Die Hochwasserlage im Altort von Knetzgau bleibt kritisch. Nach dem Überlaufen des Hochwasserdammes westlich der Autobahn stieg der Pegel des Westheimer Baches, dessen Fluten das Stauwerk zurückhalten soll, immer mehr an. Der Westheimer Bach fließt durch Knetzgau und mündet dann in den Main.
Am Nachmittag hatten Feuerwehr und Anwohner entlang des Westheimer Baches Türen und Garagentore mit Sandsäcken gesichert. Um dann gespannt zu beobachten, wie sich der Pegel des Gewässers entwickeln würde. Um 21 Uhr war der Wasserstand so hoch, dass sich Treibgut im Westheimer Bach an den kleinen Brücken staute.
Aber auch am Stauwerk gleich neben der Autobahn war man nicht untätig gewesen: Feuerwehr, Gemeinde und ein Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen machten sich vor Ort ein Bild der Lage und versuchten zu steuern, was es zu steuern gab: Am Damm befinden sich zwei Schieber, mit denen gezielt Wasser abgelassen werden kann.
Denn darum geht es: Die richtige Wassermenge abzulassen, damit sich das Hochwasser nicht bis Westheim zurückstaut und sich die Lage dort entspannt. Aber das Wasser aus dem Staubecken darf auch nicht zu reichlich fließen, damit die Knetzgauer keine nassen Füße bekommen. Und dann ist da noch die Frage, über die auch die Bürgerinnen und Bürger am Freitagabend heftig diskutierten: Kann es sein, dass die Wassermassen so auf den Autobahndamm drücken, dass dieser durchbricht und dann nicht nur die Verkehrsader durchtrennt, sondern auch eine Schlammlawine Richtung Altort auslöst?
Mein lieber Schieber: Wenn es kaum noch etwas zu regulieren gibt
Zweiter Bürgermeister Stefan Seubert sah sich am Freitagabend am Stauwehr um, um festzustellen, dass die Wassermenge, die über die Schieber reguliert werden kann, eher verschwindend gering ist im Vergleich zu den Massen, die von ganz alleine über den Damm schwappen. "Ich kann mir gut vorstellen, dass das noch drei Tage dauert, bis das Hochwasser hier abgelaufen ist", vermutete Seubert - dabei voraussetzend, dass es keine weiteren Starkregen gibt.
Die Menschen, die nahe dem Bach wohnen, in der Frankenstraße, am Seeweg oder nicht weit davon entfernt, rätselten auch darüber, was die Stauregulierung überhaupt noch bewirken kann, wenn das Hochwasser über den Damm hinausreicht. "Wenn die die Schieber zu weit aufmachen, kann es sein, dass hier 150 Keller volllaufen", sagte ein besorgter Anwohner, der wie seine Nachbarn das beständige Ansteigen des Westheimer Baches beobachtet hatte.
Steigt der Pegel, dann steigt der Pegel
Und zwar draußen auf der Straße, denn zu Hause hielt es die Menschen im Umfeld des Gewässers am Freitagabend nicht. Nachbarn trafen sich, um über das Hochwasser zu diskutieren und dessen Ausgang zu spekulieren. Und um zu feiern, eine Art Hochwasserfest. "Steigt der Pegel, dann steigt der Pegel", meinte ein junger Mann in Anspielung auf den anwachsenden Fluss und die alkoholischen Getränke, die ausgeschenkt wurden.
"Wir halten zusammen und damit ertragen wir alles, was kommt", war der Tenor der Versammelten. Im Knetzgauer Altort war ohnehin Dankbarkeit dafür zu spüren, dass die Gemeinde in den Hochwasserschutz investiert hat. Ältere Knetzgauer erinnern sich noch daran, wie ungezähmt der Westheimer Bach in früheren Zeiten war und ihnen immer wieder Hochwasser bescherte, als der Begriff Klimawandel noch gänzlich unbekannt war.