
Auf dem Parkplatz des "nah & gut"-Marktes in Trossenfurt spielt eine Blaskapelle, Leute unterhalten sich. Aus der Haustür des benachbarten Wohnhauses der Kaufmannsfamilie Sauer kommen Eric und Renate Sauer. Beide blicken erstaunt. Die Verwunderung wird noch größer, als immer Menschen auf den Platz strömen. Ein regelrechter Festzug, angeführt von den "Rutscher-Mädels", der Tanzgruppe des SC Trossenfurt-Tretzendorf, füllt den Ort.
Mehrere hundert Menschen sind gekommen, um Danke zu sagen und um Abschied zu nehmen. Über 50 Jahre existierte der Familienbetrieb, nun schließt Eric Sauer am 31. März aus gesundheitlichen Gründen den Markt, der immer auch Ort der Begegnung war, nicht nur für die Trossenfurterinnen und Tretzendorfer.
Kreative Plakate und besondere Musik im Markt
Den Laden übernahm Sauer in den 1980ern von seinen Eltern. Und der heute 66-Jährige machte sich schnell einen eigenen Namen. "Zum Eric", nicht "zum Einkaufen" gingen die Menschen über Jahrzehnte in Oberaurach. In dem Markt war vieles etwas anders als in gewöhnlichen Einkaufsmärkten.

Das begann mit kreativen Werbeplakaten mit manch lockerem Spruch und reichte bis zur besonderen Playlist für die Ladenmusik. Denn Eric Sauer ist Rocker und begeisterter Musiker. Immer – auch beim Überraschungsabschied auf dem Parkplatz am Freitag – trägt er die Farben "seines" Vereins, des FC St. Pauli.
"Einkaufen in einer anderen Galaxie", diesen Spruch kreierte Eric Sauer, als er lange vor irgendwelchen Apps einen Teil seiner Sonderangebote ins Internet stellte. Er lieferte Bestellungen, wenn Kundinnen und Kunden nicht mehr in der Lage waren, nach Trossenfurt zu fahren. Für die Menschen wurde er so nach und nach zu einer Institution.
Mit den Lehrern nicht optimal verstanden
Eigentlich sind Eric und Renate Sauer am Abend des Abschieds stark erkältet. Am Tag zuvor hatten sie ihren 29. Hochzeitstag, verrät er. "Aber zusammen sind wir schon 42 Jahre. Vorher war wilde Ehe – das war damals noch was Außergewöhnliches". Eric Sauer war immer unkonventionell. Einer, der Dinge anders macht. Mit den Lehrern in der Berufsschule habe er sich nicht optimal verstanden, erinnert er sich. "Aber dann hab' ich doch die Prüfung bestanden und später hat das keinen mehr interessiert."

Aus Eric Sauer wurde ein "guter Kaufmann", so sehen ihn die Menschen im Ort. Er sei nicht auf Gewinnmaximierung aus gewesen, sondern habe sich immer auch am Wohl seiner Belegschaft und Kundschaft orientiert. "Die Zusammenarbeit mit dem Eric wird uns schon fehlen", sagt Reinhold Sußmann, Vorsitzender des SC Trossenfurt-Tretzendorf, und spricht damit vielen Vereinsverantwortlichen aus dem Herzen.
Festsamstag bombig gelaufen? "Beim Eric" gab es auch am Sonntag Nachschub. Nichts los an der Bar? Die Spirituosen von Sauer gab es auf Kommission. Und vor dem Fest? Da stellte "der Eric" den Vereinen in seinem Prospekt oft eine ganze Seite für Veranstaltungshinweise zur Verfügung.
Der Markt als Treffpunkt für die Menschen
Die besondere Bedeutung des Ladens und des Menschen Sauer betonten auch Oberaurachs zweiter Bürgermeister Hans Albert (CSU), Thomas Barthel für die Dörfergemeinschaft Trossenfurt-Tretzendorf-Hummelmarter und Bianca Strohwald für die Gewerbetreibenden.
Welche Zeitspanne 50 Jahre bedeuten, zeigte Barthel auf: "Als Klein-Eric die ersten Zeitschriften ins Regal räumte, war da die Erstausgabe des 'Playboy' dabei und 1972 wurde Star Trek Raumschiff Enterprise erstmals ausgestrahlt", scherzte er. Der Laden sei immer ein Segen gewesen, nicht nur für die ältere Bevölkerung und nicht nur als Einkaufsmöglichkeit, sondern auch als Treffpunkt.
Für das Engagement, den Markt zweimal zu erweitern, dankte Hans Albert im Namen der Gemeinde. Dort ist man zuversichtlich, trotz der Schließung eine Einkaufsmöglichkeit in Trossenfurt zu erhalten.
Kraft für den Kampf gegen seine Krankheit
Auch sozial engagierte sich Eric Sauer. Beim Faschingszug verkaufte er Würste. Der Erlös des Standes ging stets an die Kindertagesstätten oder andere wohltätige Zwecke. Die Kindergarten- und Schulkinder revanchierten sich durch regelmäßige Besuche. Und auch beim Abschied auf dem Parkplatz des Marktes zeigte sich die tiefe Verankerung.

Die "Rutscher-Mädels" tanzten zum Dank und klatschten zum Auszug die Familie Sauer ab. "Ich hab's total im Hals, aber jetzt habt ihr mich fast wieder g'sund gemacht", erklärte Eric Sauer, als der Beifall der vielen Umstehenden verklungen war. Die Überraschung war gelungen, nur Tochter Corinna war eingeweiht.
Viele seiner Kundinnen und Kunden nutzten anschließend die Gelegenheit, mit ihm anzustoßen und ihm vor allem Kraft für den Kampf gegen seine Krankheit zu wünschen. "Genießt den neuen Lebensabschnitt und gönnt Euch was", riet Bianca Strohwald, die im Namen der Gewerbetreibenden ebenso wie der Dörfergemeinschaft einen Reisegutschein überreichte.