
Wer hat Ende Juni vergangenen Jahres mitten in Ebelsbach einen 31-jährigen Mann auf offener Straße niedergestochen? Dieser Frage wird aktuell in einem Prozess vor dem Landgericht Bamberg nachgegangen. Am zweiten Verhandlungstag erfuhr man nun im Gerichtssaal von den wochenlangen, aufwendigen Ermittlungen der Kriminalpolizei Schweinfurt. Sie gleichen einem Puzzlespiel:
Sogar ein Unterstützungskommando der Bereitschaftspolizei Würzburg ist im Einsatz. Mehr als ein Dutzend uniformierte Kräfte sind knapp zwei Wochen nach dem Vorfall in Ebelsbach. Sie sollen den 36-jährigen Tatverdächtigen festnehmen, der als gefährlich eingestuft wird.
Doch bis auf eine verschlossene Wohnungstür, die mit einer Ramme aufgebrochen werden muss, ist wenig los. Der Cousin des mit einem Messerstich in den Nacken verletzten Mannes lässt sich widerstandslos Handschellen anlegen. Er sitzt seither in Untersuchungshaft.
Smartphone- und Funkzellen-Daten
Keinen Erfolg bringt die Auswertung seines Smartphones. Es braucht eine Spezialfirma, um die durch einen Sperrcode gesicherten Daten auszulesen. Dabei sind diese wenig spektakulär. Was wohl auch daran liegen dürfte, dass der Angeklagte knapp eine Woche nach dem Angriff auf seinen Cousin offenbar das Gerät getauscht hat.
Dabei sind alte Daten gelöscht oder mit dem Backup nicht mehr wiederhergestellt worden. Jedenfalls findet sich kein einziger Hinweis auf das Opfer. Keine Anrufe, keine Chats, keine hinterlegte Rufnummer. Obwohl es in den Monaten zuvor durchaus Kontakt gegeben hat. Das zeigt das Smartphone des verletzten Cousins.
Aufschlussreicher sind da schon die Funkzellen- und Verkehrsdaten. Ein IT-Spezialist kümmert sich um die Frage, wer zum Tatzeitpunkt in Tatortnähe gewesen ist. Es tauchen fast 1200 Mobiltelefone in der betreffenden Funkzelle auf. Auch das des Angeklagten. Obwohl er angeblich in München gewesen sein soll.
Auch hat er offenbar nur kurz nach dem Messerangriff in der Funkzelle telefoniert – mit seinem Bruder und dessen Ehefrau. Jene Frau, die den Notruf wählt, um den Rettungsdienst zu alarmieren, und dabei völlig verzweifelt den Namen des Angeklagten ruft. Eine Viertelstunde nach dem Messerangriff verlässt der Angeklagte dann den Daten zufolge die Funkzelle und verschwindet.
Die Tatwaffe bleibt verschwunden
Trotz intensiver Suchmaßnahmen, auch mit Spürhunden, kann die Tatwaffe nicht gefunden werden. Bis heute fehlt von dem Messer jede Spur. Auch Hausdurchsuchungen fördern keine belastenden Dinge zutage. Das gilt auch für einen goldenen Säbel, ein Messer mit feststehender Klinge und einen Schreckschuss-Revolver, die beim Bruder des Angeklagten gefunden werden – alles Gegenstände, die man zu Hause aufbewahren darf.
Im Zimmer des Angeklagten, der zum Zeitpunkt der Tat in Bad Berneck bei Bayreuth lebt, gibt es ebenfalls nichts Verwertbares. Die Polizisten befragen auch die Nachbarschaft in Ebelsbach und den Betreiber einer nahegelegenen Gaststätte sowie zahlreiche seiner Gäste. Doch niemand hat in jener Juni-Nacht offenbar etwas Verdächtiges gehört oder gesehen.
Die Ermittler versuchen zudem, Videomaterial verschiedener Überwachungskameras zu sichern. Die Aufnahmen eines Geschäfts und einer Tankstelle führen nicht weiter. Sie sind aufgrund zu schlechter Bildqualität nicht zu gebrauchen. Es gibt aber Bilder, die die Straße zeigen, auf der die Messerattacke stattgefunden haben soll. Nur sieht man darauf niemanden.
Auch ein mögliches Motiv für die nächtliche Tat bleibt weiterhin im Dunkeln. Wie das Opfer der Polizei gegenüber beteuerte, hatte er weder eine Affäre mit einer verheirateten Frau, noch finanzielle oder Drogenprobleme, und auch nicht mit Anfeindungen zu kämpfen gehabt. Das Verfahren wird am 4. Februar um 9 Uhr fortgesetzt.