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KNETZGAU
Eine kleine Gemeinde bewegt eine Million Franken
Nebelschwaden über dem Main bei Knetzgau. Die Flusslandschaft dort hat den einstigen Hochrein-See zurückerobert, der Blick des Drohnenauges geht in Richtung Zeil am Main.
Foto: Marco Depner | Nebelschwaden über dem Main bei Knetzgau. Die Flusslandschaft dort hat den einstigen Hochrein-See zurückerobert, der Blick des Drohnenauges geht in Richtung Zeil am Main.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:11 Uhr

„Wir haben eine Million Menschen hinter uns“, sagt Stefan Paulus. Er spricht angesichts dieser Dimension auch gerne von „der größten Bürgerinitiative, die Nordbayern je erlebt hat.“ Wohlgemerkt eine friedliche Bewegung, über alle politischen Färbungen hinweg. Paulus ist Bürgermeister der Gemeinde Knetzgau (Lkr. Haßberge), die „geMAINsam“ ins Leben gerufen hat, jene Initiative zur Vernetzung und Stärkung aller Akteure am Main, der sich seit Jahresbeginn über 90 Regionen, Landkreise, Städte und Gemeinden von der Quelle bis zur Landesgrenze angeschlossen haben.

Sie alle sind der Meinung, dass es an der Zeit sei, „unseren Main den Menschen wieder zurückzugeben“, den Fluss mit all seinen Facetten wieder stärker in den gemeinschaftlichen Mittelpunkt Nordbayerns und in das Bewusstsein der hier lebenden Bevölkerung zu rücken, wie es in der Resolution heißt. Die haben die Unterzeichner im September Ministerpräsident Markus Söder überreicht.

Nicht immer nur Donau und Isar

Der Franke Söder versprach damals, etwas für den Main zu tun, „da er unser großer fränkischer Fluss ist“, in Bayern aber meist nur über Donau oder Isar geredet werde. Zur möglichen Form und Höhe der Unterstützung äußerte er sich nicht. Aber er macht die Zusage, „dass wir uns darum kümmern werden und am Ende ein gutes Ergebnis bekommen.“ Söder gefällt es, dass die Idee von „geMAINsam“ nicht von oben aufgesetzt ist, sondern aus der Region heraus kommt. „Deswegen habt Ihr meine volle Unterstützung“, versicherte er der Delegation, die ihm die Resolution im Landtag überreichte.

Und wie schaut es mit den Fördermöglichkeiten nun aus? Das prüften derzeit die Staatsregierung beziehungsweise die zuständigen Ministerien, heißt es dazu aus der Bayerischen Staatskanzlei. Sobald belastbare Aussagen vorlägen, „erhalten die Initiatoren von ,geMAINsam‘ direkt eine Antwort der Staatsregierung“, teilte eine Sprecherin der Staatskanzlei dieser Redaktion mit.

Das Ziel: eine Koordinierungsstelle

Noch hat man in Knetzgau kein Signal aus München vernommen, wohl aber weiß Bürgermeister Paulus, welche Nachricht er sich wünschte: Dass der Freistaat für all die geplanten Vernetzungsaktivitäten eine Koordinierungsstelle mit entsprechenden Personal- und Sachressourcen an einem Ministerium ansiedelt. In Frage käme beispielsweise das Umweltministerium. Diese Stelle hätte die Aufgabe, die vielfältigen lokal oder regional verorteten Aktivitäten und Initiativen entlang des Mains zu erfassen, überregional sichtbar zu machen und zu verknüpfen. Dazu würde sie eine Informations- und Dokumentationszentrale aufbauen und wäre Anlaufstelle für fachliche Fragen.

