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Bamberg
Kein Deal im Missbrauchs-Prozess: Die Verhandlung vor dem Landgericht Bamberg geht weiter
Mit dem Deal könnte die Staatsanwaltschaft dem mutmaßlichen Opfer die Aussage ersparen. Doch eine Einigung gab es nicht. Es folgten emotionale Zeugenaussagen.
Vor dem Landgericht Bamberg muss sich derzeit ein Mann verantworten, dem vorgeworfen wird, seine Enkelin sexuell missbraucht zu haben.
Foto: Lukas Reinhardt | Vor dem Landgericht Bamberg muss sich derzeit ein Mann verantworten, dem vorgeworfen wird, seine Enkelin sexuell missbraucht zu haben.
Redaktion
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:40 Uhr

Am Landgericht Bamberg hat man dem pensionierten Polizisten, dem vorgeworfen wird, seine Enkelin sexuell missbraucht zu haben, am dritten Verhandlungstag einen Deal angeboten. Fast zwei Stunden verhandeln die Ankläger, die Verteidiger, der Nebenklage-Anwalt und die Mitglieder der Strafkammer hinter verschlossenen Türen. Oberstaatsanwältin Ursula Redler und ihr Kollege Julian Schmidt wollen unbedingt eine Abmachung erreichen.

Im Gegenzug für ein glaubhaftes und umfassendes Geständnis des 66-jährigen Angeklagten macht man ihm gleich mehrere, geradezu großzügige Angebote: Man könne sich eine Freiheitstrafe um die neun Jahre vorstellen, die der Mann nicht in einem normalen Gefängnis absitzen müsste. "Das würde für ihn die Hölle auf Erden", so Redler. Schließlich gelten Polizisten, die selbst straffällig geworden sind, und Personen, die Kinder missbraucht haben, bei ihren Mitgefangenen als das Allerletzte.

Therapiemöglichkeit in Bayreuth

Er könnte stattdessen eine bei pädophilen Neigungen sinnvolle Sexualtherapie in einer geeigneten Abteilung der JVA Bayreuth durchlaufen, auf dass es nie mehr zu sexuellen Übergriffen auf Kinder käme. Zweitens könne man sich vorstellen, die Vorwürfe in Sachen kinderpornografischer Inhalte fallen zu lassen und auch keine weiteren Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Andernfalls werde man nach der Beweisaufnahme weit mehr als zehn Jahre Gefängnis fordern – ohne ein therapeutisches Angebot. Denn das setzt Einsicht voraus, und den Wunsch, das eigene Verhalten zu ändern.

Für beides sind im Laufe des Verfahrens beim Angeklagten noch keine Anzeichen zu beobachten gewesen. Mit dem Deal könnte die Staatsanwaltschaft das Mädchen vor einer weiteren schweren Traumatisierung schützen. Einmal dadurch, dass sie dann nicht all die schlimmen Geschichten noch einmal in aller Ausführlichkeit schildern müsste.

Wenn Zeugenaussagen zur Belastung werden

Auch wenn das unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschähe, bliebe es doch eine enorme psychische Belastung. Zumal dann mit einer konfrontativen Befragung zu rechnen wäre. Zum anderen käme es im Gerichtssaal möglicherweise zu einem direkten Aufeinandertreffen des Mädchens mit dem Angeklagten.

Doch ein Deal kommt – zumindest an diesem Verhandlungstag – nicht zustande. So wird die Zeugenvernehmung fortgesetzt. Und so zeigt sich gleich mehrfach, wie belastend eine solche Zeugenaussage sein kann. Dabei werden gar keine mutmaßlichen Opfer befragt. Es sind Freundinnen des Mädchens, die das Geschehen nur am Rande mitbekommen haben. Die drei Teenager tun sich schwer. Sie haben Scheu, sexuelle Dinge wiederzugeben, die das Mädchen ihnen doch nur andeutungsweise erzählt hat. Einige brechen immer wieder ab, weinen und müssen den Gerichtssaal verlassen. All das verfolgt der Angeklagte ohne erkennbare Emotionen. Der Prozess wird fortgesetzt.

 
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