Es gibt ihn in Deutschland mittlerweile in nahezu allen größeren Städten, den Christopher Street Day (CSD): Als Aktionstag von Lesben, Schwulen, Transgender-Personen, Inter-, Bisexuellen oder Asexuellen, die das Ereignis nutzen, um für ihre Rechte und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung zu demonstrieren. Am 20. August wird es auch im kleinen Haßfurt einen Christopher-Street-Day geben.
Organisator ist der Verein CSD Haßberge mit Sitz in Sand am Main, der sich gerade erst – Ende Juni – gegründet hat. "Fast alle unserer Gründungsmitglieder*innen sind in den Haßbergen aufgewachsen und haben es sich zur Aufgabe gemacht, queere Bildung und Akzeptanz in den Haßbergen zu fordern und zu fördern", beschreibt der Verein auf seiner Homepage sein vorrangiges Ziel. "Queer" wird in der Regel als Oberbegriff und als positive Selbstbezeichnung aller nicht-heterosexueller Menschen verwendet.
In Würzburg verzeichnete Anfang Juli der CSD mit über 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der LSBTIQA-Community eine Rekordbeteiligung. Die Abkürzung LSBTIQA steht für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, intersexuelle, queere und asexuelle Menschen. Aber jetzt ein Christopher-Street-Day quasi in der Provinz?
"Wir wollen das Thema Queer in den ländlichen Raum bringen", erklärt Vincent Steppert (18) vom Vorstand des CSD Haßberge im Gespräch mit der Redaktion. Für Steppert steht fest: Im Landkreis Haßberge gibt es genauso Menschen, die sich nicht der klassischen (binären) Geschlechterordnung Mann und Frau und ihrer gegenseitigen sexuellen Anziehung zuordnen lassen, wie anderswo.
Nur dass sich die Betroffenen weniger outen. Auf dem Lande dominiere die klassische Geschlechterrolle Mann-Frau; und es gebe kaum Kontakte mit queeren Menschen. Wer anders sei, fühle sich da schnell alleine, könne nicht das Selbstbewusstsein entwickeln, dass mit ihm oder ihr nichts falsch sei. "Viele aus der Community sind aus dem Landkreis Haßberge weggezogen", sagt Steppert.
Er und Lukas Buld (19), ebenfalls im Vorstand des CSD Haßberge, glauben aber nicht, dass die Landbevölkerung dem Anderssein grundsätzlich mit weniger Toleranz begegnet. Genau deswegen setzen sie auf Aufklärung und Information, wollen ihr Anliegen in den Landkreis und hinein bis in die Familien bringen. Und in die Schulen. Beide, Steppert und Buld, sind im Landkreis Haßberge zur Schule gegangen und haben die Erfahrung gemacht: Alles, was mit Queer und LSBTIQA zu tun hat, werde hier "absolut totgeschwiegen" - für sie ein zentrales Problem bei der Aufklärung und beim Kampf um Anerkennung und Gleichstellung.
Prominente Rednerin: Die Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer kommt
Der Christopher Street Day unter dem Motto "Sichtbarkeit schafft Sicherheit" soll der Auftakt dazu dazu sein. Steppert und Buld kündigen für das Ereignis prominente Unterstützung an: Die Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer (Nürnberg, Bündnis 90/Die Grünen) soll eine der Rednerinnen und Redner auf dem Haßfurter Marktplatz sein; ihr Büro hat gegenüber der Redaktion die Teilnahme bestätigt. Ganserer war 2018 die erste Abgeordnete in Deutschland, die sich öffentlich zu ihrer Transidentität bekannt hatte.
Vor dem großen Bühnenprogramm wollen die Veranstaltenden mit ihrer Community und Unterstützerinnen und Unterstützern in einem Demonstrationszug durch die Innenstadt ziehen. Und dabei auf die in der Öffentlichkeit bestehenden Vorurteile und Diskriminierungen aufmerksam machen und die volle rechtliche Gleichstellung der LSBTIQA-Gruppen in allen Bereichen des Lebens einfordern. Das Organisationsteam rechnet mit und hofft auf 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Haßfurt. Die große Aftershowparty findet ab 22 Uhr dann aber in Schweinfurt statt.
Der Verein CSD Haßberge hat aber auch schon andere Aktivitäten entfaltet: Künftig soll es einen regelmäßigen queeren Jugendtreff und einen queeren Stammtisch geben.
Der CSD Haßberge will ein Community-Center einrichten
Die Verantwortlichen von CSD Haßberge sind gedanklich aber schon einen Schritt weiter: "Mittelfristig schwebt uns ein Community-Center vor, in das wir uns einmieten wollen. Ein Ort, an dem niemand von uns mehr alleine sein muss", blickte Vincent Steppert nach vorn.
Auf der Homepage www.csd-hassberge.de finden sich ausführliche Informationen unter anderem zur Zielsetzung des Vereins und seine Veranstaltungen. Hier ist auch beschrieben, wie man Mitglied werden kann – und eine Kontonummer für Spenden angegeben, die CSD Haßberge nach eigenen Angaben dringend für seine Arbeit benötigt.
So soll der Christopher Street Day am Samstag, 20. August, in Haßfurt ablaufen
Ab 15 Uhr: Demonstration unter dem Motto "Sichtbarkeit schafft Sicherheit"
Eröffnungskundgebung durch die Veranstaltenden. Der Demonstrationszug führt vom Marktplatz über die Hauptstraße, Oberes Tor, Bahnhofstraße, Unteres Tor und Hauptstraße zurück zum Marktplatz.
Ab 16.00 Uhr: Kundgebung und Bühnenprogramm wiederum am Haßfurter Marktplatz.
Auf der Bühne reden unter anderem Tessa Ganserer und die Veranstaltenden des CSD. Außerdem treten zwischen den Reden Künstlerinnen und Künstler auf.
Ab 22.00 Uhr: Aftershowparty im Pure Schweinfurt (!)
Angekündigt werden in dem Beitrag für den 5. August ein Jugendtreff und ein Stammtisch im Biergarten. Für 2023 ein bisschen früh, den Termin vergessen die Leute bis dahin oder war der 5. August 2022 gemeint, dann kommt der Hinweis leicht verspätet.
danke für den Hinweis. Es handelt sich hier um einen Artikel, der eigentlich schon vor einigen Wochen bei uns erschienen ist. Wir haben ihn noch einmal auf der Website nach oben gezogen und den Titel angepasst, weil darauf hinweisen wollten, dass der CSD, den wir damals angekündigt haben, nun an diesem Wochenende stattfindet. Dabei haben wir vergessen, die Termine aus dem Text herauszunehmen, die mittlerweile schon in der Vergangenheit liegen. Das haben wir jetzt korrigiert.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Schmieder, Redakteur
Aber Sie können derweil gern mit ner Gießkanne Wasser aus m Main schöpfen und ein paar Bäume gießen, wenn Sie diese Veranstaltung nicht interessiert 😉.