Bei den meisten Getränken sind Pfandflaschen längst der Standard. Ob Wasser, Saft oder Bier: Die Bevölkerung ist es gewohnt, alte Flaschen zum Getränkemarkt zurückzubringen und dafür Geld zurückzubekommen. Nur der Wein stellt noch immer eine Ausnahme dar. Warum eigentlich? Diese Frage wurde in den letzten Wochen in einigen Medienberichten gestellt und diskutiert.
So fragte beispielsweise am 2. April die Tagesschau: "Kommt ein Pfandsystem für Weinflaschen?" Und der SWR bezeichnet die Weinflasche als "ökologischen Problemfall", mit der Begründung: "Die Herstellung und das Recycling von Glas verbrauchen Unmengen an Energie." Doch was halten Winzerbetriebe in der Region von der Idee, auch beim Wein auf ein Pfandsystem umzustellen?
Korken und Mehrweg passen nicht zusammen
Für Nico Scholtens gibt es aktuell keine Alternative zur Einwegflasche. Sein Weingut befindet sich in Fatschenbrunn. Er habe zu früheren Zeiten seine Flaschen von einem Reinigungsbetrieb aus Volkach bezogen, berichtet Scholtens. Die Anschaffung einer eigenen Reinigungsanlage sei wirtschaftlich nicht vermittelbar.
Scholtens setzt auf schlanke Einwegflaschen, den Bocksbeutel lehnt er ab: Dieser sei zu unhandlich, und auch als Alleinstellungsmerkmal für hochwertige Weine durch Massenvermarktung für ihn nicht mehr von Interesse. Es wäre für ihn auch nicht einfach, gebrauchte Flaschen zu beziehen, sagt er, da sein Betrieb nach wie vor auf Naturkorken setzt – der Nachhaltigkeit wegen: "Die Korkeichenkultur erlebe seit der Einführung des Schraubverschlusses einen Niedergang, der vor Ort das ökologische Gleichgewicht durcheinander bringt."
Die Vielfalt der Flaschen ist ein Problem
Ein alteingesessenes Weingut in Zeil ist in den Händen von Vera (32) und Sebastian (33) Schick. "In ganz früheren Zeiten", erzählt Vera Schick, "wurden in ihrem Weingut die Flaschen noch mit der Hand gespült, später dann nach Volkach zur Reinigungsanlage gebracht." Ein stetes Problem bei der Abfüllung sei die Vielfalt der Flaschen gewesen. Diese habe eine wirtschaftliche Abfüllung vereitelt. Das habe sich irgendwann nicht mehr rentiert.
Die Einführung der Selbstklebeetiketten habe dann den endgültigen Ausschlag zur Umstellung auf Neuware gegeben. Denn von dem Leim, der vorher verwendet wurde, konnten die Flaschen leicht gereinigt werden. Der Kleber der neuen Etiketten sei dagegen viel schwerer von den Flaschen zu entfernen.
"Bag-in-Bag": Eine Lösung aus Frankreich?
Es sei auch ein nicht zu unterschätzendes Platzproblem, Leergut zu lagern, berichten Vera und Sebastian Schick. Doch sofort wären sie dabei, wenn es gute Mehrweg-Lösungen gäbe. Hierzu gehörten entsprechende Qualitätsflaschen, die Logistik und der Aufwand müssten sich in Grenzen halten und eine Reinigungsanlage käme in Frage, wenn die Transportwege überschaubar seien.
Sebastian Schick meint, dies müsse von der Regierung reglementiert werden. Er könne sich vorstellen, dass die "Bag in Box"-Verpackung, wie in Frankreich schon üblich, auch bei fränkischen Tafelweinen eine Zukunft habe. Dabei befindet sich der Wein in einem Beutel aus Folienverbundmaterial, der sich in einer Umverpackung aus Karton befindet.
