Wer kann schon behaupten, Zeuge davon geworden zu sein, wie eine hundert Meter lange Brücke auf dem Main ein ganzes Stück verschoben wird? Sicher nicht viele Zeitgenossen. Denn ein solches Spektakel ist außerordentlich selten. Im Zuge des Neubaus der Mainbrücke bei Horhausen können sich interessierte Bürger aber schon einmal auf ein solches "Highlight" bzw. zwei freuen, so Dr. Michael Fuchs, der Leiter des Staatlichen Bauamts Schweinfurt, bei einer Pressekonferenz auf der Baustelle am Mittwochnachmittag.
"Highlight" für Zuschauer
Derzeit sind die Bauarbeiten, die im April 2019 begonnen haben, voll im Gange. Viele Autofahrer, die an der Großbaustelle vorbeifahren, werden sich gefragt haben, warum die Behelfsbrücke, für die gerade die gewaltigen Pfeiler beidseits des Mains errichtet werden, solche Dimensionen hat. Die Erklärung ist relativ einfach. Diese Behelfsbrücke wird zunächst neben der bestehenden Brücke gebaut. Wenn sie fertig ist, wird der Verkehr darüber geführt und die alte Brücke kann abgerissen werden. Und danach erfolgt oben beschriebenes Schauspiel: Die Behelfsbrücke wird an die Stelle der bisherigen Brücke gerückt. Das heißt, die Mainbrücke wird vorher und nachher an derselben Stelle den Straßenverkehr bewältigen.
Dieser Straßenverkehr liegt mit rund 7000 Fahrzeugen pro Tag weit über dem Durchschnitt. Als das Bauwerk im Jahre 1966 errichtet wurde, so der Behördenleiter in seiner Begrüßung vor Ort, habe man diese starke Belastung nicht vorhersagen können. Beispielsweise erfolgte vor 30 Jahren auch die Öffnung der innerdeutschen Grenze und der Grenze zum damaligen Ostblock. Deshalb erreichte diese Brücke nicht ganz ihr vorgesehenes Lebensalter. "Der Freistaat Bayern", so Fuchs, "legt großen Wert auf die Sicherheit seiner Brücken. Deshalb werden diese regelmäßig überprüft. Brücken haben absoluten Vorrang."
Neue Brücke ohne Pfeiler im Fluss
Dabei wurde festgestellt, dass die Brücke "absolut sanierungsbedürftig" sei, "zudem sind der Pfeiler im Main sowie der Überbau anprallgefährdet im Zusammenhang mit der Binnenschifffahrt auf dem Main als Bundeswasserstraße", erklärte Michael Fuchs die Notwendigkeit der Baumaßnahme. Die Brücke diene heute als wichtiger Mainübergang und Zubringer zur Autobahn A 70. Sie sei damit ein Teil der überregionalen Verbindungsachse von der Anschlussstelle der A 3 bei Wiesentheid über Gerolzhofen und die Anschlussstelle der A 70 bei Haßfurt weiter nach Haßfurt und schließlich bis Coburg.
Neubau wirtschaftlicher
Die neue Brücke wird breiter werden als die bestehende und soll einen Geh- und Radweg mit einer Breite von 2,5 Metern aufnehmen. Damit werde der beidseits vorhandene Geh- und Radweg über das neue Brückenbauwerk fortgeführt. "Unter Abwägung aller genannten Randbedingungen", erläuterte der Leitende Baudirektor, "war eine Ertüchtigung des alten Bauwerks im Vergleich zu einem Neubau unwirtschaftlich. Als Ergebnis von einer Reihe von Untersuchungen hat sich der Neubau der Brücke als die kostengünstigere und bessere Variante herausgestellt."
Stahlbogen wird im November verschoben
Errichtet wird das neue Bauwerk als Stahlbogenbrücke. Der Stahlbogen bietet laut Dr. Fuchs zwei wesentliche Vorteile. Zum einen kann er "außerhalb des Verkehrsraums", das heißt auf dem eigens dafür geschotterten Platz östlich der Baustelle, montiert und hergestellt werden. Und das Verschieben dieses fertigen Stahlbogens auf den Unterbau der Behelfsbrücke dauert nur etwa einen Tag. Das werde im November dieses Jahres soweit sein und bereits dieser "Querverschieb" dürfte zu einer großen Pubikumsattraktion werden. Zum anderen könne mit dieser Bogenkonstruktion der Main als Bundeswasserstraße stützenfrei etwa 100 Meter weit überspannt werden. Eine Anprallsicherung für Schiffe, wie sie etwa bei Brückenpfeilern erforderlich wäre, die im Main stehen, sei damit nicht erforderlich, so Behördenleiter Fuchs.
