
Die "Kirchenmusik in den Haßbergen" feiert ihr 20-jähriges Bestehen. Drei Chöre hat Matthias Göttemann, Dekanatskantor im Dekanat Rügheim, unter seiner Leitung: den Musicalchor "Junge Stimmen", den Gospelchor und den Kantoreichor. Zum Jubiläum erzählen sieben Chormitglieder, wie sie dazu gekommen sind, dort mitzusingen, und was sie daran fasziniert.
Stefanie Triebs (47) aus Haßfurt

Stefanie Triebs (47) zog 2011 berufsbedingt in den Landkreis Haßberge. Mit der Geige im Gepäck suchte sie Gleichgesinnte, um sich einem Orchester anzuschließen. Vergebens: "Das gibt es hier nicht." So besann sie sich stattdessen auf das Instrument, das sie immer dabei hat: ihre Stimme. Gesangsunterricht hatte die Pädagogin bereits gehabt, daher wendete sie sich 2013 an den Gospelchor.
Nach der ersten Aufführung fragte Matthias Göttemann, ob sie nicht auch bei der Kantorei mitsingen wolle. Seitdem sind die Chorproben ein wichtiges Element in ihrem Leben. "Ich treffe auch Menschen, die ich gerne mag." Triebs singt zumeist vom Blatt, nur wenige Sequenzen muss sie einstudieren. Mittlerweile darf sie auch bei der Liedauswahl für den Gospelchor mitreden. "Nicht alles, was wir singen, gefällt einem persönlich", sagt Triebs. "Aber wenn das Projekt beendet ist, ist es immer toll!"
Emilia Kraft (12) aus Prappach

Emilia war knapp vier Jahre alt, als die Kindergärtnerin Stefanie Lenhard ihre Eltern ansprach: "Ihr Kind singt so gerne und singt sogar auch sehr gerne vor, das sollten Sie fördern." Gesagt, getan. So kam Emilia zu "Spiel und Spaß" bei Monika Schraut in Zeil. Sie stieg ein in die Welt der Musicals, "mit Leib und Seele".
Doch dann kam Corona. Emilia erhielt Einzelunterricht bei der Musikschule Dreiklang. Auftritte mit Sologesang waren möglich an Weihnachten in der katholischen Kirche, später bei den Sterzelbacher Musikanten. Nach der Grundschule lockte der Musicalchor "Junge Stimmen" am Regiomontanus-Gymnasium in Haßfurt. Und sie kam zum Chorgesang: "Die Stimmen sind ganz verschieden, aber zusammen ergibt sich eine schöne Harmonie."
Gesang, Theater und Bühnenpräsenz lassen der zwölfjährigen das Herz aufgehen. Als eine von 160 Singenden bei Carmina Burana in Rügheim dabei zu sein, war für sie "eine Wahnsinns Sache". Noten brauche sie zum Singen nicht: "Ich höre die Melodie und singe sie nach. Fertig."
Wolfgang Grünewald (65) aus Hainert

Im Hause Grünewald wird seit Generationen musiziert, Wolfgang lernte Kirchenorgel und Klarinette. Gesungen wurde allerdings nur am Lagerfeuer und beim Jugendgottesdienst, bis er vor gut zwanzig Jahren in den Hainerter Männerchor eintrat. "Wenn Du was Anspruchsvolles singen willst, geh nach Haßfurt", meinte Chorleiter Kurt Miegler. Und Grünewald wollte.
"Der Einstieg war eine Umstellung", singen vom Blatt eine Herausforderung. Er lernte "beim Einsingen die Stimmbänder und die Ohren zu kalibrieren." Heute singt er routiniert Bass im Gospelchor und Kantoreichor, sehr gerne Werke des modernen Komponisten Carl Jenkins.
Grünewald zeigt Hochachtung vor Göttemanns eisernem Willen: "Matthias hat es geschafft, trotz Corona zu proben und einen Gottesdienst nach dem anderen zu singen." Der 65-jährige Katholik möchte dabeibleiben, bis seine Stimme versagt. Sein Tipp für Interessierte? "Man muss begierig sein zu lernen, zuzuhören und sich das Gelernte zu merken."
Barbara Kuhn (71) aus Haßfurt

