Hausherr René Bamberger deutet einmal quer über den Innenhof. "Ich sage immer, das ist der Ferrari, der da drüben steht." Gemeint ist jedoch kein Gefährt der bekannten italienischen Automarke mit dem springenden Pferd, sondern das Nebengebäude eines alten Dreiseithofs in Bundorf. Hier starteten der heute 36-Jährige und seine Lebensgefährtin Jennifer Linder, 35, vor einigen Jahren in ein Sanierungsprojekt, das ihnen am Ende ihr jetziges Zuhause bescherte.
Erst mit der Sanierung des Nebenhäuschens begonnen
"Wir haben mit dem Nebenhäuschen angefangen, das würde eigentlich keiner machen. Jeder macht erstmal das Haupthaus und wenn dann noch Geld übrig ist, schaut er, was er fürs Nebenhaus noch hat", erklärt Bamberger. Dass die beiden den umgekehrten Weg wählten kam so: Der 36-Jährige führt in Bundorf gemeinsam mit seinem Bruder in dritter Generation eine Firma, die auf Spanndecken spezialisiert ist. "Wir hatten Platzbedarf und wussten nicht, wo wir Lagerfläche herbekommen."
Ein Neubau gestaltete sich schwierig, ebenso der Versuch, vor Ort Scheunen anzumieten. Ein Nachbar habe ihn im Zuge der Suche schließlich auf den leerstehenden Dreiseithof gebracht, berichtet Bamberger. Er schrieb den Besitzer an und fragte, ob er die Scheune mieten könne. "Mieten geht nicht, wenn dann kaufen", habe dieser geantwortet. Und: "Die Scheune allein geht nicht, wenn dann das ganze Haus."
"Zugewuchert und eine Ausstattung wie 1950"
"Das Haupthaus wie auch die Nebengebäude waren alle richtig im Dornröschenschlaf", erinnert sich der Bundorfer. "Zugewuchert und eine Ausstattung wie 1950. Das Haus ist einfach verlassen worden. Die Suppenpackungen standen noch in der Küche. Ein Lost Place würde man heute sagen." Seine Partnerin und er wohnten damals noch in Bamberg. "Wir haben dann begonnen, das Nebengebäude, den alten Schafstall, umzubauen – zum Wochenendhäuschen."
Davor und während der Bauphase seien sie aber auch des Öfteren durch das Haupthaus gegangen und hätten zum Beispiel festgestellt, wann und wo das Licht schön fällt. Sie hätten das Haus einfach auf sich wirken lassen, sagt Bamberger. "Das war ein Prozess von ein paar Jahren, wo wir immer wieder mal durchs Haus gegangen sind und uns nur mal ein bisschen fantasievoll ausgemalt haben, wo man wie wohnen könnte, ohne dass es irgendwo konkret war."
Als sie mit dem Nebengebäude halbfertig waren, hätten sie sich gesagt: "Wenn wir gerade schon am Umbauen sind, dann machen wir es doch gleich richtig." Und so widmeten sie sich schließlich der Sanierung des Haupthauses. Die ersten Vorbereitungen starteten 2018, an Fasching 2020 zogen sie ein. Die Umbauzeit habe rund eineinhalb Jahre betragen. "Es ist trotzdem immer noch irgendwie was zu machen", fügt Linder mit einem Schmunzeln an.
Die Vorstellungen mit dem Bestand vereinbart
Bamberger, der Architektur studiert hat, erklärt, dass es ihnen wichtig gewesen sei, an dem Denkmal "zu erhalten, was zu erhalten ist". "Wir wollten nicht einen festen Traum eins zu eins umsetzen. Wir hatten schon unsere Vorstellungen, aber wir haben geschaut, wie wir sie mit der Bestandssubstanz vereinbaren können." Der Leitspruch, dem sie folgten, ziert nun auch die Fassade des Hauses: "Lasst uns an dem Alten, so denn es gut ist, halten und auf diesem alten Grund Neues bauen jede Stund."
