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Haßfurt
Kommentar: Toleranz gegenüber der Intoleranz schadet der offenen Gesellschaft
Ein Plakat mit bibeltreuer Botschaft am Rande des CSD in Haßfurt löst eine Debatte über gegenseitige Rücksichtnahme aus. Warum das in diesem Fall falsch ist.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des CSD zogen am 20. August friedlich durch die Haßfurter Innenstadt.
Foto: Lukas Reinhardt | Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des CSD zogen am 20. August friedlich durch die Haßfurter Innenstadt.
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:08 Uhr

Es war ein buntes Fest auf dem Haßfurter Marktplatz: Rund 300 Menschen gingen am vergangenen Wochenende beim ersten Christopher Street Day (CSD) im Kreis Haßberge friedlich auf die Straße. CSDs, das sind seit 1969 Gedenk- und Demonstrationstage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und Intersexuellen. Allesamt Menschen, die einer über Jahrhunderte hinweg unterdrückten Minderheit angehören – und nun gleiche Rechte für sich einfordern. 

Am Rande der Veranstaltung in Haßfurt hielt eine kleine, offenbar bibeltreue Gruppe ein Plakat in die Höhe mit der Aufschrift: "Gott schuf Mann, Gott schuf Frau und für beide schuf Gott die Ehe". Es sei an dieser Stelle betont: Die Zeilen dieses Kommentars stellen nicht das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung infrage. Außenstehende forderten jedoch, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Haßfurter CSDs diese bibeltreue Botschaft tolerieren müssten. Doch das ist mitnichten so. Aber warum?

Keine Toleranz gegenüber den Rücksichtslosen

Eine Antwort liefert der Philosoph Karl Popper. Er schreibt: "Wenn wir die uneingeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen."

Popper unterscheidet zwischen Intoleranz gegenüber den Sitten und Gebräuchen eines Menschen, weil sie fremd sind – oder weil diese intolerant und gefährlich sind. Letztere, so der Philosoph, schütze die Friedlichen und grundsätzlich Toleranten vor den Rücksichtslosen, die sich über die Freiheitsrechte anderer hinwegsetzen. Und genau darum geht es hier.

Plakatträger fordern Entrechtung einer Minderheit

Nämlich um die fundamentalistische Auslegung eines Buches – der Bibel –,  die den Lesben und Schwulen über Jahrhunderte die gleichen Rechte vorenthalten hat – und das offenbar weiterhin fordert. Dabei hat der Bundestag vor fünf Jahren die "Ehe für alle" zu deutschem Recht gemacht. Die Plakatträger unterstützen mit ihren Worten also nichts anderes als eine erneute Entrechtung einer Minderheit. Eine gefährliche Sache, der gegenüber man nicht tolerant sein darf. Es wäre auch ein Schaden für unsere offene Gesellschaft.

Das Plakat der Bibeltreuen schloss mit den Worten: "Gott liebt alle Menschen! Und wir auch!" Für Menschen, denen nur einen Satz zuvor das gleiche Recht zur Ehe aberkannt wurde, mag das wie Hohn klingen. Wie christliche Toleranz und Akzeptanz wirklich aussieht, zeigten jüngst der katholische Diakon Manfred Griebel und die evangelische Lektorin Cynthia Derra. Beide hielt für rund 100 Menschen einen ökumenischen Gottesdienst – und segneten dabei auch queere Menschen.

 
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Kommentare
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  • Vbfuerlb
    Noch weiß ich nicht genau, weshalb hier soviel Aufregung herrscht, möglicherweise bin ich zu einfältig. Das Plakat soll doch wohl herausstellen, dass Gott für Männer als auch für Frauen die Ehe vorgesehen hat, er schuf sie sogar. Wenn er sogar die Ehe schuf, mag er auch viel anderes geschaffen haben, wovon ich bisher nicht so explizit wusste. Sicher doch auch Menschen in ihrer ganzen Vielfältigkeit, Diversität, oder?!
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  • martin-dobat@t-online.de
    Dieser Kommentar hat mich sehr erschüttert!
    L.G. Martin Dobat
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  • klafie
    toleranz schön und gut. wenn jeder miteinander gut auskommen würde, dann gäbe es keine intoleranz. aber die menschheit ist so halt seit tausenden von jahren intollerant, sonst gäbe es nicht schon seit ewig kriege und unnütze tode.
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