Singen gehört für Barbara Kuhn seit ihrer Kindheit zum Alltag, auf Autofahrten sangen sie und ihre Eltern dreistimmig. Jahrzehnte späte, im Jahr 2005, wurde sie nach dem Gottesdienst angesprochen: "Du singst doch ganz schön, komm doch mal mit in den Chor." Gemeinsam mit ihrem Mann stieg sie ein in den Breisacher Münsterchor in Baden-Württemberg. Sie lernte, mit Noten umzugehen, sang Tenor. "Höchstens eine Aufführung pro Jahr."
2020 zogen sie und ihr Mann nach Haßfurt, im Internet stießen sie auf die Kantorei Haßberge – und hatten Glück: "Das angekündigte Weihnachtsoratorium kannten wir schon." Es vergeht kein Tag, an dem die 71-Jährige nicht einzustudierendes Liedgut vor sich hinträllert. Singen vom Blatt ist nicht ihr Ding, sie muss zuhören, einüben, singen, bis das Lied sitzt. Gerne im Pferdestall und beim Reiten, ihre Stute empfinde es als angenehm, sagt sie.
Kuhn und ihr Mann sind gerne dabei: "Weil das Singen Spaß macht, auch, gefordert zu werden, und weil da sehr nette Menschen sind."
Heribert Schorr (55) aus Hohnhausen

Schorr kam zum Chorgesang "wie die Jungfrau zum Kind". 28 Jahre war er alt, als ihn sein Schwiegervater "zum Burgpreppacher Kirchenchor mitgeschleift hat". Als der Chor sich auflöste, empfahl ihm die Chorleiterin den Kantoreichor. Das war 2006. Seitdem ist er dabei, und das sehr gerne. "Auch beim Gospelchor. Aber aus Zeitgründen nicht oft."
Singen in der Kantorei mache ihm "super Spaß", er möchte es nicht missen: "Ich bin von Haus aus sehr musikalisch und singe auch gerne. Das beruhigt, gibt Ausgleich zum normalen Leben. Nach der Probe kommt man ausgeglichen zurück, entspannt, in andere Gedankengänge versetzt. Das finde ich sehr schön."
Gefordert ist er auch beim Auf- und Abbau der Bühne, aber der 55-Jährige kann sich auf sein 15-köpfiges Helferteam verlassen, jeder Handgriff sitzt. "Chormenschen, das ist ein geselliger Menschenschlag, vernünftig, mit lauter positiven Attributen."
Christina Fallenbacher (42) aus Kleinmünster

"Singen macht einfach glücklich", bringt Christina Fallenbacher auf den Punkt, weshalb sie, ihr Mann, ihre Schwiegermutter, ihre Tochter und ihre Schwägerin in der Kantorei singen. Zum Gesang kam sie über die Orgelprüfung: "Da musste man singen." Als Studentin suchte sie einen Ausgleich und fand ihn eben dort.
"Das Coole an Matthias Göttemann ist, er bespricht intensiv während der Proben: Worauf muss ich achten?" Er sei der Profi, der es schaffe, einen als Laien gut mitzunehmen. "Man übt vor Ort, auch mit einer Stimmbildnerin, und lernt, worauf es beim Singen ankommt." Dazu gehöre auch das gemeinsame Hören im Chor, die andere Stimme als Stütze zu verstehen: "Ich weiß, was die machen und woran ich mich halten kann."
Die 42-jährige spricht vom "glücklichen Händchen", das der Chorleiter habe, das Talent, während der vierzehn Proben pro Aufführung einen roten Faden zu finden, und rechtzeitig, ohne sich am Ende in zu vielen Details zu verlieren, "den Sack zuzuschnüren".
Fabienne Reiß (28) aus Königsberg

Am Anfang war die Kuh: "Mein großer Bruder wurde zu Herrn Göttemann in den Musicalchor Junge Stimmen geschickt, dann hieß es, man braucht Statisten." Es ging um die Rolle einer Kuh. "Ach, das machen wir doch", reagierte die Gymnasiastin. "Für einen Tag Schulfrei ziehen wir ein Kuhkostüm an." Was folgte, war die Liebe zum Singen. Die heutige Studentin blieb im Musicalchor, "bis ich 14 oder 15 war." 2010 wurde sie "in den Gospelchor geschoben", dann ging es 2014 in den Kantoreichor. Die 28-jährige Königsbergerin blieb dabei, mit wenigen durch das Studium bedingten Pausen.
Reiß hat nicht alle Stücke toll gefunden, "aber das Singen in der Gemeinschaft ist großartig!" Sie hätte sich stimmlich enorm weitergebildet und entwickelt und rät: "Jeder, der auf einem hohen Niveau singen lernen möchte, sollte einfach mal zum Schnuppern vorbeikommen. Ich persönlich fände als 'Kücken' des Chores ein paar jüngere Mitsänger toll. Wer vorbeikommt, merkt, dass wir trotz der alten Klassik ein witziger Haufen sind."