Für fast alle Getränkeflaschen gibt es Mehrwegsysteme, nur Weinflaschen wandern nach dem Genuss des Schoppens in aller Regel ins Altglas - auch der Franken-typische Bocksbeutel. Gerade weil die Winzerinnen und Winzer hierzulande gerne mit Ökologie und Nachhaltigkeit werben, ist das fehlende Pfandflaschensystem nicht zuletzt schlecht fürs Image. Bei den 65. Fränkischen Weinbautagen in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) räumten mehrere Rednerinnen und Redner (selbst-)kritisch Probleme ein.
Pfand oder Weinschläuche?
Die Expertin Dr. Helena Ponstein, die effektive Klimaschutzmaßnahmen im Weinbau untersucht hat und Winzer in Sachen Klimaschutz berät, sagte mit Blick auf den CO2-Verbrauch, die Verpackung (Flasche, Etikett, Verschluss) habe hier mit 57 Prozent den größten Anteil. Mit 24 Prozent folge der Weinkeller (vor allem Elektrizität und Wärme) und mit 19 Prozent der Weinberg (vor allem Pflanzenschutz und Diesel). Eine einmalig genutzte Glasflasche zerschlagen und wieder einzuschmelzen sei weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, schon gar nicht angesichts der aktuell stark gestiegenen Glaspreise.
Die Alternative seien Bag-in-Box-Verpackungen (Weinschläuche im Karton), in denen in den skandinavischen Ländern bereits über 50 Prozent aller Weine verkauft würden. Aber auch Leichtglasflaschen und ein Kreislaufsystem seien wesentlich CO2-günstigere Alternativen. Mit dem Bocksbeutel habe Franken eine echte Chance, zumindest beim regionalen Verbrauch ein Kreislaufsystem zu etablieren.
Auch Michaela Kaniber, die bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, sagte, die Einwegflasche beschädige die Klimabilanz im Weinbau. Sie empfahl den Winzern, über Mehrweg und Leichtglas nachzudenken. Kaniber erinnerte dran, dass bereits 2010 unter Federführung des Fränkischen Weinbauverbands erstmalig ein ökologischer Fußabdruck für den Frankenwein ermittelt und Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt worden seien. "Daran müssen wir anknüpfen", sagte Weinbaupräsident Artur Steinmann.
Biowinzer Manfred Rothe vom Verband Bioland Bayern unterstrich ebenfalls, eine Biozertifizierung allein nicht reiche aus, um wirklich nachhaltig zu wirtschaften. Die nur einmal verwendete Glasflasche sei ein Problem, das alle Winzer gemeinsam angehen müssten.
Weinflaschen aus dünnerem Glas
Für die Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) kündigte Präsident Steffen Christmann eine Reduzierung des Glasgewichtes um die mehr als die Hälfte an. Es sei Tradition, hochwertige Weine in schwere Flaschen mit dickem Glas abzufüllen. Doch auch eine halb so schwere Flasche schütze den Wein ausreichend und sei klimaneutraler.
Weinverbands-Geschäftsführer Hermann Schmitt erinnerte im Zusammenhang mit möglichen Veränderungen an den Schraubverschluss, der zunächst sehr umstritten gewesen sei. Heute würden 95 Prozent aller Weinflaschen in Franken zugeschraubt statt verkorkt.
2016 hat der Fränkische Weinbauverband mit großem Aufwand für die Vermarktung fränkischer Weine den Bocksbeutel in einer neuen einmaligen Form (Bocksbeutel PS) entwickeln lassen. Die Einmaligkeit, mit der dafür geworben wird, lassen sich die fränkischen Winzer sicher nicht durch einen Weinschlauch im Karton ersetzen. Auch mit "Leichtglas" hergestellt, wird er wohl seine Einmaligkeit verlieren. Natürlich müssen aber auch Winzer nachhaltig wirtschaften, sei es beim Einkauf von Glas oder beim Versand.
Bleibt also die spannende Frage: Wie lange wird es dann den Bocksbeutel wohl noch geben? Muss der geneigte Weintrinker künftig sein Glas aus dem Zapfhahn eines Weinkartons füllen?