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Sand am Main
Kundgebung des DGB zum 1. Mai im Landkreis Haßberge: Wo viel Engagement auf wenig Gegeninteresse stößt
Zu der Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Sand kamen nur 20 Zuhörende. Warum die Aktiven vor Ort dennoch nicht klein beigeben.
Bei der Maikundgebung 2024 im Landkreis Haßberge (von links): Thomas Dietzel, Manfred Landig, Anne Salzbrenner, Helmut Buld, Michael Saalbach und Paul Hümmer.
Foto: Wolfgang Aull | Bei der Maikundgebung 2024 im Landkreis Haßberge (von links): Thomas Dietzel, Manfred Landig, Anne Salzbrenner, Helmut Buld, Michael Saalbach und Paul Hümmer.
Wolfgang Aull
 |  aktualisiert: 06.05.2024 02:38 Uhr

Es wird nur wenige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben, denen der Slogan "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit" nicht aus dem Herzen spricht. Und doch erfährt der Bund, der ihn ausspricht und sich für diese Ziele einsetzt, nur bedingte Solidarität. So geschehen auch wieder bei der Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Sand am 1. Mai. Was jedoch die Veranstaltenden nicht daran hindert, unermüdlich am Ball zu bleiben. "Weil es so wichtig ist", wie der stellvertretende Kreisvorsitzende Helmut Buld es formuliert.

Von verringerter Arbeitszeit bis zum Mindestlohn

Buld zeigt sich als Kämpfernatur. Der 73-Jährige blickt auf ein langes Arbeitsleben zurück: Über fünfzig Jahre war der Elektromeister "bei Schäffler in Eltmann" beschäftigt. Als die größten Erfolge, die er selbst miterlebt hat, nennt er: die Verringerung der Arbeitszeit, die tarifgebundene Bezahlung und den Mindestlohn. Die Maikundgebungen im Landkreis Haßberge gestaltet er seit 1981 mit. 60 bis 70 Personen seien in den Glanzzeiten, den 1980er-Jahren, erschienen. In diesem Jahr waren es 20.

Gerade einmal 20 Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sich zur Kundgebung des DGB am 1. Mai in Sand eingefunden.
Foto: Wolfgang Aull | Gerade einmal 20 Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sich zur Kundgebung des DGB am 1. Mai in Sand eingefunden.

Für Buld kein Grund zur Resignation, sondern Ansporn. Er bat Michael Saalbach, Gewerkschaftssekretär bei der IG Bau, als Referent nach Sand zu kommen: Seit 1886, erinnerte der Eingeladene, stehe der 1. Mai für den Tag der Arbeit. Die Wurzeln habe er in Amerika, doch was damals auf der Agenda stand, sei zeitlos gültig.

Auch heute noch gelte es, Ausbeutung und Ungerechtigkeit entgegen zu stehen. "Immer noch werden Beschäftige um den ihnen zustehenden Mindestlohn betrogen, immer noch sterben Beschäftigte aus reiner Profitgier, weil Arbeitssicherheit zu teuer ist, und immer noch werden diejenigen, die sich nicht wehren können, ausgebeutet."

Gewerkschaften als die Stimme der Arbeitenden

Saalbach warb, die Gewerkschaften seien die Stimme der Arbeitenden. Sie würden für faire Tarifverträge verhandeln, sicherstellen, dass die Arbeitsbedingungen den Bedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechen, und sich für die Rechte aller Arbeitenden einsetzen. Mit Blick auf die leeren Sitze ergänzte er: "Auch für diejenigen, die keine Mitglieder sind."

Von politischer Seite waren Paul Hümmer (SPD) und Thomas Dietzel (Linkes Bündnis Haßberge) zugegen. Sie ließen ihrem Unmut über so manche kommunalpolitischen Wege im Landkreis Haßberge freien Lauf: Hümmer erklärte, er vermisse die Tariftreue des Landkreises, und forderte Tarifbindung für alle Beschäftigten. "Es kann doch nicht sein, dass ein öffentlicher Arbeitgeber Tarifflucht begeht."

Er befürchte zudem, dass bei Auftragsvergaben zu wenig auf die Tarifbindung geachtet werde. Dietzel stieß ins gleiche Horn: Grundforderung sei, dass der Kreis bei allen Lohnangestellten mindestens Tariflohn bezahle. Aus der Perspektive eines privaten Arbeitgebers gesehen, überlegte er: "Wenn die öffentliche Hand es nicht macht, warum wir?"

"Der solidarische Gedanke geht unter", beobachte er. Dabei sei er so wichtig: Die Mehrheit der Jungen müsse erkennen, dass die Gewerkschaft ihre Interessen vertritt. Und dass deren Schwächung zur Folge habe, dass sie bei Lohnverhandlungen auf sich selbst gestellt sind, abhängig von der Gutwilligkeit des Chefs.

Das Wort ergriff auch Dekanin Anne Salzbrenner: "Solidarische Grüße von der evangelischen Seite." Das Miteinander von Gewerkschaft und Kirche sei wichtig, befand sie, besonders deutlich würde dies in "Sauren-Gurken-Zeiten". Es gäbe im Berufsleben kein Besser und Schlechter, alle Berufe müssten die jeweils gleiche Wertschätzung erhalten. "Wir müssen deutlich machen, welches Menschenbild wir tragen." Betriebsseelsorge erklärte sie zur Chefsache. Froh über die Kraft, welche all die Erklärungen ausgestrahlt hätten, zeigte sich Helmut Buld am Ende der Kundgebung zufrieden.

 
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