Sobald es warm wird, verhärten sich in Deutschland die Fronten zwischen Motorradfahrern und Anwohnern. Auf der einen Seite sind die Gemeindemitglieder, die sich, wie beispielsweise in Wüstenwelsberg, vom Lärm der durch ihren Ort fahrenden Motorräder– oft in langen Kolonnen – gestört fühlen. Auf der anderen Seite sind die Zweiradfahrer und -fahrerinnen, die einfach nur Spaß beim Fahren haben möchten und sich deshalb an Wochenenden und Feiertagen mit Freunden und Bekannten durch besonders schöne Landschaften mit kurvenreichen Straßen schlängeln.
Ein zu lautes Motorrad produziert so viel Lärm wie 100 zusammen
Das Problem ist freilich nicht der Motorradverkehr an sich, denn ein gewisser Lärmpegel lässt sich bei Motorrädern nicht vermeiden. Sondern es geht um Fahrer und Fahrerinnen, die an ihren Maschinen eine bewusste Lärmsteigerung vornehmen, und beispielsweise Auspuff- oder Motorengeräusche mithilfe von Soundmodulen, Software oder Soundchips verstärken. Es sind diese Krafträder, die den vorgegeben Grenzwert der Europäischen Union (77 Dezibel) um ein Vielfaches überschreiten und die, indem sie rücksichtslos durch Ortschaften rollen, ganze Dorfgemeinschaften vermeidbarem Stress aussetzen.
Die Dimension der Belastung wird durch einen Vergleich des ADAC Nordbayern deutlich: Ein Motorrad, das zu laut gefahren wird, produziere genauso viel Lärm wie 100 Motorräder zusammen. Erschwerend komme hinzu, dass bereits eine Erhöhung des Sound um zehn Dezibel einer Verdoppelung des Laustärkeempfindens entspreche. Zwar drohen für illegale Lärm- und Leistungssteigerungen im Extremfall hohe Bußgelder und ein Entzug der Betriebserlaubnis, dies hält eine Minderheit jedoch nicht davon ab, ihre Maschine auf Kosten aller anderen für mehr Fahrspaß aufzuhübschen. Solange sie nicht erwischt werden, kann ihnen auch kaum Einhalt geboten werden.
Die Politik hat sich der Problematik bereits angenommen
Nicht überraschend, ist die Lärmbelästigung durch Krafträder bereits auf dem Radar einiger politischer Vertreter aufgetaucht, so hat sich unter anderem Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gemeinsam mit dem ADAC Nordbayern den Kampf gegen Verkehrslärm auf die Fahne geschrieben. Auch seitens der EU soll es 2024 strengere Messvorgaben geben, doch ob dies tatsächlich die Diskussionen verstummen lässt, bleibt fraglich.
Denn Motorradhersteller und Motorradfahrende beklagen, dass leisere Motorräder aufgrund der freiliegenden Endantriebe und unverkleideten Reifen technisch kaum umsetzbar seien, zudem beträfen die neuen Vorgaben lediglich Neuzulassungen und werden das Tuning von Zweirädern wohl kaum verhindern.
Die Lösung des Problems könnte viel einfacher sein
Neben strengeren Vorgaben drohen schlimmstenfalls Fahrverbote. Doch muss es dazu tatsächlich kommen? Immerhin geht dies auch zu Lasten all derjenigen, die sich an die gesetzlichen Vorgaben halten und leise fahren.
Die Lösung des Problems könnte viel einfacher sein: Gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis. Jeder kann zu einem harmonischen Zusammenleben beitragen, selbst wenn das nur bedeutet, mit dem Motorrad langsam durch Ortschaften zu fahren und Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmende und Anwohnende zu nehmen.
Und mal ehrlich, braucht es für mehr Fahrspaß wirklich geräuschverstärkte Krafträder vor denen sich ältere Menschen erschrecken und ängstigen? Müssen sie so laut sein, dass Menschen sich in ihrem Garten nicht mehr unterhalten und erholen können? Da ist klar, dass Konflikte vorprogrammiert sind und die mindern den Fahrspaß wiederum enorm, vor allem wenn sie in Fahrverbote münden.