
Ist irgendwo Not am Mann, der Frau oder dem Kind? Dann gehört die Gemeinde Knetzgau zu den ersten, die die Ärmel hochkrempeln und anpacken. Anfang der Woche hat der Landkreis die Gemeinden aufgefordert, Quartiere für Flüchtlinge aus der Ukraine bereitzustellen. Einige private Initiativen zur Unterbringung der vor allem Frauen und Kinder verlaufen schon erfolgreich. Auch die Kreisstadt hat bereits reagiert und aus der Turnhalle am Dürerweg ein Notquartier gemacht. In Hofheim sind Geflüchtete im Pfarrheim untergekommen.
Und nun tritt auch Knetzgau auf den Plan. 20, vielleicht 25 Personen bekommen demnächst in den beiden Turnhallen der Dreiberg-Schule ein festes Dach über dem Kopf. "Wir haben dem Landratsamt signalisiert, dass wir ab Montag aufnahmebereit sind", sagte Bürgermeister Stefan Paulus am Mittwoch zur Redaktion. Bis dahin sei allerdings noch einiges zu erledigen. Die Gemeinde beschafft Trennwände, "damit wir etwas Intimität für die Flüchtlinge schaffen können".
Und auch Betten und anderes Mobiliar müssen die Akteure von irgendwo herkommen. "Feldbetten sind momentan wahnsinnig teuer", bedauert Paulus. Die Gemeinde kauft folglich "normale Betten" im Möbelhandel und setzt auf Spenden aus der Bevölkerung. Nicht nur, wenn es um die Schlafstelle geht: Wer einen Kühlschrank hat, eine Waschmaschine, die er nicht braucht, bei wem eine Kommode oder ein kleiner Schrank ungenutzt herumsteht, der könne gerne zur Möblierung der Turnhallen beitragen.
Den Flüchtlingen soll es ermöglicht werden, in der Schulküche zu kochen
Die Schulturnhalle und das dazugehörige Hallenbad bieten Toiletten und Duschgelegenheiten. Und Paulus will es den Bewohnern auf Zeit auch ermöglichen, die Schulküche zu nutzen, zumindest am Abend, wenn kein Unterricht mehr ist. Hier gilt es bis Montag noch einiges abzuklären - etwa wie es sich mit der Maskenpflicht verhält. Und wo die Flüchtlingskinder zum Beispiel Fußball spielen dürfen. Und überhaupt, welche Corona-Regeln jetzt im Katastrophenfall gelten.
Das Hallenbad muss die Gemeinde für die momentane Umnutzung der Schule nicht erst sperren. Es ist laut Paulus aktuell sowieso geschlossen, weil es Probleme mit der Schalttechnik gibt. Dass der Sportunterricht der Schule bis auf Weiteres nicht in der Turnhalle stattfinden kann, ebenso wenig der Vereinssport, versteht sich von selbst. Apropos Bewohner auf Zeit: Ziel ist es, auch die ukrainischen Familien oder Einzelpersonen in der Notunterkunft Knetzgau so schnell wie möglich in richtige Wohnungen zu vermitteln.
Über das Ankerzentrum Schweinfurt und den Landkreis nach Knetzgau
Nach Knetzgau kommen werden Ukrainerinnen und Ukrainer, deren Erstanlaufstelle das Ankerzentrum in Schweinfurt ist. Von hier werden Flüchtlinge auch in den Landkreis Haßberge geschickt, der sie wiederum auf die Gemeinden verteilt, wo immer möglich. Die dem Krieg Entflohenen erhalten zunächst ein Handgeld für die Anschaffung der nötigsten Lebensmittel. Sobald sie im Landkreis Haßberge offiziell angemeldet sind, haben sie Anspruch auf Leistungen aus dem Asylbewerbergesetz, sagte Paulus. Es seien dann die Gemeinden, die die Gelder auszahlen. Grundsätzlich dürfen die Geflüchteten sich im gesamten Bundesgebiet frei bewegen, sie unterliegen keiner Residenzpflicht.
Andere Aufgaben der Gemeinde müssen jetzt hinten anstehen
Für Paulus und viele seiner größtenteils ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist es keine Frage: Jetzt muss geholfen werden. Aber der Rathauschef gibt auch zu, dass neben den vielen Kapazitäten, die die Corona-Pandemie bindet, jetzt noch eine weitere unvorhersehbare Aufgabe hinzugekommen ist. Was dazu führe, die Gemeinde manches hinten anstellen muss, was sie in Normalzeiten problemlos erledigen könne. Gemeint sind damit vor allem die freiwilligen Leistungen. Über die Kosten möchte Paulus erst einmal nicht groß nachdenken. Er geht aber davon aus, dass der Gemeinde die Auslagen zurückerstattet werden.
Anmerkung der Redaktion:
Die Gemeinde Knetzgau hat sich am Mittwochnachmittag noch einmal bei der Redaktion gemeldet und erklärt, dass sich möglicherweise kurzfristig eine Alternative zur Schulturnhalle als Notunterkunft für Menschen aus der Ukraine aufgetan hat. Auch hier soll es sich um eine Turnhalle auf Gemeindegebiet handeln. "So oder so, in jedem Fall werden wir 20 Flüchtlinge aufnehmen", kündigte Bürgermeister Stefan Paulus an.