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Hofheim
Fehlende Fachkräfte: Metallbaufirma aus Hofheim wirbt auf Brot um neues Personal
Das Problem, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, wird sich laut IHK weiter verschärfen. Sind kuriose Ideen wie die des Unternehmens HAGA aus dem Haßbergkreis die Lösung?
Die Werbebotschaft auf der Brotkruste: Mit dieser Aktion erregt das  Unternehmen HAGA aus Hofheim derzeit viel Aufmerksamkeit. Der richtige Weg um dem Fachkräftemangel zu trotzen?
Foto: René Ruprecht, HAGA | Die Werbebotschaft auf der Brotkruste: Mit dieser Aktion erregt das  Unternehmen HAGA aus Hofheim derzeit viel Aufmerksamkeit. Der richtige Weg um dem Fachkräftemangel zu trotzen?
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:03 Uhr

Der Fachkräftemangel ist eine Bedrohung für Wachstum und Wohlstand. So bewertet das Bundeswirtschaftsministerium die derzeitige Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Besonders stark betroffen sind auch Firmen aus der Metallindustrie, kleine und mittelständische Unternehmen im ländlichen Raum noch stärker als die Branchenriesen in den Ballungszentren.

Das bekommt derzeit auch ein Betrieb aus Hofheim im Haßbergkreis zu spüren. HAGA, ein Metallbauer mit rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an mehreren Standorten in Deutschland, sucht händeringend nach Fachkräften - und schlägt dabei einen eher unkonventionellen Weg ein: Das Unternehmen wirbt mit einer Stellenanzeige auf dem Brot einer Hofheimer Bäckerei um neues Personal. Eine Aktion, die derzeit viel Aufmerksamkeit erregt. Aber führt sie auch zum Ziel?

Stellen bleiben immer häufiger unbesetzt

Die Entwicklung, die hinter der Werbekampagne von HAGA steckt, ist nicht neu: Der Fachkräftemangel zwingt die betroffenen Branchen seit geraumer Zeit dazu, sich anzupassen. Sich stärker um gut ausgebildetes Personal zu bemühen, anstatt auf Bewerbungen potentieller Mitarbeiter zu warten. Georg Rumpel, kaufmännischer Geschäftsführer des Hofheimer Metallbauers, bekommt diese Trendwende immer deutlicher zu spüren. Trotz Pandemie. "Früher konnten wir uns die Bewerber aussuchen", sagt der 37-Jährige. "Das ist inzwischen anders." Heute fehlen dem Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - vor allem in der Montage. "Da waren es mal 120, heute sind es 65", so Rumpel. Ein Umstand, der sich inzwischen gar auf Unternehmensziele auswirke.

"Früher konnten wir uns die Bewerber aussuchen, das ist inzwischen anders."
Georg Rumpel, kaufmännischer Geschäftsführer HAGA Metallbau

Der Fenster-, Türen- und Fassadenspezialist sucht deshalb Personal für seine Niederlassungen in Römhild (Thüringen), Wackersdorf (Bayern) - und für Hofheim. 16 offene Stellen listet HAGA auf der unternehmenseigenen Homepage. Doch oft bleibe die Suche erfolglos, erklärt Rumpel. Um diesen Trend umzukehren, griff der Metallbauer deshalb zu seiner außergewöhnlichen Idee - und sicherte sich dabei die Unterstützung der Bäckerei Jung aus Hofheim. 

Werbebotschaft auf der Brotkruste verbreitet sich

Seit dem 15. Januar verkauft die in ihren Filialen in Haßfurt, Königsberg, Stadtlauringen, Sennfeld und Hofheim ihr sogenanntes "König Ludwig Brot" mit dem besonderen Schriftzug auf der Kruste: "HAGA sucht m/w/d". Durch eine Schablohne mit Mehl bestäubt, kommt die frisch gebackene Werbebotschaft nach rund 40 Minuten aus dem Ofen. Und bislang scheint die Kampagne erfolgreich, wie der Blick auf den Absatz zeigt: "Jeden Tag backen wir fast 300 Brote", sagt Bäckermeisterin Vanessa Jung. "Seit Beginn haben vor einer Woche wir immer alle verkauft."

