Kindergewusel, angeregte Unterhaltungen, gut gelaunte Menschen, Bratwurstduft, leckere Kuchen und Torten - wie eine riesige Familienfeier wirkt das bunte Treiben auf dem Gelände hinter dem Aidhäuser Sportheim. Die Großfamilie der Läufer samt Fans hat sich zum dritten „Ottmar-Schneider-Gedächtnislauf“ eingefunden.
Angereist sind die rund 200 Teilnehmer nicht nur aus den Nachbarorten und den angrenzenden Landkreisen. Sogar aus Rosenheim und Hoyerswerda sind Läufer dabei. Mitten unter all den Menschen ist Familie Günther mit der vierjährigen Milena. Das kleine Mädchen ist für viele der Anlass, sich auf den Weg nach Aidhausen zu machen. Denn die Startgelder für den Benefizlauf kommen über die Stiftung „KinderHerz“ herzkranken Kindern zugute. Und dazu zählt auch Milena Günther. Sie leidet unter einem angeborenen Herzfehler und wartet auf ein Spenderherz (wir berichteten). „Wir sind total aufgeregt“, gesteht ihre Mutter Katja. Der Zuspruch der vielen Menschen tue einfach gut und gebe ihnen neue Kraft während der zermürbenden Wartezeit.
Hinderliche Windeln
Mit großen Augen verfolgt Milena vom Kinderwagen aus den Bambinilauf. Die Familienclans spornen ihre jüngsten Sprösslinge an: „Durchhalten! Du schaffst das!“ Tapfer kämpfen sich die Nachwuchsläufer ins Ziel. Manchem Zwei- bis Dreijährigen kostet die hinderliche Windel sicherlich wertvolle Sekunden.
Dann ertönt die Hupe für die Gruppe der Schüler zwischen sieben und 14 Jahren. Das Feld bleibt über den einen Kilometer Laufstrecke eng zusammen. Nur wenige Sekunden trennen die Läufer beim Einlauf ins Ziel. Aus einer sportbegeisterten Familie kommt Emma Zimmermann, die bei den Mädchen den Sieg erringt. Ihre Schwester Larissa ist beim Zehn-Kilometer-Lauf erfolgreich und belegt dort den zweiten Platz. Auch wenn ihr Vater Gerald nur sieben Sekunden länger braucht, reicht es für ihn nur auf Platz 15 bei den Männern.
Tochter schneller als der Vater
Bei Familie Sapper aus Lendershausen ist die Tochter ebenfalls erfolgreicher als der Vater. Knapp verfehlt der Lendershäuser Pfarrer Sieghard Sapper das Siegerpodest. Mit 41:49 Minuten auf der Zehn-Kilometer-Strecke landet er auf Platz vier. Seine Tochter Carolin bringen 29:32 Minuten auf der 5,9 Kilometerstrecke auf den ersten Platz.
Eine sportliche Familie sind auch die Müllers aus Birnfeld. Mutter Bettina ist mit Walkingstöcken dabei, Vater Michael, Sohn Julian und dessen Freundin Lisa Heinrichs nehmen die zehn Kilometer unter die Füße. „Wir sind alle zwei bis drei Wochen auf Wettkämpfen unterwegs“. Zum Benefizlauf lockt die trainierten Läufer mit Aidhäuser Wurzeln der gute Zweck. „Wir wollen Milena und ihre Familie unterstützen.“ Der Lohn für die gute Tat ist für Lisa Heinrichs der erste und für Julian Müller der zweite Platz auf dem Siegerpodest.
Auch wenn sie keine verwandtschaftlichen Bande verbinden, fühlt sich die Truppe trainierter Herren doch wie eine große Familie. Sie treffen sich immer wieder auf Läufen und Marathons. Einer von ihnen ist Günter Straub aus Herschfeld. Der 70-Jährige absolviert in Aidhausen seinen 40. Lauf in diesem Jahr. Erst vergangenen Sonntag lief er zusammen mit Athleten aus über 100 Nationen beim Frankfurt-Marathon mit. „Der ist total fit und läuft uns 50-Jährigen locker davon“, scherzen seine Kollegen.
Heiße Sambarhythmen von „Bateria Caliente“ mobilisieren auf der Zielgeraden die letzten Reserven der Läufer. Mit Anfeuerungsrufen der Zuschauer wird schließlich jeder ins Ziel begleitet. Dazu gehört auch Fabian Blümmert von den „Figherfighter Königsberg“. Der Feuerwehrmann ist, wie bereits bei vielen anderen Benefizläufen, in voller Atemschutzmontur auf der Zehn-Kilometer-Strecke dabei.
