zurück
Gleusdorf
Landratsamt ordnet Verlegung an: Senioren müssen Heim in Gleusdorf verlassen
Alle 42 Bewohner von Schloss Gleusdorf im Landkreis Haßberge sind betroffen: Weil die Versorgung nicht mehr gesichert war, wurden sie vom BRK in andere Einrichtungen gebracht.
Die Transporter des Bayerischen Roten Kreuzes Haßberge warten vor der Einrichtung im Schloss Gleusdorf auf die Seniorinnen und Senioren.
Foto: Lukas Reinhardt | Die Transporter des Bayerischen Roten Kreuzes Haßberge warten vor der Einrichtung im Schloss Gleusdorf auf die Seniorinnen und Senioren.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:19 Uhr

Am frühen Donnerstagnachmittag müssen die erste Bewohnerin und der erste Bewohner ihr Zuhause, die Seniorenresidenz im Schloss Gleusdorf (Lkr. Haßberge), verlassen. Sie mit dem Rollator, er im Rollstuhl. Während die beiden behutsam in den Transporter gehoben werden, der sie in ihre neue Unterkunft bringen soll, tragen Helfer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) das Gepäck zum Fahrzeug. Die Kleidung in blauen Plastiktüten, den Flachbildfernseher unterm Arm. 

42 Seniorinnen und Senioren müssen Einrichtung verlassen

Die beiden Senioren sind nicht die einzigen Betroffenen, denen ein unfreiwilliger Umzug bevorsteht. Alle Bewohnerinnen und Bewohner – nach Angaben des Landratsamtes Haßberge 42 insgesamt – müssen am Donnerstagnachmittag das "Haus im Park" verlassen. Sie werden auf verschiedene Einrichtungen in der Region verteilt: in den Landkreisen Würzburg, Schweinfurt, Coburg, Bamberg. Eine Rückkehr ist offen.

Der Grund für die Verlegung: Der neue Träger der Senioreneinrichtung verfügte zuletzt offenbar nicht mehr über das nötige Personal, um den Normalbetrieb gewährleisten zu können. Am Montag, so heißt es aus dem Landratsamt, habe die zuständige Aufsichtsbehörde davon Kenntnis erlangt – und dem Betreiber der Einrichtung deshalb eine Frist bis Mittwoch gesetzt, um geeignete Mitarbeiter zu finden. Von 15 Vollzeit-Pflegekräften, die laut Landratsamt im Seniorenheim beschäftigt sind, seien am Dienstag noch drei vor Ort gewesen. Zu wenig, um die Pflege und Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner sicherzustellen.

Das Hab und Gut in Plastiktüten: Die Helferinnen und Helfer bringen Kleidung der Bewohnerinnen und Bewohner in die Transporter.
Foto: Lukas Reinhardt | Das Hab und Gut in Plastiktüten: Die Helferinnen und Helfer bringen Kleidung der Bewohnerinnen und Bewohner in die Transporter.

Landratsamt zieht Notbremse: Betreuung und Pflege nicht mehr gewährleistet

Seit Dienstagabend war deshalb das BRK Haßberge vor Ort im Einsatz. Es übernahm vorübergehend die Notbetreuung. Nachdem am Mittwochabend die vom Landratsamt gesetzte Frist verstrichen war, zog die Behörde die Notbremse und traf die für die Bewohnerinnen und Bewohner folgenschwere Entscheidung: die Evakuierung der Seniorenresidenz.

Mit zehn Fahrzeugen stehen die Helferinnen und Helfer des BRK Haßberge am Donnerstagnachmittag auf dem Parkplatz vor dem Schloss in Gleusdorf bereit, darunter sechs Transporter des Fahrdienstes und drei Krankentransporte für die besonders schweren Fälle. Insgesamt, teilt das Landratsamt mit, sind seit Dienstag rund 70 Kräfte des BRK im Einsatz. 

Was ist der Grund für die enge Personaldecke?

44 Personen waren laut Landratsamt Haßberge zuletzt insgesamt im Seniorenheim beschäftigt. Wie es zu dem Engpass in der Pflege kommen konnte, ist weiterhin unklar. Klar aber ist, dass vor rund einer Woche ein neuer Träger die Führung des Seniorenheims übernommen hat. 

Kräfte des BRK Haßberge helfen den Bewohnerinnen und Bewohnern in die bereitstehenden Transporter, die sie zur neuen Unterkunft bringen sollen.
Foto: Lukas Reinhardt | Kräfte des BRK Haßberge helfen den Bewohnerinnen und Bewohnern in die bereitstehenden Transporter, die sie zur neuen Unterkunft bringen sollen.

