Theinheim ist ein kleiner Ort im Steigerwald und hat doch allerhand zu bieten: einen außergewöhnlichen Kreuzweg, den Waldgeister-Weg durch den Wald, Feuerwehr und Kirche. Theinheim hat außerdem ein Gasthaus und dazugehörig eine der kleinsten Brauereien Frankens – und neuerdings gibt es hier eine "Bier-Pipeline". Während in den vergangenen Jahren und erst Recht jetzt in der Corona-Krise einige Brauereien ihr Geschäft aufgaben, wird in Theinheim in die nächste Generation investiert.
Tradition bewahren und mit der Zeit gehen
Seit 1718 sind die Brauerei und die Gaststätte "Grüner Baum" im Familienbesitz, darauf sind Michael und Helmut Bayer stolz. Dieser Tradition sehen sie sich verpflichtet. Deshalb haben sie als Koch und Braumeister immer darauf geachtet, Traditionen zu bewahren und dabei mit der Zeit zu gehen. Initiativen wie "Natürlich von hier", die den Fokus auf regionale Produkte lenken, sind von Michael Bayer mit angestoßen worden, der seit vielen Jahren auch Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes ist. Auf möglichst regionale Rohstoffe setzt auch Brauer Helmut, der als Bier-Sommelier auch Experimenten gegenüber aufgeschlossen ist. So entstand der Vinator – ein Bier-Wein-Hybrid, bei dem Bier und Wein zusammen vergoren werden.
Ins Bier investiert die Familie Bayer gerade in ganz großem Stil. "Für unsere Betriebsgröße ist das eine große Investition, die in Richtung einer halben Million Euro geht", erklärt Michael Bayer, aber ein Neubau jenseits der Ortsdurchfahrt erleichtert Arbeitsabläufe, spart Energie und Ressourcen – und eröffnet neue Möglichkeiten.
Prägend für das Ortsbild
Vor einigen Jahren konnte Michael Bayer das gegenüberliegende Grundstück erwerben. Im hinteren Teil befanden sich bereits Lagerräume. Neben dem Parkplatz, wo die beiden überdimensionalen Holzskulpturen in Form eines Maßkrugs und eines Brauers stehen, wurde jetzt ein altes Gebäude abgebrochen, so dass der Neubau entstehen konnte, der in seiner Optik einerseits zurückhaltend ist, aber durchaus das Ortsbild positiv prägen wird. Hohe Rundbogenfenster gliedern die Fassade und geben den Blick frei auf drei große Edelstahltanks, in denen künftig ein Teil des Theinheimer Bieres reifen wird.
"Wir haben uns lang Gedanken über die Gestaltung gemacht, schließlich soll das auch gut aussehen", sagt Michael Bayer und denkt dabei nicht nur an die Aussicht seiner Gäste im Biergarten. Dass sie das neue Gebäude ein Stück zurücksetzen gegenüber dem Altbau, damit ein ordentlicher Gehsteig entstehen kann, war für die Bayers ebenfalls ein Anliegen. Außen läuft die Fertigstellung der Fassade, innen läuft die Installation – und am Montag wurden die drei Tanks geliefert. Jeweils einen Sud (45 Hektoliter) der kleinen Brauerei fassen sie – und "beschickt" werden sie über die erwähnte "Bier-Pipeline", eine Leitung, die von der Brauerei direkt in den Neubau führt und die unter der Straße durchgeschossen wurde.
Während das Bier in Theinheim nach alter Tradition gebraut wird, kommt beim Reifeprozess modernste Technik zum Einsatz. Die neuen Tanks sind direkt gekühlt, das bedeutet gegenüber der konventionellen Keller-Kühlung eine deutliche Energieeinsparung. Auch die Reinigung wird künftig weniger Zeit, Wasser und Chemie benötigen, denn jetzt verschwinden die letzten Alu-Tanks, die wesentlich reinigungsintensiver waren als es Edelstahl ist.
Die zwei Seiten von Corona
Die Augen von Tochter Stefanie strahlen beim Anblick der neuen Tanks. Sie ist in Brauerei und Gastwirtschaft aufgewachsen. Dass sie hier einsteigen wird, war früh klar. Erst hat sie noch überlegt, ob sie zuvor eine Ausbildung als Floristin absolvieren soll – doch dann war es gleich die Brauerlehre. Den Gesellenbrief hat die 21-jährige in der Tasche, die Meisterausbildung soll folgen.
Die Corona-Krise hat für die Familie Bayer zwei Seiten. "Wir hatten jetzt mit der Fertigstellung weniger Druck, weil wir ja weniger Vorratshaltung für den Sommer gebraucht haben durch den Wegfall der Feste", so Michael Bayer. Da er aber kein großer Fest-Beschicker ist, hat sich der Umsatzeinbruch für die Brauerei in Grenzen gehalten. 30 Prozent weniger schätzt Bayer, denn das Flaschenbiergeschäft sei bestens gelaufen. Engpässe beim Leergut habe er nicht gehabt: "Wir haben unsere Bestände schon vor Jahren aufgestockt, denn wenn so ein Kleiner wie wir ein paar tausend Flaschen bestellt, dann steht er ganz hinten auf der Liste. Kurzfristig geht da gar nichts", weiß seine Frau Ingrid. In der Gaststätte waren die Einbußen heftiger. Auch hier gab es Speisen zum Abholen und seit es erlaubt ist, ist der Biergarten an schönen Tagen wieder geöffnet. "Aber wenn eine Fahrrad- oder Motorradgruppe kam mit sieben Leuten, die nicht zu gemeinsamen Hausständen gehören, dann waren gleich vier oder fünf Tische belegt mit acht oder neun Leuten.
Die Familie packt mit an
Den neuen Regelungen für die Gastronomie sieht die ganze Familie zuversichtlich entgegen, wie auch der Fertigstellung des Neubaus. Der ist wesentlich größer, als es von draußen den Anschein hat. An den "Kopfbau" mit den drei Bogenfenstern schließt sich nämlich eine große Halle an. Hier gibt es Reserven für zwei weitere Lagertanks, außerdem wird hier eine Kleinanlage installiert. Hier entstehen dann Spezialbiere und auch Braukurse sollen angeboten werden. Zwischen dem Neubau und dem Parkplatz stellt sich Michael Bayer einen kleinen Hopfengarten vor. Er will keine reinen Zweckbauten, "wir wollen zeigen, dass wie das Bier leben" und die Gäste sollen sich jederzeit wohl fühlen. Dafür packt immer die ganze Familie mit an. Auch für Tochter Maria ist es selbstverständlich, dass sie nach ihrer Arbeit als Physiotherapeutin in der Gastwirtschaft und im Festsaal in der ehemaligen Scheune mit anpackt.
In zwei bis drei Wochen soll das erste Bier in die neuen Tanks fließen. Dort entwickelt es sich dann je nach Sorte einige Wochen. Die Reifezeit macht die besondere Qualität eines Bieres aus. So entwickelt es auch einen natürlichen Kohlensäuregehalt ohne den Zusatz von außen.
Der Familienbetrieb Bayer hofft, sich schnell von den Umsatzeinbußen zu erholen und blickt zuversichtlich in die nähere und fernere Zukunft. Stefanie Bayer weiß ja aus Erfahrung, welche Herausforderungen ein solcher Betrieb mit sich bringt, jetzt schließt diese Erfahrung sogar den Umgang mit einer Pandemie mit ein – nicht die schlechteste Basis für die junge Frau.