Wüstenwelsberg ist eigentlich ein idyllisches Örtchen, dessen Dorfgemeinschaft bislang die Ruhe des Landlebens genossen hat. Jetzt, wo wieder mehr Motorradfahrer und -fahrerinnen im Haßbergkreis unterwegs sind, ist es mit der Ruhe im Gemeindeteil von Untermerzbach vorbei.
"Die Motorradfahrer rauschen ohne Rücksicht auf Verluste durch den Ort und haben Narrenfreiheit", berichtet eine pensionierte Anwohnerin, die direkt an der viel befahrenen Straße wohnt, gegenüber dieser Redaktion. Viele der Motorräder seien frisiert, die Motorgeräusche dementsprechend laut.
Lange war der Hambach aufgrund seiner Serpentinenkurven auf der Staatsstraße 2278 zwischen Ebern und Untermerzbach bei den Zweiradfahrer und -fahrerinnen populär und wurde gar als "Motorrad-Eldorado" bezeichnet. Der hohe Lärmpegel, der damit einherging, belästigte die Menschen aus den betroffenen Ortschaften. Jedoch: "Die Benutzung des Hambach durch Motorradfahrer ist stark zurückgegangen", berichtet ein Vertreter der Polizeidienststelle Ebern bei einer Veranstaltung des ADAC Nordbayern in Untermerzbach.
Grund für die sinkende Attraktivität des Hambach sind die an mehreren Stellen angebrachten Rüttelstreifen, die jeweils 15 Millimeter über das Fahrbahnniveau reichen und die Verkehrsteilnehmenden zum Abbremsen zwingen, dazu kommen Geschwindigkeitsbegrenzungen und Abstellverbote in Kurven. Mit Blick auf den Hambach scheint das Maßnahmenpaket von Polizei und Kommune scheinbar zu greifen, dafür verlagert sich der Motorradverkehr nun auf andere Strecken.
Viele Menschen aus Wüstenwelsberg fühlen sich belästigt
Besonders beliebt bei Motorradfahrenden ist aktuell offenbar Wüstenwelsberg. Ein Umstand, den der Bürgermeister von Untermerzbach, Helmut Dietz, nicht nur auf die Beschränkungen im Hambach, sondern auch auf die schöne Landschaft zurückführt. Der Verkehrslärm belaste die Dorfbewohner und -bewohnerinnen, deren Haus direkt an der Durchfahrtsstraße liege, am meisten. Der Lärm nehme am Ortsausgang Richtung Untermerzbach aufgrund des Straßenanstieges noch einmal zu. "Durch den Berg geben viele noch einmal Gas", so Dietz.
Dies bestätigt sich auch in Gesprächen mit den Menschen aus dem Ort. "Manchmal sind sie schon ziemlich laut", sagt zum Beispiel Thomas Eisenkolb, "aber wir bekommen das in der Seitenstraße nicht so mit. Vorne an der Straße ist es schon schlimmer." Eine 52-Jährige vergleicht die Lärmkulisse mit der eines Rasenmähers und fügt an, "bei normaler Lautstärke sagt niemand etwas, aber sie fahren hier lang und geben noch einmal extra Gas, sodass man sich kaum noch mit Nachbarn unterhalten kann."
Sie habe den Eindruck, dass viele (Motorradfahrer) die Straßen im und außerhalb des Ortes aufgrund ihrer vielen Kurven an den Wochenenden und Feiertagen als Renn- und Übungsstrecke nutzten. Ein Nachbar stimmt ihr zu: "Sie zeigen gerne, wie viel PS sie haben, das empfinde ich als kindisch. Es geht um gegenseitige Rücksichtnahme, das ist das Thema."
Zwei älteren Dorfbewohner machen die vielen Motorräder Angst, da "sie keine 2 Meter Abstand zu Fußgänger halten und so lange mit 50 Kilometer pro Stunde direkt auf einen zufahren." Jedoch gibt es aber auch Personen im Ort, die sich durch die Motorräder nicht gestört fühlen. "Lärm gibt es den ganzen Tag", fällt das Fazit einer 67-Jährigen aus und ihre 44-Jährige Bekannte fügt hinzu, "Motorräder sind laut, ich kenne keine leisen. Das gehört dazu."
Ein Lärmdisplay soll wieder für Ruhe im Ort sorgen
Die meisten würden vernünftig fahren, betont ein anderer Anwohner, jedoch habe der Motorradverkehr seit den Beschränkungen im Hambach schon zugenommen. Wie viele Motorräder an einem Feier- oder Wochenendtag durch den Ort fahren, konnte niemand (der Anwohner...) genau sagen. Es handele sich häufig um größere Gruppen, worunter sich auch getunte Motorräder mit eingebauten Verstärkern an Auspuffen befänden.
Dass es vereinzelte Lärm-Beschwerden aus Wüstenwelsberg gab, bestätigt auch Klaus Schmitt, stellvertretender Leiter der Polizeidienststelle Ebern, auf Anfrage der Redaktion. Jedoch müsse noch ermittelt werden, ob es sich um einen Lärmschwerpunkt handele. Die benötigten Informationen dazu, soll in den kommenden Wochen ein Lärmdisplay des ADAC Nordbayern liefern, das mittels eines Sensors den Lärm der vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmer misst. Sind diese zu laut, erscheint der Hinweis: "Rücksicht. Bitte leiser!".
Eine Angabe zur konkreten Lautstärke wird laut Thomas Dill (Vorstand für Verkehr, Technik und Umwelt ADAC Nordbayern) bewusst vermeiden, "damit Menschen nicht mehrfach vorbei fahren, um zu sehen, wie laut ihr Motorrad ist."
Das Ganze sei jedoch keine Anti-Motorrad-Kampagne, betonen Thomas Dill und Helmut Dietz, die Lärmmessung ziele auf die schwarzen Schafe ab, die sensibilisiert werden sollen. Das umfasse auch Pkw-Fahrer, die zu laut unterwegs sind. Generell gehe es darum, Fahrverbote, wie sie beispielsweise bereits in Freiburg existieren, zu verhindern. Dort gilt von April bis Oktober auf der Strecke über den Schauinsland ein Motorradfahrverbot.
Rücksichtnahme ist zurückgegangen
"Die Straßen sind für alle da", so der ADAC Nordbayern. "Seit der Pandemie sind jedoch gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt zurückgegangen." Dies betreffe laut Dill auch den Straßenverkehr, wo nicht nur der Lärm ein Problem darstelle, sondern es zeige sich an anderer Stelle, wenn Verkehrsteilnehmende keinen Blinker setzten oder rücksichtslos parkten. "Alles geht ins Extreme", resümiert er.
Auf die Frage, ob diese Maßnahme tatsächlich ausreicht, um den Lärm zu reduzieren, verweist Dill auf die Erfahrungen aus Baden-Württemberg, wo die Lärmdisplays seit zwei Jahren im Einsatz sind und sich positiv auf den Lärm auswirken würden. Er appelliert: "Wer leiser fährt, fährt auch überlegener und sicherer."