Wein in Bierflaschen? Keine Lösung für die Zeiler
Die Tagesschau hatte noch von einem weiteren Ansatz berichtet: Da es für Weinflaschen aktuell kein deutschlandweites Pfandsystem gibt, greift der Pfälzer Winzer Ansgar Galler auf Bierflaschen zurück, die in jedem Supermarkt zurückgegeben werden können. Der Winzer wolle genau beobachten, wie die Kundinnen und Kunden seinen Wein aus Bierflaschen annehmen und das Angebot dann eventuell ausweiten. "Es gibt ja zum Beispiel auch elegante Wasserflaschen in 0,75-Liter-Größe." Der bisherige Erfolg, schreibt Galler auf Nachfrage der Redaktion, sei gigantisch.
Doch mit diesem Gedanken kann der Zeiler Winzer Sebastian Schick sich nicht anfreunden: "Wein ist ein wertvolles Genussmittel und der Verbraucher erwartet zu einem perfekten Wein auch eine perfekte Flasche." Das könne eine gebrauchte Bierflasche nicht leisten.
Umstellung auf Mehrweg hätte großes Klimaschutzpotenzial
Als zentrale Kommunikations- und Marketingorganisation der deutschen Weinwirtschaft wird die Deutsche Weininstitut GmbH (DWI) mit Sitz in Bodenheim angesehen. Deren Pressesprecher Ernst Büscher verwies auf Ausführungen der Nachhaltigkeitsexpertin Dr. Helga Pottenstein zum Thema Klimaschutz in der Weinproduktion. Dort ist zu lesen: "In Deutschland besteht das Potential, etwa 50 Prozent der Treibhausgasemissionen durch die Produktion von Wein durch ein Mehrweg-System und die Nutzung von Ökostrom zu vermeiden." Und sie schreibt weiter, die mit großem Abstand wirkungsvollste einzelne Klimaschutzmaßnahme für Wein sei die mehrfache Nutzung der Glasflaschen, da das Spülen der Flaschen wesentlich weniger Energie verbrauche als die Herstellung von neuen Flaschen aus Glasscherben.
"Während das Mehrweg-System für Mineralwasser, Säfte oder Bier in Deutschland völlig selbstverständlich ist, ist die mehrfache Nutzung der Glasflaschen bis heute unterrepräsentiert". Dabei wäre die Mehrfachnutzung in Weinbauregionen traditionell verwurzelt und damit keine wirkliche Innovation. "Bei der Vielfalt der Flaschen ist es heute extrem schwierig, Mehrweg umzusetzen, hinzu kommt ein großer Anteil importierter Weinflaschen."
Edeka sieht noch intensiven Klärungsbedarf vor einer flächendeckenden Einführung
Zehn Weingenossenschaften in Baden Württemberg haben sich nun zusammengetan, um dieses Problem zu lösen: Eine 0,75 Liter Pfandflasche, die "kleine Schwester" der ebenfalls angebotenen Ein-Liter-Pfandflasche. Zur Frage, ob dies deutschlandweit Schule machen könne, zeigt sich der Handel bisher abwartend. Stefanie Schmitt, Pressesprecherin von Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen, schreibt auf Anfrage: "Bisher steht bei uns Mehrweg-Wein nur punktuell/testweise – vorrangig im Absatzgebiet Württemberg – im Verkauf." Vor einer flächendeckenden Einführung bestehe noch intensiver Klärungsbedarf seitens Industrie und Handel. "Zum aktuellen Zeitpunkt ist es uns daher noch nicht möglich, konkretere Aussagen zu treffen."
Anmerkung der Redaktion:
In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir berichtet, dass eine namentlich nicht genannte Flaschenwaschanlage in Volkach nicht mehr existiere. Es gibt jedoch seit den 1980-er Jahren in Volkach offenbar nur eine Flaschenwaschanlage - und die ist auch weiterhin tätig, hat nun Firmenschef Christian Höfer gegenüber der Redaktion bekräftigt. Der Name der Firma ist C. Höfer e.K.
Die Redaktion bedauert den Irrtum.