlich doch erhalten geblieben ist. In anderen Bereichen sind die Veränderungen dagegen so groß, dass ganze Berufsbilder durch andere ersetzt werden. Wo es früher einen Elektriker brauchte, muss heute ein Elektroniker arbeiten, wo früher ein Schlosser gebraucht wurde, muss heute ein Mechatroniker ran, beschreibt Norbert Röder die Situation. "Der große Hammer war früher das Allheilmittel, heute ist er der Tod."