Wenn der Metallbau-Unternehmer Brot bäckt: Georg Rumpel, HAGA-Geschäftsführer, bestäubt die Kruste mit dem Werbeschriftzug.
Foto: René Ruprecht, HAGA | Wenn der Metallbau-Unternehmer Brot bäckt: Georg Rumpel, HAGA-Geschäftsführer, bestäubt die Kruste mit dem Werbeschriftzug.

Noch drei weitere Wochen soll diese Aktion laufen. "Das Handwerk muss sich gegenseitig helfen", erklärt Jung. Doch ihr Einsatz kommt nicht von Ungefähr: Die Bäckereizunft treibt ähnliche Sorgen um wie die Branche der Metallbauer. "Natürlich können wir ebenso Fachkräfte und Nachwuchs gebrauchen", sagt Jung. Auch sie hofft, am Ende von der reichlich gerührten Werbetrommel zu profitieren. Bislang, sagt sie, seien die Rückmeldungen durchweg positiv.

IHK: Fachkräftemangel wird sich weiter verschärfen

Während die Aktion unter den Beteiligten also Optimismus weckt, ist man bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt beim Blick in die Zukunft zurückhaltender: "Der Wettbewerb um Fachkräfte und Talente ist härter denn je und wird sich noch weiter verschärfen", heißt es vonseiten des Wirtschaftsverbandes auf Nachfrage. 

"Der Wettbewerb um Fachkräfte und Talente ist härter denn je und wird sich noch weiter verschärfen."
IHK Würzburg-Schweinfurt

Einen groben Aus- und Überblick liefert der Fachkräftemonitor der IHK. Dieser weist für das Jahr 2022 einen Engpass von rund 11 000 Fachkräften in ganz Mainfranken aus. "In fünf Jahren werden es bereits über 30 000 sein", heißt es aus Würzburg weiter. Im industriellen Sektor, zu dem auch das Unternehmen HAGA aus Hofheim zählt, fehle es schon heute an Fachkräften in den Berufsgruppen "technische Entwicklung", "Konstruktion und Produktionsteuerung", "Maschinen- und Fahrzeugberufe", "Metallerzeugung- und -bearbeitung", "Metallbau" sowie in den Mechatronik-, Energie- und Elektroberufen. Konkrete Zahlen auf Landkreisebene führen weder die IHK in Würzburg, noch die Bundesagentur für Arbeit in Schweinfurt.

Demografischer Wandel trifft auch das Hofheimer Unternehmen

Dass die kommenden Jahre für seine Branche nicht entspannter werden, weiß auch HAGA-Geschäftsführer Georg Rumpel. Der Blick auf sein Personaltableau führt ihm die Auswirkungen des demographischen Wandels direkt vor Augen: "Wir verabschieden in der nächsten Dekade viele treue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die teils seit 20, 30 oder gar 40 Jahren bei uns sind", erklärt der Geschäftsführer. Löst die Werbekampagne nun also all die Personalsorgen der HAGA? "Nein", sagt Rumpel. Das glaube er nicht. "Aber die Menschen merken auf diese Weise, dass es unser Unternehmen gibt und was wir machen." Unter ihnen womöglich auch potentielle Auszubildende, so Rumpels Strategie. 

Der HAGA-Standort in Hofheim. Etwa Sieben Millionen Euro möchte das Unternehmen hier in eine neue Produktionshalle investieren.
Foto: Rainer Greubel, HAGA | Der HAGA-Standort in Hofheim. Etwa Sieben Millionen Euro möchte das Unternehmen hier in eine neue Produktionshalle investieren.