Bürgermeister lässt sich Zeit
Während Berthold Bedenk vom Verein „Zeiler Weinbergschnecken“ sich zum dritten Mal in Folge den ersten Platz auf der Strecke von 5,7 Kilometern erlief, ließ sich Bürgermeister Dieter Möhring doppelt solange Zeit. Aber als Gemeindeoberhaupt ist man eben immer im Dienst. Und so nutzte Möhring sicherlich die 51:57 Minuten, um bei seinem Lauf den Zustand der Wege zu inspizieren.
Auch beim Zehn-Kilometer-Lauf landete kein Unbekannter ganz oben auf dem Siegerpodest. Christoph Merz vom PTSV Rosenheim errang mit 38:02 Minuten zum zweiten Mal Platz eins.
Thomas Wagenhäuser und Christian Günther vom TSV Aidhausen strahlen. „Klar ist es viel Arbeit, den Lauf zu organisieren“, sagt Wagenhäuser. Aber der Zuspruch und die vielen positiven Rückmeldungen machen die Anstrengungen wieder wett. Besonders freuen sich die Organisatoren über die vielen Freiwilligen, die ihre Hilfe ohne Nachfrage angeboten haben. Und auch nach Kuchenspendern musste man nicht suchen. Mehrere Firmen unterstützen den Lauf mit Sachspenden, wie Verpflegung, Medaillen, Pokale und Preise für die Teilnehmer. Und die Helfer vom Roten Kreuz und der Feuerwehr haben ein wachsames Auge auf das Geschehen.
Unter den Zuschauern beobachtet Martin Schneider begeistert das Sportereignis. „Mein Vater hat viel für den Verein gemacht.“ Mit dem Ottmar-Schneider-Gedächtnislauf drücke der TSV Aidhausen seine Wertschätzung für die Leistungen seines Vaters aus, „und ich kann stolz an ihn zurückdenken.“ Dass das sportliche Ereignis zugleich einem guten Zweck dient, gefällt Schneider ganz besonders. „Was man unterstützt ist nicht in weiter Ferne, sondern greifbar.“ Man erlebe mit Milena vor Ort die Probleme von Familien mit herzkranken Kindern.
„Etwa 19 Babys pro Tag kommen in Deutschland mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt“, sagte Sylvia Paul, die die Stiftung KinderHerz vor Ort vertrat. Ziel der Stiftung sei es, die Lebenschancen und die Lebensqualität von Herzkindern zu verbessern, und zwar sowohl mit angeborenen als auch mit erworbenen Herzfehlern.
Die Forschung unterstützen
Mit finanziellen Mitteln unterstützt die Stiftung innovative Forschungsobjekte an Kinderherz-Kompetenzzentren. „Wir wollen erreichen, dass Kinder mit angeborenem Herzfehler unbeschwert aufwachsen und ihre Träume verwirklichen können - in einem Alltag ohne Ängste und Sorgen.“
Katja Günther stimmt ihr zu: „Es ist unsere Riesenhoffnung, dass die Forschung vorangeht. Wir sind darauf angewiesen.“
Die Sieger
Die Sieger beim Ottmar-Schneider-Gedächtnislauf
Schüler (7 bis 14 Jahre), weiblich: 1. Emma Zimmermann (5:50 Minuten), 2. Felicia Hau (5:56 Minuten), 3. Jule Friedrich (5:59 Minuten).
Schüler (7 bis 14 Jahre), männlich: 1. Jonas Bock (4:47 Minuten), 2. Jan Weichselfelder (4:56 Minuten), 3. Jonathan Reuter und Mellon Straub (je 4:58 Minuten).
5,9 Kilometer, weiblich: 1. Carolin Sapper (29:32 Minuten), 2. Tina Stühler (33:37 Minuten), 3. Nicole Büttner (35:24 Minuten).
5,9 Kilometer, männlich: 1. Berthold Bedenk (22:57 Minuten), 2. Robert Lüderitz (23:56 Minuten), 3. Ingo Buchwald (29:39 Minuten).
Zehn Kilometer, weiblich: 1. Lisa Heinrichs (44:12 Minuten), 2. Larissa Zimmermann (48:42 Minuten), 3. Barbara Göpfert (49,18 Minuten).
Zehn Kilometer, männlich: 1. Christoph Merz (38:03 Minuten), 2. Julian Müller (38:45 Minuten), 3. Maximilian Frank (40:00 Minuten).