Ihm sei bei der Sanierung außerdem wichtig gewesen, berichtet der 36-Jährige weiter, alte Materialien und Handwerkstechniken auszuprobieren. "Ich habe das immer ein bisschen als Projekt gesehen." Es sei für sie auch relativ schnell klar gewesen, dass natürliche Materialien im Haus verwendet werden sollen. "Also Holz, Stein, Lehm und Kalk." Den später verwendeten Sumpfkalk zum Beispiel habe er bereits kurz nach dem Grundstückskauf schon selbst angesetzt.
Stuckdecken und Wandmalereien entdeckt
Im Zuge der Sanierung kam in dem Haus, das aus dem Ende des 17. Jahrhunderts datiert, auch die ein oder andere unerwartete Besonderheit zum Vorschein. "In der Beletage oben und in der guten Stube im Erdgeschoss haben wir Stuckdecken", berichtet Bamberger. Diese seien unter "zwanzig, dreißig Farbschichten" wieder freigelegt worden. "Da ist einfach immer nur drüber gestrichen worden." Eine Wölbung sei noch zu erkennen gewesen, aber nicht wie fein der Stuck eigentlich profiliert ist.
Im Obergeschoss des Hauses stießen die beiden außerdem auf alte Wandmalereien. "Beim Freilegen haben wir gemerkt, dass es drei Farbschichten übereinander gab", berichtet Bamberger. Wenn man überlege, dass 50 Jahre niemand gestrichen habe und davor vielleicht alle 30 Jahre, "dann schaut man da irgendwo 150 Jahre in die Vergangenheit". Zufällig entdeckten sie hinter einem lockeren Stein auch noch eine weitere Malerei, die irgendwann zugemauert worden war.
Es sei sehr viel Eigenleistung in die Sanierung geflossen, bestätigt Bamberger. Hilfreich sei auch gewesen, dass die eigene Firma viele der benötigten Gewerke abdeckt. Aber: "Jeder denkt immer, Denkmal gleich teuer. Das würde ich verneinen", fügt der Bauherr an. "Wir haben Baukosten, und da habe ich jetzt die Eigenleistung schon mitreingerechnet, von 1600 Euro pro Quadratmeter. Man baut heute ein neues Haus für 2500 Euro pro Quadratmeter." Der Bundorfer verweist mit Blick auf die Kosten auch darauf, dass die Möglichkeit bestehe, ein Denkmal steuerlich gesondert abzuschreiben.
"Hätte mir mein Wohnzimmer nie so klein gezeichnet"
Bauen im Bestand sei natürlich eine andere Herausforderung, als mit einem weißen Blatt Papier zu beginnen. "Es ist, das ist ja heute das Thema schlechthin, auf jeden Fall nachhaltiger", befindet Bamberger. "Ich hätte mir mein Wohnzimmer, glaube ich, nie so klein gezeichnet und ich hätte mir auch nie ein Arbeitszimmer mit elf Quadratmetern gezeichnet. Aber der Raum war da, und als der Schreibtisch drin stand, hat man gemerkt: Das passt." Die Wohnqualität sei keine andere, im Gegenteil, man müsse weniger heizen oder auch putzen.
Und: Das ganze Ensemble wirke sofort stimmig. "Was man daraus macht, da kann man dann seiner Kreativität freien Lauf lassen." Natürlich sei der Umbau eines Denkmals mit Einschränkungen verbunden und man müsse behutsam vorgehen. "Denn die Grenze zwischen Denkmalschutz und Disneyland ist fließend", sagt Bamberger. Es mute sonst schnell künstlich an. Zum Beispiel sei das Nebengebäude dem Haupthaus untergeordnet. "Deswegen war für uns klar, dass da keine Farbe auf die Balken kommt, weil damals kein Stall Farbe bekommen hat." Sonst rücke das Gebäude zu stark in den Vordergrund. Also kein Ferrari-Rot für den Ferrari.
Geschichte wird zur Gegenwart. Historische Gebäude werden in ihrer Nutzung ins Heute übersetzt. Die ursprüngliche Schönheit und Gestaltung unserer Dörfer hat Zukunft! Ein sehr schönes Ergebnis! Allemal besser als Abriss!
Guido Spahn, Kreisheimatpfleger Lkr. SW-Nord