Stolz blickt Valeo in Ebern auf die eigene Firmengeschichte. Die Belegschaft, die die Jahrzehnte des Erfolgs entscheidend mitgeprägt hat – zu Beginn als Tochterwerk von FAG Kugelfischer in Schweinfurt, später als Fahrzeug Technik Ebern, kurz: FTE – kann das auch wahrlich sein. Der Blick in die Zukunft aber nagt inzwischen am eigenen Selbstverständnis vergangener Tage.
Dabei hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel Hoffnung in den Automobilzulieferer und Milliardenkonzern aus Frankreich gesetzt. Von der anfänglichen Aufbruchstimmung nach der Übernahme 2017 ist nichts übrig. Und auch der Kommunalpolitik treibt Valeo inzwischen die Sorgenfalten auf die Stirn.
Vom Verbrenner hin zur Elektromobilität
Der Weltkonzern möchte künftig auf Elektromobiliät setzen. Die Produktpallette für den Verbrenner, wie sie in Ebern bislang gefertigt wird, passt nicht mehr in das Portfolio des Unternehmens. Den Landkreis als Wirtschaftsstandort stellt das vor große Probleme. Einer Untersuchung der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) zum anstehenden Wandel im Automobilbereich zufolge arbeiten hier mehr als 30 Prozent der Gesamtbeschäftigten in Betrieben mit sogenannter Produktion zur klassischen Antriebstechnik. Was in Ebern passiert, könnte Vorbote eines wirtschaftlichen Abstiegs sein. Das Werk von Schäffler in Eltmann zeigt, wie schnell ein Konzern einen Standort und damit hunderte Industriearbeitsplätze verlagern kann.
Wirklich in die Karten schauen lässt sich Valeo nicht. Klar aber ist: Sollten die Franzosen die Absicht haben, das Werk in Ebern zu halten, haben sie sich extrem geschadet. Fachkräfte zu finden zählt in der heutigen Zeit zu den größten Problemen der Industrie. Dem Ansehen von Valeo als attraktiver Arbeitgeber dürften die Negativschlagzeilen der vergangenen Jahre nicht zuträglich gewesen sein.
Konzern muss sich Hände nicht schmutzig machen
Ist es aber das Ziel des Konzerns, Ebern auf lange Sicht zu schließen, geht der Plan auf. Denn die Belegschaft ist offenbar an einem Punkt angelangt, an dem sie von sich aus den Abgang wählt – unfreiwillig freiwillig, auf dem Papier am Ende einvernehmlich. Der Konzernleitung käme das zugute, sie müsste sich auf diese Weise die Hände nicht schmutzig machen. Mit dem "Sterben auf Raten" würde sich das "Problem" schließlich irgendwann selbst erledigen.
Der Schluss jedenfalls, dass Valeo nur noch bedingt auf einen Innovationsstandort Ebern setzt, drängte sich zuletzt förmlich auf. Vom Stellenabbau war vor allem die Entwicklungsabteilung betroffen, das Herzstück. Immerhin: Ein Projektteam von bis zu sechs Personen soll bis 2023 neue Ansätze für Produkte entwickeln, die sich im Eberner Werk realisieren lassen.
Last von Vielen auf den Schultern von Wenigen
Wie ernst gemeint das Angebot der Konzernspitze wirklich ist und ob die nun geschlossene "Zukunftsvereinbarung" mehr Wert ist als das Blatt Papier, auf dem sie steht, muss sich nun zeigen. Die Last jedenfalls, die jetzt auf den Schultern dieser Wenigen liegt, wiegt schwer. Sie tragen die Bürde von rund 1300 verbliebenen Kolleginnen und Kollegen. Aber nicht nur. Der ganze Wirtschaftsstandort Haßberge blickt nach Ebern – und auf die Zukunft des Valeo-Werks.