
Immer mehr scheint sich bei Politikerinnen und Politikern der Gedanke durchzusetzen, dass man die klassischen Medien nicht mehr braucht, um Aussagen in die Welt zu tragen. US-Präsident Donald Trump kommuniziert lieber über sein Netzwerk "Truth Social". Deutsche Politik-Größen nutzen gerne "X" (vormals Twitter), um ihre Meinung zu bestimmten Themen öffentlich zu machen. Und auch Knetzgaus Bürgermeister Stefan Paulus (SPD/CWG) scheint mittlerweile lieber auf das Internet zu setzen, wenn er sich äußern will.
Mehrere Versuche der Kontaktaufnahme
Seit Donnerstag hat diese Redaktion mehrfach versucht, ihn zu erreichen, nachdem große Teile des Knetzgauer Gemeinderates seinen Rücktritt gefordert haben. Mehrere Anfragen täglich. Per Telefon, per E-Mail. Am Donnerstag, am Freitag, am Montag. Mit geringem Erfolg: Ans Telefon geht Paulus nicht und per E-Mail kam zunächst nur eine kurze Antwort, die auf einen Großteil der gestellten Fragen gar nicht einging.
Eine ausführlichere Pressemitteilung erhielt diese Redaktion erst am Montagnachmittag – mehr als 24 Stunden nachdem die Gemeindeverwaltung diese bereits im gleichen Wortlaut online veröffentlicht hatte – und damit rund zwei Stunden, nachdem diese Redaktion bereits auf mainpost.de über den Inhalt des Schreibens berichtet hatte.
Erschienen war Paulus' Stellungnahme zur Rücktrittsforderung zuerst auf heimat-info.de – einer Internet-Plattform, die es Gemeinden eigentlich vor allem ermöglichen soll, Termine, Ausschreibungen und andere Dinge zu veröffentlichen.
Ein Versuch, die journalistische Einordnung zu umgehen?
Natürlich bietet eine solche Internetseite einer Gemeinde einen entscheidenden Vorteil im Gegensatz zu Pressemitteilungen oder dem Gespräch mit einer Reporterin oder einem Reporter: Man hat die volle Kontrolle über den Wortlaut der Veröffentlichung. Was man selbst postet, geht nicht noch einmal durch die Finger von Journalistinnen und Journalisten, die kritische Nachfragen stellen, die Äußerungen einordnen und auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen. Man kann selbst entscheiden, wozu man sich äußert und welche Punkte man unkommentiert unter den Tisch fallen lässt, in der Hoffnung, dass es niemandem auffällt.
Wenn ein Bürgermeister auf diese Art kommuniziert, sollte er sich dann aber nicht darüber beschweren, wenn in den Medien die Gegenseite mit ihren Kritikpunkten zitiert wird, während niemand für ihn Partei ergreift.
Kritische Fragen sind kein Angriff
"Wir nehmen die derzeitige Berichterstattung in den Medien mit Bedauern zur Kenntnis", heißt es in einem Post der Gemeinde auf heimat-info.de vom Freitag. Dabei hätte Stefan Paulus ja die Möglichkeit gehabt, in der Berichterstattung deutlich besser wegzukommen, wenn er auf Anfragen reagiert und sich selbst verteidigt hätte. Ein Reporter kann eben nur diejenigen zitieren, die mit ihm sprechen – so einfach ist das.
Doch offenbar macht der Knetzgauer Bürgermeister einen häufigen Fehler: Er sieht kritische Fragen als Angriff. Vielmehr sollte er diese als Chance verstehen. Denn die Kritik gegen ihn gibt es. Und seine Kritikerinnen und Kritiker werden dafür sorgen, dass sie sich verbreitet. Der Reporter, der ihn damit konfrontiert, gibt ihm die Möglichkeit, öffentlichkeitswirksam darauf zu antworten. Was ein Bürgermeister aus dieser Chance macht, liegt in seinen eigenen Händen.