Handwerk und Industrie klagen über zu wenig Personal: Während den einen der Nachwuchs ausgeht, fehlt es den anderen an Fachkräften. "Die Betriebe müssen sich inzwischen um Auszubildende streiten", sagt Barbara Hoffstadt von der Handwerkskammer (HWK) Unterfranken. In Haßfurt stellte sie jüngst dem Kreisausschuss für Arbeit und Soziales die Zahlen der vergangenen Jahre vor. Und die lassen weiterhin auf eine wenig rosige Zukunft hoffen.
Etwa 2000 offene Lehrstellen zählt die HWK derzeit für ganz Unterfranken. "Immer weniger Schulabgänger möchten heute noch etwas mit ihren Händen machen", klagt Hoffstadt. Auch im Haßbergkreis werde das deutlich. Hier sank die Zahl der Auszubildenden im Handwerk in den vergangenen zehn Jahren um 26 Prozent – von 641 in 2011 auf 475 in 2021.
Immer weniger Schulabgänger
Doch alleine mit dem fehlenden Interesse lässt sich diese Entwicklung nicht erklären, das weiß auch Hoffstadt. So sei die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger im gleichen Zeitraum um etwa 20 Prozent gesunken. Grund dafür sind auch die geburtenschwachen Jahrgänge. Dabei ist das Handwerk vor allem auf Absolventinnen und Absolventen der Mittelschulen angewiesen, von dorther kommt die Mehrzahl der Lehrlinge.
Damit der Branche nicht doch irgendwann der Nachwuchs ausgeht, arbeiten die Betriebe gemeinsam mit der HWK unter Nachdruck daran, den eigenen Berufsstand attraktiver zu machen. Kampagnen und Image-Filme sollen die Vorzüge des Handwerks hervorheben, etwa gegenüber dem Studium.
"Fast jede Möglichkeiten erschöpft"
Die Industrie hat indes mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Der Fachkräftemangel treibt den Betrieben seit Jahren die Sorgenfalten auf die Stirn. "Der Bedarf ist riesengroß", ordnete Jürgen Bode von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mainfranken die Entwicklungen vor dem Ausschuss ein. Inzwischen sei "fast jede Möglichkeit" erschöpft, um an Nachwuchs kommen. Wegen der Umstellung auf das G9 an den bayerischen Gymnasien werde im Jahr 2025 zudem ein ganzer Abijahrgang ausfallen, warnt Bode. Alles potentielle Bewerberinnen und Bewerber. Dabei sinkt die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den Berufen der IHK schon jetzt kontinuierlich, auch im Haßbergkreis.
Angesichts einer Arbeitslosenquote von 2,5 Prozent im Haßbergkreis spricht Bode von annähernder "Vollbeschäftigung", gleichzeitig existiere ein Defizit von rund 11.000 Fachkräften in ganz Mainfranken. Das Personal müsse deshalb vermehrt aus dem Ausland gewonnen werden. "Die Zahlen zeigen auch, dass der Zuzug nicht schlecht gebildet ist, wie es so oft heißt", sagt Bode.
Außergewöhnliche Fachkräftesuche
Welche ungewöhnlichen Wege Betriebe aus der Region inzwischen gehen, zeigt HAGA aus Hofheim. Der Metallbauer mit rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an mehreren Standorten in Deutschland, hatte Ende Januar händeringend nach Fachkräften gesucht.
Das Unternehmen warb damals mit einer Stellenanzeige auf dem Brot einer Hofheimer Bäckerei um neues Personal. Eine PR-Aktion, die viel Aufmerksamkeit erregte – und dem Geschäftsführer offenbar einige Bewerbungen einbrachte.