Den Main in all seinen Facetten begreifbar zu machen, wie es das Ziel von Paulus und seinen Partnern ist, scheint indes eine gewaltige Herausforderung. Die Macher haben ökologische und naturwissenschaftliche Aspekte ebenso im Kopf wie wirtschaftliche; es geht ihnen um das Verstehen eines Altarms ebenso wie das einer Schleusenkammer, um Hochwasserschutz und Freizeitnutzung, um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Den roten Faden finden

So könnte sich Knetzgau das Main-Informationszentrum (MIZ) auf dem Areal vorstellen, auf dem derzeit noch die vor dem Abriss stehende Franz-Hofmann-Halle steht.
Foto: Illustration: ARC-GRÜN Landschaftsarchitekten und Stadtplan | So könnte sich Knetzgau das Main-Informationszentrum (MIZ) auf dem Areal vorstellen, auf dem derzeit noch die vor dem Abriss stehende Franz-Hofmann-Halle steht.

Die Erwartungen der Beteiligten sind dabei durchaus unterschiedlich. Unterfrankens Regierungspräsident Paul Beinhofer würde es begrüßen, wenn die Initiative in seinem „Wassermangelgebiet“ einen Schwerpunkt auf die Qualität und Verfügbarkeit von Wasser legen könnte. „Gerade in Unterfranken wird das Thema noch drängender werden, da wir beim Klimawandel ein Hotspot sind“. Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt denkt an Tourismus, Standortmarketing, Umwelt und Verkehr, sein Bamberger Amtskollege Andreas Starke hat zudem Fischerei, Schifffahrt und Kultur im Auge. In Schweinfurt – die Stadt hat die Resolution laut Paulus nicht unterzeichnet - ist OB Sebastian Remelé, der 2013 die Landesausstellung „Main und Meer“ in seine Stadt holte, der Ansicht, dass man die verschiedensten Themen zusammentragen müsse, „um am Ende einen gemeinsamen roten Faden zu finden.“

Dass sich die Mainanrainer, von der kleinen Kommune bis zur Großstadt, und viele weitere Akteure wie Universitäten, Fischerei- oder Tourismusverbände, im Sinne von „geMAINsam“ vernetzen, halten alle Akteure für sinnvoll. Netzwerke zu bilden sei für eine nachhaltige regionale Entwicklung elementar, sagt etwa Regierungspräsident Beinhofer und denkt an Projekte wie den Deutschen Burgenwinkel in den Haßbergen oder die Gelbe Welle zum Kanuwandern auf dem Main. In diesem Sinne bewertet er die von Knetzgau losgetretene Initiative als „einen guten Ansatz.“

Insgesamt ernten Stefan Paulus und seine Mitstreiter viel Lob. Die Initiative und das Engagement der Gemeinde Knetzgau verdienten seinen allergrößten Respekt, sagt Schweinfurts OB Sebastian Remelé: „Es ist heute nicht mehr selbstverständlich, dass neben den vielen alltäglichen Herausforderungen einer Gemeinde solche Projekte angestoßen werden.“

Wo kommt das MIZ hin?

Ob das Knetzgau in einem zentralen Anliegen weiterhilft? Im Zuge von „geMAINsam“ soll in nicht allzu ferner Zukunft das Main-Informationszentrum (MIZ) entstehen, ein großer Erlebnisort rund um den Fluss. Knetzgau möchte Standortgemeinde werden und hat schon eine Machbarkeitsstudie vorgelegt. Dass der Initiator einen Bonus hat und zumindest vom Grundsatz her eine Eignung mitbringt, erkennt man anderswo an. Doch dass die Standortfrage erst noch geklärt werden muss, betonten vor allem die großen Städte am Main. Da könnte Konkurrenz erwachsen. Aber Stefan Paulus wäre nicht er selbst, wenn er nicht alsbald den neuen bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber kontaktieren und ihn auf seine Gemeinde und ihre Vorstellungen bezüglich „geMAINsam“ und MIZ aufmerksam machen würde.

 
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Kommentare
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  • DieWahrheit
    Sehr geehrte Damen und Herren,

    wenn Bürgermeister Paulus von geMAINsam spricht, sollte er erst mal erklären was geMAINsam beteutet!

    Egoismus?

    Gruß
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