Mehr als eine Woche ist es inzwischen her, dass hunderte Liter Diesel bei Rudendorf, einem Ebelsbacher Ortsteil im östlichen Landkreis Haßberge, in die Lauter liefen. Doch die Spuren sind bis heute nicht verschwunden. Eine Ölsperre, von der Feuerwehr errichtet, soll dort, wo das giftige Gemisch in den Bach sickerte, die letzten Tropfen Diesel auffangen. Einige Kilometer flussabwärts, im oberfränkischen Deusdorf, kam dieser Einsatz zu spät. Dort sorgte der Treibstoff bei einer Forellenzucht für ein Massensterben. Aber von vorn.
Es ist die Nacht vom 1. auf den 2. August, als auf einem Gelände am Ortsrand von Rudendorf laut Schätzungen rund 300 Liter Diesel aus einem Tank in einer Scheune ins Erdreich sickern. Offenbar ohne Absicht, wie die Wasserschutzpolizei Schweinfurt auf Nachfrage mitteilt. "Ein Schlauch, mit dem Fahrzeuge betankt werden, hatte sich wohl aus einer Halterung gelöst", erklärt einer der Ermittler. Über ein Leck an einer Rohrleitung sei das Gemisch schließlich in die Lauter gelangt, so das zuständige Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen – und damit bachabwärts in Richtung Oberfranken, in Richtung Deusdorf. Mit gravierenden Folgen.
Forellenhof Deusdorfer Mühle besonders betroffen
"Mein Vater hat immer gesagt: Wir müssen aufpassen, dass nichts ins Wasser kommt", erklärt Maria Rudolf im Gespräch. Die 68-Jährige betreibt gemeinsam mit ihrem Mann Gerhard eine über die Grenzen des Ortes hinaus bekannte Fischzucht im Lautergrund, inklusive Gaststätte. Der Forellenhof Deusdorfer Mühle ist ein Traditionsbetrieb, den sie 1981 von den Eltern übernahm.
Die Warnung ihres Vaters liegt Maria Rudolf heute ganz besonders im Ohr. Sie bewahrheitete sich in der Nacht zum 2. August. "Etwa 800 Forellen sind verendet", schätzt die gebürtige Deusdorferin. Der Diesel hatte Teile der Teichanlage, die gespeist wird vom Wasser der Lauter, für die meisten der empfindlichen Tiere zur Todeszone gemacht. Wie viele noch folgen, wissen die Rudolfs nicht.
"Wir mussten die verendeten Fische in Tonnen schaufeln, damit die Tierkörperbeseitigung sie abholen kann", erzählt Maria Rudolf hörbar bewegt. Noch immer klebe eine ölige Schicht auf den Böschungen der Teiche, die nun gereinigt werden müssen. "Beim Regen schwemmt es alles wieder in das Wasser", fährt die 68-Jährige fort. "Das ganze kann sich noch über Wochen hinziehen." Auf bis zu 20.000 Euro schätzen die Rudolfs den für sie entstandenen Schaden, bis jetzt. "Aber wahrscheinlich ist das nichts im Vergleich dazu, was der ganze Einsatz an der Lauter gekostet hat, und was das für die Umwelt bedeutet."
Etwa zehn Feuerwehren an Großeinsatz beteiligt
Tatsächlich zog der Vorfall in Rudendorf am 2. August einen Kreis- und Bezirksübergreifenden Großeinsatz nach sich. Etwa zehn Feuerwehren aus Ober- und Unterfranken waren beteiligt, um eine größere Umweltkatastrophe zu verhindern. Beginnend in den frühen Morgenstunden errichteten sie sieben Bachsperren, zwei an der unterfränkischen, fünf an der oberfränkischen Lauter. Sie machten das Leck ausfindig und schlossen es. Bis zu zwölf Stunden dauerte der Einsatz für sie.
Mit den rechtlichen Konsequenzen in dem Fall befassen sich nun die Staatsanwaltschaft und die Wasserschutzpolizei Schweinfurt. Letztere ermittelt wegen des Straftatbestandes der Gewässer- und Bodenverunreinigung, eine verantwortliche Person sei bereits identifiziert, teilt ein Beamter auf Nachfrage mit. "Wir gehen aktuell nicht von Vorsatz aus", heißt es außerdem weiter. Bei Fahrlässigkeit sieht der Gesetzgeber laut Paragraf 324 Absatz 3 StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe für den Verursacher oder die Verursacherin vor.
Untersuchungen zu Auswirkungen auf Ökosystem
Welche Auswirkungen die schätzungsweise 300 Liter Diesel auf das sensible Ökosystem der Lauter haben werden – immerhin ein Nebenfluss der Baunach, die schließlich in den Main mündet – ist noch nicht vollständig abschätzbar. Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen geht bislang davon aus, dass die Ölsperren und das schnelle Handeln der Einsatzkräfte den größten Teil des Diesels aufhalten konnten, der an der Oberfläche bachabwärts trieb – auch im unteren Teil der Lauter. "Wir werden das Gewässer bald biologisch untersuchen, ob es nachteilige Veränderungen für die darin lebenden Organismen gibt", heißt es vonseiten der Behörde weiter.
Die Folgen für Familie Rudolf im oberfränkischen Deusdorf jedenfalls sind erheblich. Ans Aufgeben aber denkt niemand: "Wir haben Forellen von einem anderen Zuchtbetrieb bekommen", sagt Maria Rudolf. Die 200 bis 300 Tiere schwimmen nun in sauberen Rundstrombecken im Hof, die mit dem klaren Wasser einer nahen Quelle gespeist werden.
Die Karpfen seien nicht betroffen. Ob die Forellen, die in den inzwischen weitgehend gereinigten Teichen überlebt haben, noch verzehrt werden können, müsse nun genaustens überprüft werden, sagt die 68-Jährige. Im September startet dann die Fischsaison in der Deusdorfer Mühle – trotz aller Widrigkeiten.