Drei Teilbauwerke
Das künftige Brückenbauwerk bei Horhausen wird eine Gesamtlänge von rund 600 Metern erreichen. Der Brückenzug werde letztendlich aus drei Teilbauwerken bestehen, erläuterte Michael Fuchs: "Nachdem die Staatsstraße 2426 in Richtung Autobahnanschlussstelle nicht nur den Main, sondern auch ein Stück Mainvorland und die Bahnlinie überquert, wird sich die neue Straßenüberführung deshalb über den Gleisen der Deutschen Bahn als Rahmenbrücke mit vorgespannten Fertigteilträgern (Stützweite 13 Meter), im Vorlandbereich als zweistegiger Plattenbalken in Spannbetonbauweise (Stützweite 40 Meter) und im Stromfeld als Stabbogen (Stützweite 100 Meter) mit nach innen geneigten Bogenebenen und außenliegenden Versteifungsträgern zusammensetzen." Soweit das Fachchinesisch.
Im April 2019 haben, so Fuchs, die Vorarbeiten begonnen. Es wurden Wasserleitungen und Kanäle umgelegt, ein Maindüker musste gebaut werden, da eine Abwasser-Druckleitung von Horhausen zum Pumpwerk am Mainradweg bislang an die Brücke angehängt war. Notwendig waren Arbeiten im Rahmen der naturschutzrechtlichen Vorgaben sowie der Erkundung des Baufelds auf Bodendenkmäler. Ende des letzten Jahres wurden außerdem der Oberboden abtragen und die Baustelle samt Zufahrten und Einrichtung hergestellt. Seit März läuft nun der Brückenbau.
"Die derzeitigen Arbeiten", so der Chef des Bauamts, "umfassen den Bau der Unterbauten wie die Gründung und die Brückenpfeiler für die Behelfsbrücke. Parallel wird der Stahlbogen für die Behelfsbrücke montiert, der auch später der Überbau für die neue Mainbrücke sein wird." Sobald die Behelfsumfahrung eingerichtet ist, werde voraussichtlich im Juli 2021 der Verkehr auf diese umgelegt und die alte Brücke zurückgebaut. "Die Verkehrsfreigabe der neuen Brücke ist für Ende 2022 geplant." Die gesamte Bauzeit wird dann rund vier Jahre betragen haben.
Gesamtkosten 28,5 Millionen Euro
Die Gesamtkosten der Baumaßnahme belaufen sich voraussichtlich auf circa 28,5 Millionen Euro. Kostenträger der Baumaßnahme seien neben dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatliche Bauamt Schweinfurt mit circa 26,8 Mio. Euro, noch die Deutsche Bahn AG mit circa 1,5 Mio. Euro und die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Wasserstraßen-Neubauamt, mit ca. 0,2 Mio. Euro. Damit ist der Brückenbau bei Horhausen die größte Einzelinveststition des Staatlichen Bauamtes Schweinfurt in den vergangenen Jahrzehnten.
Acht Wochen Totalsperrung
An diesem informativen Treffen auf der Baustelle nahmen neben den Behördenvertretern und den Repräsentanten der am Bau beteiligten Firmen, denen Leitender Baudirektor Fuchs dankte und ein Kompliment machte, da die Arbeiten bislang ohne große Verzögerungen abliefen und ein Einhalten des Terminplans ermöglichten, auch führende Lokalpolitiker teil. Der Bürgermeister von Theres, Matthias Schneider, verlieh neben seiner Freude über die Baumaßnahme seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Totalsperrung, die zwischen Abriss der alten und dem Einschwimmen der neuen Brücke erforderlich sei, nicht zu lange dauern möge, da dies nicht zuletzt Störungen im Schulbusbetrieb zur Folge habe. Auch Landrat Wilhelm Schneider sah zwar die hohen Kosten, aber auch, dass das Geld hier gut angelegt sei. Er schloss sich der Hoffnung des Bürgermeisters auf eine kurze Vollsperrung an, worauf Michael Fuchs deutlich machte, dass diese ungefähr acht Wochen in Anspruch nehmen werde.
Seltenes Schauspiel
Die Landtagsabgeordneten Steffen Vogel (CSU) aus Theres und Paul Knoblach (Grüne) aus Schweinfurt lobten das Staatliche Bauamt für die richtige Entscheidung, die in die Jahre gekommene Brücke durch einen Neubau zu ersetzen. Steffen Vogel meldete sich und seine Kinder scherzhaft schon mal für die beiden Verschiebeaktionen als Zuschauer an. Da man so etwas nicht oft miterleben könne. Denn selbst für Behördenleiter Michael Fuchs, unter dessen Regie schon mehrere Brücken gebaut wurden, ist dieses Verschiebeschauspiel das erste in seiner langen Laufbahn.