Man kann sich nur wünschen, neben einem Menschen wie Heinz Männling aus Knetzgau zu wohnen. Als sein heute 80-jähriger Nachbar an Krebs erkrankt und auch bei dessen Frau ein Tumor diagnostiziert wird, ist Männling zur Stelle. Der 62-jährige Rentner hilft dem Paar, wo er kann. Er versorgt die Tiere seiner Nachbarn, macht Brennholz. Er ist, so erzählt Männling, täglich für sie im Einsatz.
Der ehrenamtliche Einsatz wird vonseiten der Politik inzwischen nicht mehr nur mit warmen Worten honoriert. Menschen wie Heinz Männling steht seit dem 1. Januar 2021 ein sogenannter "Entlastungsbetrag" in Höhe von 125 Euro monatlich zu. Pflegebedürftige Menschen, so die Idee, sollen auf diese Weise mehr Möglichkeiten für eine Unterstützung im Alltag bekommen – und die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer eine finanzielle Belohnung.
Eine Voraussetzung aber, um das Geld bei der Krankenkasse beantragen zu können, ist die Teilnahme an einer Basisschulung. Zu einer solchen erschien Heinz Männling am Donnerstag zusammen mit zwei weiteren Männern und 14 Frauen im Bürgerzentrum in Hofheim.
Politik hat einige bürokratische Hürden beseitigt
Die bürokratischen Hürden, um den Belastungsbetrag zu erhalten, waren vor dem 1. Januar 2021 hoch. Die Unterstützer mussten einem professionell tätigem Träger angehören, etwa einem Pflegedienst.
Seit 2021 können Menschen ab Pflegegrad 1, die zu Hause leben, die Kosten für Unterstützung im Alltag, die durch ehrenamtlich tätige Einzelpersonen erbracht werden, mit der Pflegeversicherung abrechnen. Vollständig verschwunden ist die Bürokratie aber trotzdem nicht. Neben dem Absolvieren der Basisschulung müssen die Helferinnen und Helfer online ein sogenanntes "Institutionskennzeichen" beantragen. Außerdem müssen sie sich bei der Fachstelle für Demenz und Pflege des Regierungsbezirks registrieren. Ohne vorherige Registrierung kann nicht mit den Pflegekassen über den Entlastungsbetrag abgerechnet werden.
Helfer und Bedürftige dürfen nicht direkt Verwand sein
Heinz Männling und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter lernten an diesem Tag aber noch mehr. Laut Referentin Kathrin Wüst von der Fachstelle für Demenz und Pflege gelten für die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zahlreiche Voraussetzungen für ihre Tätigkeit. So muss die Einzelperson mindestens 16 Jahre alt sein. Sie darf weder bis zum zweiten Grad verwandt noch verschwägert mit der Person sein, die sie unterstützt. Somit kommen beispielsweise Bekannte, Freunde oder Verwandte ab dem dritten Verwandtschaftsgrad in Betracht, wie Neffe oder Nichte. Das Ziel sei es, die nahen Angehörigen durch externe Helferinnen und Helfer zu entlasten.
Die Helferinnen und Helfer dürfen darüber hinaus nicht in häuslicher Gemeinschaft mit der Person leben, der sie unter die Arme greifen. Im Monat, so Wüst, dürften sie nicht mehr als drei Menschen mit Pflegegrad unterstützen. Die Aufwandsentschädigung der Einzelperson für die geleistete Arbeit liegt bei rund zehn Euro pro Stunde und damit unter dem gesetzlichen Mindestlohn von derzeit knapp zwölf Euro für Pflegekräfte.
Nicht die Pflege der Menschen ist die Aufgabe
Doch es sei auch nicht die Pflege - wie etwa Waschen, Duschen oder Zähneputzen -, die zum Aufgabenbereich der Helferinnen und Helfer zähle, so Wüst weiter. Sie sollten sich vielmehr mit den Pflegebedürftigen beschäftigen, sie im Alltag begleiten, bei der Haushaltsführung helfen. Schwere Gartenarbeit, Schneeschieben, handwerkliche Arbeiten oder Medikamentenabgabe gehörten ebenfalls nicht zum Aufgabenbereich.
Auch Sonja Deuerling ist an diesem Tag in Hofheim. Sie hört sich ebenfalls an, was die Referentin den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Basisschulung erzählt. Seit dem Jahr 2015 betreut Deuerling ihren heute 53-jährigen Schwager, der als 20-Jähriger in einen schweren Autounfall geriet, ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt und mittlerweile Pflegestufe 2 hat. Ihm, so erzählt Deuerling weiter, fehle das Kurzzeitgedächtnis. Sie begleitet ihn deshalb zu Arztbesuchen, macht Termine aus und hilft ihm im Haushalt. Wenn sie ihn ins Krankenhaus begleite, dauere das schon einmal einen ganzen Tag. "Ich will zukünftig anderen Menschen Hilfe leisten", beschreibt sie ihre Motivation – wie Heinz Männling. auch "Eigentlich hab ich gar keine Zeit für eine Schulung", erzählt der im Gespräch. Er hilft lieber.
Viele nehmen Entlastungsbetrag nicht in Anspruch
Landrat Wilhelm Schneider bedankte sich bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. "Sie leisten einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft", lobte er die Anwesenden und bezeichnete sie als "hilfreiche Engel".
Zahlen zeigen, dass viele der hilfreichen Engel, wie Schneider sie nennt, den Entlastungsbetrag bislang noch nicht in Anspruch genommen haben. Laut Wüst aber sei das Budget für 2022 noch im Nachhinein bis zum 30. Juni 2023 abrufbar. Es könnten dann auch mehr als 125 Euro monatlich ausbezahlt werden. Die Tätigkeiten müssen jedoch über ein Abrechnungsformular nachgewiesen werden.
Wer eine Ausbildung als Fachkraft wie Krankenschwester, Pflegekraft oder Arzthelferin vorweisen kann, muss nicht an der Schulung teilnehmen, in der es neben den Anmeldeformalitäten auch um Erste Hilfemaßnahmen und Krankheitsformen, wie Demenz, geht.
Ansprechpartner ist die Fachstelle für Demenz und Pflege unter Tel. (0931) 20781440;, via E-Mail unter info@demenz-pflege-unterfranken.de. Weitere Informationen im Internet: www.demenz-pflege-bayern.de.