"Deutschland spricht über 5G", schreibt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr auf seiner Website. Und auch, dass bis 2030 Nutzerinnen und Nutzer den neuesten Mobilfunkstandard überall dort haben sollten, "wo sie leben, arbeiten und unterwegs sind". Auch in Fabrikschleichach sprechen die Bürgerinnen und Bürger über 5G. Vor Ort regt sich Widerstand.
Bei einer Versammlung in der Alten Schule wurden kürzlich Sinn und Vorgehensweise des Baus eines neuen Mobilfunkmastes für 5G hinterfragt – sowie die hohen Kosten und die Umweltbelastung. Ebenso bemängelten die Anwesenden das ungenügende Mitspracherecht bei der Festlegung der Funkmaststandorte.
50 der 122 Bewohnerinnen und Bewohner des Ortes fanden sich am Montagabend zusammen, um gemeinsam mit Bürgermeister Matthias Bäuerlein (FW) und einem bekennenden Gegner der 5G-Mobilfunktechnik, Professor Klaus Buchner, die Sachlage zu diskutieren.
Offene Fragen bei 5G
Buchner ist Physiker, Universitätsprofessor, stand viele Jahre der ÖDP vor und war sechs Jahre lang Mitglied des Europäischen Parlaments. Er ist der Ansicht, dass Mobilfunkstrahlen der Gesundheit schaden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) geht auf seiner Internetseite "nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand nicht von negativen gesundheitlichen Auswirkungen aus, sieht aber auch noch offene Fragen".
Die Aussagen von Buchner sind auch umstritten. So hatte der damalige Europapolitiker während der Corona-Pandemie die Behauptung verbreitet, 5G beeinträchtige das Immunsystem und fördere die Verbreitung des Virus. Das hatte der Bayerische Rundfunk im Jahr 2020 berichtet und einen Zellbiologen zitiert, der diese Aussage als "Quatsch" bezeichnete.
Gerne hätte das Initiatorenteam der Veranstaltung, Ellen Schindler und Ulrich Mergner, auch einen Vertreter des zukünftigen Mobilfunkbetreibers begrüßt, doch diese, so Bäuerlein, hätten ihm keine Zusage erteilt.
Der Bürgermeister beschrieb den Stand der Dinge: im April sei der Gemeinde mitgeteilt worden, dass das Bauvorhaben "Mobilfunkmast" in Fabrikschleichach bestehe. Aufgabe der Gemeinde sei es, die baurechtliche Seite zu prüfen. Diese sei nicht zu beanstanden, daher werde er eine positive Beschlussvorlage formulieren und zur Abstimmung vorlegen, erklärte der Bürgermeister. Bäuerlein kündigte an, seinem eigenen Vorschlag zuzustimmen.
Kritik gibt es wegen des geplanten Standortes
Der neue Mobilfunkmast soll außerhalb des Ortsrandes von Fabrikschleichach errichtet werden. An einer Stelle, die von vielen Anwohnerinnen und Anwohnern gerne zum Spaziergang genutzt wird. Dort gibt es auch eine Aussichtsbank. Zur Frage, ob es tatsächlich sein müsse, dass ein dermaßen markanter Standort genutzt wird, erwiderte Bäuerlein, dass "Verschandeln eines Ortsbildes" gemäß der aktuellen Gesetzeslage nicht als Hinderungsgrund anerkannt wird.
Dann kam die Frage auf, ob die Betreiber nicht den bestehenden Turm zwischen Karbach und Fabrikschleichach ertüchtigen könnten, statt einen neuen Turm zu bauen. Doch auch dies scheint nicht möglich zu sein. Bereits vor drei Jahren sei bei der Platzierung des Turms ein Fehler unterlaufen. Zur Erklärung: Zwar steht er zwischen den beiden Ortschaften und versorgt Karbach mit Mobilfunk – Fabrikschleichach allerdings nicht komplett.
Buchner malte in seinem Vortrag ein düsteres Bild, äußerte seine schon seit Jahren bekannten Bedenken. Laut ihm steht die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen auf dem Spiel. Außerdem seien die Kosten für das Projekt sowie der Energieverbrauch ungeheuerlich und der Mehrwert fragwürdig.
Initiator Ulrich Mergner stieß in die gleiche Kerbe. Er fragte sich, ob es nicht auch erstrebenswert sein könne, strahlenfreie Zonen zu erhalten. Beispielsweise als Rückzugsort für Menschen, die unter Elektrosensibilität leiden. Bestätigung fand er bei einer Zuhörerin, die laut eigener Aussage von dieser Krankheit betroffen ist und dadurch große Probleme hat.
Die Zweifel, ob die Kosten – von 300.000 Euro war die Rede – tatsächlich sinnvoll angelegt sind, fanden unter den Besucherinnen und Besuchern große Zustimmung. Auch die Mobilfunkbetreiber, erklärte Bäuerlein, sprächen von einer Unwirtschaftlichkeit des Vorhabens. "Gebt uns doch das Geld und lasst den Turm fort", schlug Anwohner Fritz Gocht vor. "Wir wüssten Besseres damit anzufangen."
Ortssprecher Patrick Simon fasste am Ende der Veranstaltung im Gespräch mit der Redaktion seinen Eindruck zusammen. Bedauerlich sei, dass die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen gestellt werde und nicht in die Entscheidungsfindung des Standortes eingebunden sei. Auch wäre der Sinn des Vorhabens nicht im Ort angekommen. Die gesundheitlichen Bedenken habe er vernommen, sehe diese aber als nicht sonderlich relevant an. Bleibt laut Simon die Frage offen, warum der bestehende Turm zwischen Karbach und Fabrikschleichach nicht ausreicht– und ob man diesen nicht für 5G im gesamten Bereich Fabrikschleichach ertüchtigen könnte.
Bürgermeister Bäuerlein bedauerte, dass seitens des Mobilfunkbetreibers kein Vertreter zu der Informationsveranstaltung anwesend war, weil dies zu einem transparenteren Gesamtbild hätte führen können. Bäuerlein könnte es sich vorstellen, eine weitere Informationsveranstaltung abzuhalten, bei welcher ein Vertreter des Mobilfunkbetreibers seine Positionen darstellt.
Mergner ist gegen den neuen Mobilfunkmast
Mergner möchte auch in Zukunft nichts unversucht lassen: "Gemeinsam mit meiner Frau werden wir als Vertreter der zahlreichen Gegner des Projekts alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Bau des Mobilfunkmastes zu verhindern. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass der Erholungswert der Dorfflur erhalten bleibt und es auch noch strahlungsfreie Räume in unserer Landschaft gibt."