Der Norden wird von der Landkreispolitik vernachlässigt, lautet oft ein Vorwurf. Aber spiegelt sich das auch in der Zufriedenheit der Menschen wider? Wie bewerten die Bewohnerinnen und Bewohner von Maroldsweisach, Ermershausen und Bundorf die Lebensqualität in ihren Gemeinden? Welche Unterschiede ergeben sich im Vergleich mit dem Landkreis?
Der große Haßberge-Check soll Einblick geben in die Gefühlslage der Menschen. Rund 4100 Menschen leben laut Zensus in den drei nördlichsten Gemeinden des Landkreises. 100 haben an der großen Befragung teilgenommen und ihre Orte auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewertet. Das ist das Stimmungsbild (alle Ergebnisse am Ende des Artikels).
Wie schneidet der Norden insgesamt ab?
Die erfreuliche Nachricht zuerst: Die Menschen im Norden loben ihre Gemeinden in Sachen Sauberkeit (7,8), Sicherheit (7,0) und Familienfreundlichkeit (6,6). Doch vollends zufrieden, das zeigt der Vergleich mit den anderen elf Regionen im Landkreis, sind die Bürgerinnen und Bürger hier nicht. Denn im Bunde belegen die drei Gemeinden Marolsweisach, Ermershausen und Bundorf in der Befragung nur den vorletzten Platz. Der Norden bekommt von seinen Bürgerinnen und Bürgern eine durchschnittliche Note von 5,0 - und landet damit auch unter dem landkreisweiten Mittel von 5,7.
In neun von 15 Kategorien haben die Menschen im Norden eine unterdurchschnittliche Note (rot) vergeben. Ohne Auto scheint hier nichts zu gehen: Denn am schlechtesten bewerten die Bürgerinnen und Bürger die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel (2,4). Und auch ihr Fazit zum gastronomischen (3,3) sowie zum kulturellen (3,4) Angebot fällt in der Gesamtsicht unterdurchschnittlich aus. Zum Vergleich: Am zufriedensten sind die Menschen in diesen Kategorien im Maintal, nämlich in Ebelsbach (ÖPNV: 6,6), Zeil (Gastronomie: 7,4) und Haßfurt (Kultur: 6,7).
Wie sieht es in den einzelnen Gemeinden aus?
Doch der grobe Blick in die einzelnen Gemeinden zeigt deutliche Unterschiede. Besonders unzufrieden etwa sind die Bundorfer mit ihrem Ort (Durchschnittsnote: 4,1). Die Bürgerinnen und Bürger von Maroldsweisach (5,2) und Ermershausen (5,9) stellen ihren Gemeinden vergleichsweise bessere Zeugnisse aus. Das spiegelt sich auch beim Thema Lebensqualität wider: Während die Ermershäuser hier eine Note von 6,3 vergeben, die knapp unter dem landkreisweiten Durchschnitt von 6,7 liegt, zeigen sich die Bundorfer hier (4,4) deutlich unzufriedener.
Zufriedenheit bei Kinderbetreuung in Bundorf und Ermershausen
Aber wo schneiden die Gemeinden im Einzelnen besonders gut ab? Im Zentrum von Bundorf steht neben der großen Kirche die Kindertagesstätte Nimmersatt. Eine Raupe lächelt freundlich von der Fassade des Gebäudes. Die Bundorfer zeigen sich im großen Haßberge-Check zufrieden mit Kinderbetreuung im Ort. Sie geben ihrer Gemeinde in dieser Kategorie eine Note von 6,3. Die Ermershäuser liegen mit ihrer Wertung von 7,8 sogar deutlich über dem landkreisweiten Durchschnitt von 7,0.
Wollen sich die Menschen in Ermershausen sportlich betätigen, so finden sie hier ein durchaus zufriedenstellendes Angebot (7,1). Und in Maroldsweisach loben die Bürgerinnen und Bürger vor allem die Familienfreundlichkeit des Ortes (6,7).
Durchaus überraschend ist die Wertung der Einwohnerinnen und Einwohner von Ermershausen hinsichtlich der Gesundheitsversorgung. Denn trotz der Schließung ihrer Apotheke vergeben die Bürgerinnen und Bürger mit 6,7 eine überdurchschnittliche Note. Der gesamte Landkreis kommt hier gerade einmal auf einen Wert von 4,8.
Grundsätzlich, kommentiert ein Bürger aus Maroldsweisach bei der Befragung, sollten die Menschen im Norden "die Schönheit unserer Heimat mehr schätzen" und das Negative häufiger beiseite lassen. Doch zur Wahrheit gehört auch die Unzufriedenheit.
Nachholbedarf beim ÖPNV und beim Handel in allen drei Gemeinden
Die Ergebnisse zeigen, dass die Unzufriedenheit im Norden durchaus überwiegt. Bei einigen Themen unterscheiden sich das Ausmaß je nach Gemeinde, in anderen Kategorien wiederum herrscht Einigkeit. Eben mal schnell den Bus nehmen, um zum Shoppen oder Speisen in die nächste Stadt zu fahren? In Bundorf fällt das Urteil über den öffentlichen Nahverkehr hart aus. Hier spendieren die Bürgerinnen und Bürger eine Wertung von gerade einmal 1,4. Auch in Maroldsweisach (2,3) und in Ermershausen (3,4) sind die Menschen unzufrieden mit dem Angebot.
In Bundorf scheint zudem das kulinarische Angebot (1,8) besonders unzufriedenstellend. Genauso wie die Möglichkeit, einkaufen zu gehen (1,6), was angesichts der Größe des Ortes jedoch nicht wirklich verwundert.
Und wie sieht es sonst im Norden aus? In Ermershausen empfinden die Bürger den vielen Verkehr als Belastung (2,4). Das liegt vor allem an der Bundesstraße, die Fluch und Segen zugleich ist. Und in Maroldsweisach wünschen sich die Menschen ein vielfältigeres kulturelles Angebot im Ort (3,5).
Das Fazit: Es gibt deutliche Unterschiede im Norden
Die Ergebnisse des Haßberge-Checks zeigen: Zieht man die Stimmungslage heran, so ist der Vorwurf der Menschen, der Norden des Landkreises würde vernachlässigt, zumindest in Teilen berechtigt. Besonders stark spiegelt sich das beim Angebot des öffentlichen Nahverkehrs wider, aber ebenso bei den Themen Kulinarik und Kultur.
Zuletzt: Es ist wichtig, die Ergebnisse auch im Einzelnen zu beleuchten. Denn Ermershausen schneidet hier im Vergleich mit Bundorf deutlich besser ab.
Vorgestern war ein Artikel über ein lebensgefährliches Haus, einen Meter vom Würzburger Stadtring entfernt, wo Lärm & Abgase beim "Lüften" in die Wohnräume ungehindert eindringen. Diese Lage würde bei dieser Art von Umfrage bei allen Fragen mit Angeboten natürlich VIEL BESSER abschneiden und unterm Strich ein besseres Ergebnis bringen. Die heutigen Umfragen sind - typisch für den Zeitgeist - überproportional materiell und vordergründig ausgerichtet und bewerten so mitunter die Hölle besser als das Paradies.