Wenn Ralph Köberlein von Schreibmaschinen erzählt, werden diese lebendig. Der Hofheimer kennt sich bis ins Detail mit den Maschinen und ihrer Geschichte aus. Die Erste ihrer Art zum Beispiel bestand 1864 größtenteils aus Holz, wie Köberlein berichtet. Ihr Erfinder, der Südtiroler Peter Mitterhofer, transportierte eines seiner Modelle sogar Hunderte von Kilometern bis an den kaiserlichen Hof nach Wien. Die neue Technik sei dort jedoch bei den Gelehrten und Beratern des Kaisers auf Ablehnung gestoßen, erklärt Köberlein.
Seine Leidenschaft für und sein Wissen über Schreibmaschinen und weitere Büroutensilien teilt der Hofheimer nun in einer Schaufenster-Ausstellung unter dem Motto "Historische Bürotechnik". Passantinnen und Passanten können in den sechs Schaukästen, die sich an der Seite des ehemaligen Foto-Häffner befinden, einen Blick zurück in die Vergangenheit werfen. Die Hofheimer Familie Thomsen stellt die Schaukästen für die Dauer der Ausstellung zur Verfügung. Der Redaktion gewährte Köberlein bereits vor der offiziellen Eröffnung am Freitagnachmittag einen Blick auf die Exponate.
Schreibmaschinen ebneten einst Frauen den Weg in die Büros
Von 1870 bis 1930 erlebte die Schreibmaschinentechnik ihre Hauptentwicklung, wie Ralph Köberlein berichtet. Das erste Unternehmen, das Schreibmaschinen in Serie fertigte, war dabei der US-amerikanische Waffenhersteller Remington. Gemeinsam mit der Schreibmaschine stellte die Firma Kunden auch eine Schreibkraft zur Verfügung, die sich mit der Maschine auskannte. Aufgrund ihrer Fingerfertigkeit seien das häufig Frauen gewesen. "Das hat den Frauen damals den Weg in die Büros geöffnet", erklärt Köberlein.
Aus heutiger Sicht kurios erscheint die Tatsache, dass sich auf einigen Schreibmaschinen der Schaufenster-Ausstellung, die teils über 100 Jahre alt sind, das @-Zeichen finden lässt. Auch hierfür kennt Köberlein den Grund: Das @-Zeichen wurde schon vor Jahrhunderten verwendet, unter anderem von den Spaniern und Portugiesen. "Es ist ein kaufmännisches Zeichen und entspricht unserem je beziehungsweise à", erklärt der Hofheimer Schreibmaschinen-Experte. Im Spätmittelalter hätten Seefahrer das @ auch mit nach Amerika gebracht.
Und so entstand Jahrhunderte später der Wunsch, das Zeichen ebenso auf den Schreibmaschinen unterzubringen. Erst mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Zusammenbruch der Handelsbeziehungen sei das @ als kaufmännisches Zeichen dann untergegangen. Ehe Raymond Tomlinson es Anfang der 1970er-Jahre wieder hervorbrachte: Der US-amerikanische Informatiker gilt als Erfinder der E-Mail und war, wie Köberlein erklärt, dafür auf der Suche nach einem Zeichen, das auf den damaligen Schreibmaschinen nicht verwendet wurde.
Schreibmaschine der Tante war für Ralph Köberlein der Auslöser
Ralph Köberlein lernte das Maschinenschreiben als Jugendlicher, wie er berichtet. Seine Begeisterung für Schreibmaschinen weckte indes ein Exemplar, das er bei seiner Tante entdeckte: Eine schwarze Erika mit Chromtasten in Hochglanz-Optik. "Da hat es bei mir Klick gemacht", sagt der Hofheimer. Bis er dann seine erste eigene Schreibmaschine in Händen hielt, habe es noch einige Jahre gedauert. Inzwischen sammelt Köberlein die Maschinen, und mitunter auch andere historische Bürotechnik wie etwa Hefter, Locher und Spitzer. Als Schreibmaschinen-Sammler komme man daran nicht vorbei.
Auf Flohmärkten, im Internet oder auch über einen Sammlerverein – das Internationale Forum für Historische Bürowelt – findet Köberlein neue Sammlerstücke, wie er erklärt. Vor ein paar Jahren zeigte er seine Sammlung bereits in einer Ausstellung in Königsberg. Nicht ohne Folgen: "Die Leute haben uns danach teilweise ihre alten Schreibmaschinen vorbeigebracht. Wenn wir nach Hause kamen, lagen immer wieder welche bei uns vor der Tür", erzählt seine Frau Anita mit einem Schmunzeln.
Ralph Köberlein, der beruflich in der Verwaltung tätig war, hat die Entwicklung der Bürotechnik in den vergangenen Jahrzehnten hautnah miterlebt, von den mechanischen über die elektrischen Schreibmaschinen bis in die heutige Zeit. "Ich weiß noch, wie ich das erste Mal mit einer Maus einen Pfeil auf dem Bildschirm bewegt habe und es mir gar nicht erklären konnte", erinnert er sich. Der Ursprung des Ganzen? Logisch: "Ohne die historische Bürotechnik wären wir nicht beim Computer gelandet."
Die Schaufenster-Ausstellung "Historische Bürotechnik" ist bis auf Weiteres in den Schaukästen des ehemaligen Foto-Häffner in der Hauptstraße 10 in Hofheim zu finden. Die gezeigte Bandbreite reicht dabei von Koffer- und Kleinschreibmaschinen über Kinder- und Blindenschreibmaschinen bis hin zu frühen Taschenrechnern und diversen anderen Bürotika.