
Im Steigerwald mischen sich unter die Wahlwerbung der etablierten Parteien vor der Bundestagswahl Plakate, die im hiesigen Wahlkreis schwerpunktmäßig wohl nur dort zu finden sind. Auf dunkelblauem Grund prangt in der oberen Hälfte ein pinkes und in der unteren Hälfte ein hellblaues Rechteck: "Weniger EU, mehr Europa", "Vernunft statt Ideologie" oder "Wohlstand statt Absturz" ist darauf zu lesen. Hier wirbt das Bündnis Deutschland für sich. Eine relativ junge Partei, die sich 2022 gegründet hat.
Sie wird von der Bundeszentrale für politische Bildung als rechtskonservativ und wirtschaftsliberal beschrieben und in der Parteienlandschaft zwischen Union und AfD verortet. "Wir sind eigentlich eher eine Mischung zwischen Freien Wählern und CDU/CSU", meint Michael Kaiser dazu. "Gleichzeitig sind wir in vielen Punkten mit der AfD d'accord. Aber deren radikale Kräfte wollen wir nicht." In Sachen Migration müsse dringend etwas getan werden. "Die Nähe der AfD zu Russland lehne ich konsequent ab", ergänzt er.
Kritik an Neuwahl-Regel und Wahlrecht
Kaiser ist der hiesige Direktkandidat des Bündnis Deutschland. Er lebt in Koppenwind, einem Ortsteil der Gemeinde Rauhenebrach im Landkreis Haßberge. Bei der Bundestagswahl 2021 war er als parteiloser Kandidat angetreten und hätte es dieses Mal wohl auch wieder so gemacht, wäre da nicht der vorgezogene Wahltermin gewesen. 200 Unterschriften hätte er benötigt, um als Parteiloser antreten zu dürfen. In der kurzen Zeit, gerade im Winter, sei das nicht möglich. Dass die nötige Zahl an Unterschriften nicht abgesenkt wurde, findet Kaiser, klar formuliert, "eine Sauerei".
Und überhaupt: "Das neue Wahlrecht, das die Ampel beschlossen hat, ist an Unverschämtheit nicht zu überbieten", legt er nach. "Ein Einzelbewerber, der den Wahlkreis gewinnt, kommt in den Bundestag." Was umgekehrt nicht für die Direktkandidatinnen und -kandidaten der Parteien gelte, die nicht über fünf Prozent kommen oder keine drei Direktmandate erringen.
"Wenn man wirklich die Zahl der Mandate verringern wollen würde, sollte man die Wahlkreise vergrößern oder besser das Wahlrecht anwenden, das für die Einzelbewerber gilt, sobald sie den Wahlkreis gewinnen – nämlich die Streichung der Zweitstimmen bei den abgegebenen Stimmzetteln für den siegreichen Bewerber im Wahlkreis", meint Kaiser.
Kaiser will Familien und Kinder fördern
Abseits solcher struktureller Rahmenbedingungen – dem 35-Jährigen ist es, wie bereits bei der letzten Bundestagswahl, ein Anliegen, das Bundesgebiet neuzugliedern, sprich die Anzahl der Bundesländer zu verringern, um den Staat zu verschlanken und so Kosten zu sparen – ist Kaiser unter anderem die Familienpolitik wichtig. "Familien müssen gefördert werden, wir brauchen wieder mehr Kinder", sagt er. "Und wir müssen die Kinder fördern, in kleineren Klassen und individuell."
Um Familien gezielt zu fördern, befürwortet der 35-Jährige zum Beispiel ein Familiensplitting anstelle des Ehegattensplittings bei der Steuer. "Die Partei ist da glaube ich anderer Meinung, aber ich bin dafür, dass pro Kind eine gewisse Steuerlast nachgelassen wird. Dass man nach dem vierten Kind überhaupt keine Einkommenssteuer mehr bezahlen muss, aber dafür anteilig das Kindergeld entfällt."
Ein weiterer Vorschlag in puncto Steuern: Das Bündnis Deutschland macht sich für eine einheitliche Umsatzsteuer von 16 Prozent stark und plädiert zudem dafür, Grundnahrungsmittel und Babynahrung mit nur drei Prozent zu besteuern. "Die Sozial- und Steuerabgaben wollen wir für die arbeitende Bevölkerung auf 35 Prozent deckeln", nennt Kaiser einen weiteren Programmpunkt. "Es kann ja nicht sein, dass Menschen, die arbeiten, so geschröpft werden. Es muss auch was übrig bleiben am Ende."
Keine Graben- oder Ideologiekämpfe
Nicht in allen Punkten bewegt sich der Kandidat aus Koppenwind auf Linie seiner Partei, etwa in Sachen Mindestlohn, den er eigentlich befürwortet, was Kaiser aber auch freiheraus zugibt. "Meine Partei ist sehr wirtschaftsliberal, aber ich habe eben auch eine sehr soziale Ader." Insgesamt hat der 35-Jährige mit dem Bündnis Deutschland dennoch eine Gruppierung gefunden, deren Programm er gut finde und die er auch schon länger im Visier gehabt habe.
"Wir wollen das Beste für das Land herausholen", fasst der Direktkandidat zusammen. "Wir wollen was machen, wir wollen was umsetzen. Und wir wollen keine Graben- oder Ideologiekämpfe führen." Nachdem Christopher Klunker von der AfD nicht antreten darf, da die Partei die Meldefrist nicht eingehalten hat, fragt sich Kaiser, was das für sein Wahlergebnis bedeutet. "Der einzige rechtskonservative Kandidat auf dem Wahlzettel bin nun ich."