Die sind inzwischen ähnlich rar gesät wie erfahrene Fachkräfte. Auf dem Arbeitsmarkt ist ein erbitterter Wettbewerb um den Nachwuchs ausgebrochen. Doch in Georg Rumpels Augen ist die eigene Ausbildung von Fachkräften ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Baustein für den künftigen Erfolg seines Unternehmens. Mit Blick auf die große Konkurrenz in Schweinfurt, Coburg und Bamberg möchte er auf Kontinuität setzen: "Wir nehmen vor allem junge Leute in den Blick, die hier ansässig sind. Die verbunden sind mit der Heimat und nicht alle Jahre den Wohnort und damit den Job wechseln wollen."

Vier Bewerbungen auf dem Schreitisch

Auch die IHK Würzburg-Schweinfurt sieht in der Ausbildung den besten Weg, um dem personellen Engpass zu entkommen. "58 Prozent der regionalen Firmen möchten hier künftig noch aktiver werden", heißt es auf Nachfrage. Von einer nötigen "Transformation der Arbeitswelt" ist zudem die Rede. Dies umfasse etwa flexiblere Arbeitszeiten, eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf oder den Ausbau der digitalen Infrastruktur sowie der digitalen Kompetenzen der Mitarbeiter. Ohne ein Umdenken in den eigenen Reihen kein Wandel, so das Fazit.

Ein Ansatz, den HAGA-Geschäftsführer Rumpel unterstützt. Er ist mit dem Start seiner kuriosen Kampagne bislang zufrieden. Und: Innerhalb weniger Tage seien vier Bewerbungen auf seinem Schreibtisch gelandet. "Ob das mit der Aktion zusammenhängt, werden wir in den folgenden Gesprächen in Erfahrung bringen." Das Unternehmen will weiter in seinen Hofheimer Standort investieren. Etwa sieben Millionen Euro möchte HAGA in eine neue Produktionshalle in Hofheim stecken, sagt Rumpel. Auch das sieht der Chef als Chance.

 
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  • Oldtimer51
    wie bei vielen Firmen, zahlen zu wenig Firmenchefs fahren dicke Autos, Haben mehrere Mietshäuser zahlen Hungerlöhne, ich ware 38 jahre KfzMechaniker bin dann in die Industrie gwechselt 1000DM sofort mehr und nicht jeden Tag 3-4 Uberstunden
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  • Michael Fischer
    Lieber studieren als sich die Hände dreckig machen. Solange dies die Eltern unterstützen wird sich daran nichts ändern. Ende der Siebziger war es mit Lehrstellen ganz schlimm. Aber lieber lernte ich einen Handwerksberuf als weiter zur Schule zu gehen.
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  • Hoegenbachtal
    Solange es "in" ist, zu studieren, nicht etwa zielgerichtet, sondern "irgendwas mit sozial", "irgendwas mit Medien", wird es in dieser Gesellschaft abwärts gehen. Wer sitzt denn in den "sogenannten" Volksvertretungen? Kreißsaal - Hörsaal - Plenarsaal, das ist doch der normale Weg. Um große Reden zu schwingen, aber sonst nichts Handfestes auf die Reihe zu kriegen! Ein Freund von mir, Uni-Dozent, sagt, was er für Studienanfänger und Studenten hat, ist nicht zu beschreiben. Ich habe in der 5. Klasse gewusst, dass ich Englischlehrer werde, zwei andere Sprachen kamen dann wie von selbst noch dazu. Das war wirklich mein "Traumberuf", und ich war traurig, als ich in den sogenannten "Ruhestand" musste. Immerhin konnte ich noch ein Jahr Krankheitsvertretung dranhängen. Mein Ältester ist mit Begeisterung Handwerker, der andere mit Begeisterung Student. Mein Vater war begeisterter Landwirt, mein Onkel begeisterter Zimmermann. Abi-Jahrgänge mit mehr als der Hälfte Eins-Komma? Was ist das wert?
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  • fabian.roesser@gmx.de
    Vor Jahren hatten es viele Firmen, die jetzt ständig Stellenanzeigen schalten, es nicht einmal für nötig befunden sich auf Bewerbungen zurückzumelden
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