Der bisherige Betreiber, MCC Deutschland, gab dies am 6. August in einer Pressemitteilung bekannt. Demnach sei die Trägerschaft des Haus im Park in Untermerzbach "an die Eigentümer der Immobilie übertragen“ worden, so die Mitteilung des Unternehmens. Wer dieser Eigentümer ist und damit der neue Träger des Seniorenheims, geht daraus nicht hervor. Auch im Landratsamt ist man auf Nachfragen zurückhaltend: Aus Datenschutzgründen sei eine Auskunft zumindest vorerst nicht möglich.

MCC Deutschland hatte 2019 das Seniorenheim und damit auch die Belegschaft übernommen. In der Pressemitteilung, die jetzt die Abgabe der Trägerschaft bekannt gab, heißt es mit Blick auf die Zukunft des Hauses: Man sei sich "sicher, dass die neue Konstellation dem Team jetzt Möglichkeiten zu einer langfristig erfolgreichen Tätigkeit zum Wohle der Bewohner und Mitarbeiter gewährleisten kann".

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gleusdorf
Lukas Reinhardt
Aufsichtsbehörden
Einrichtungen und Organisationen für Senioren
Evakuierungen
Firmenmitarbeiter
Senioren
Seniorenheime
Seniorenresidenzen
Unternehmen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • J. G.
    Immer da, wo sich die öffentliche Hand aus der Trägerschaft zurückzieht bzw. aus der Verantwortung stiehlt, geht das oft schief. Man muss schon sehr sorgsam auswählen, wer solche Einrichtungen übernehmen darf. Bei privaten Trägern sind die Bezahlung und das Arbeitsklima auch oftmals schlechter, weshalb das Personal sich woanders eine Stelle sucht. Nur bei dem, was die Bewohnern zahlen müssen, da sind ganz stark. Das gilt auch für viele andere Bereiche im öffentlichen Dienst, die privatisiert wurden, wie z. B. Bahn, Post. Hier wurde der Service nach der Privatisierung schlechter.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. W.
    Da haben wir samst unserer politischen Führungsriege ja perfekt darauf hingearbeitet, daß nunmehr unsere Alten wie eine anonyme und rechtlose Verfügungsmasse hin und her geschubst werden.
    Ist schon abartig, zu sehen, wie die Menschen Dank jahrzehntelanger Gewinnmaximierung auf der Strecke bleiben.

    So was ist nicht christich, und auch nicht sozial, massiv an den rechtlichen Vorgaben vorbei und eigentlich nur zu verstehen, wenn man den Reibach im Fokus hat und notfalls auch über Leichen geht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. N.
    Ist das nicht die Seniorenresidenz, dessen Führung 2016 wegen "unnötiger Todesfälle" durch Vernachlässigung vor Gericht landete?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. H.
    ja.....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. G.
    Pflege gehört in die öffentliche Hand und die Obhut der freien Wohlfahrtspflege - und nicht in die Krallen privater Konzerne und Betreiber zum Zwecks der Gewinnmaximierung, ohne Tarifbindung, etc.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. M.
    Dass die Betreiber eines Seniorenheims mit 42 Plätzen „aus Datenschutzgründen“ nicht genannt werden können, halte ich für ein Gerücht. Bleibt da mal dran!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. A.
    Solange Investoren in der Pflege das sagen haben wollen, ohne Fach- und Sachkompetenz, solange werden wir diese Berichte lesen müssen. Als Handwerker hast du Meisterpflicht, in der Altenpflege kann jeder Lurz mit Geld eine Einrichtung betreiben, bis die Behörden auf die Missstände aufmerksam werden. Dann gibts ne Blödelesinsolvenz, wo die Schwachen und der Steuerzahler wieder verliert und das Spiel geht von neuem los.
    Eine Scheissabsahngesellschaft hat sich da gebildet, obendrauf noch gedeckelt von geltendem Recht . Moralisch jedoch äußerst verwerflich. Hier muss die Politik demonstrativ handeln!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. R.
    Jetzt werden die armen alten Menschen auch noch hin und her geschupst!!Wie schrecklich!Haben die, und auch später wir so was verdient?? Im Knast hätten wir es warscheinlich besser ! Wir brauchen ordentliche und gute Pflege! Ohne die Konzerne die absahnen.Sind die Arbeitsbedingungen unmenschlich,kann die Pflege auch nicht menschlich sein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten