Die Corona-Pandemie hat Ruth Frank (53) das Leben richtig schwer gemacht. Schwerer als ihren Amtskollegen. Die Bürgermeisterin war, wie sie offen zugibt, bei Amtsantritt vor einem Jahr, weder kommunalpolitisch erfahren noch mit den Belangen von Breitbrunn näher vertraut. Um zu lernen und kennenzulernen, hätte sie dringend viel mehr Erfahrungsaustausch im persönlichen Kontakt gebraucht. Wie kommt die Frau an der Spitze ihrer Gemeinde zurecht, deren Namen die Wählerinnen und Wähler 2020 nicht ankreuzen konnten, sondern den sie auf den Wahlzettel schreiben mussten?
Ruth Frank: Nicht wie der Hahn - wie die „Henne im Korb“. Ich fühle mich in diesem Kreis sehr wohl. Da gibt es keine Probleme, das ist ein angenehmes Arbeiten.
Frank: Ganz parteilos unterwegs zu sein ist praktisch unmöglich. Ich habe mir von Anfang an eine Gruppierung gesucht, der ich mich anschließen kann. Das waren die SPD-Bürgermeister. Es ist einfach wichtig, dass man die Themen, die auf Kreisebene eine Rolle spielen, mitbekommt und nicht den Anschluss verliert, weil man nur für sich alleine ist. Ansonsten bin ich sehr zufrieden mit meiner Rolle, mich keiner Gruppierung zurechnen lassen zu müssen.
Frank: Es macht mir sehr viel Spaß, mich mit Kommunalpolitik, ihren Rahmenbedingungen und Hintergründen auseinanderzusetzen. Mein Problem im letzten Jahr war aber: Mir hat vorne und hinten die Zeit gefehlt, vor allem wegen all der Monate Homeschooling mit meinem Sohn. Da hatte ich nicht den Spielraum, mir alles mühsam anzueignen. Und auch der ganze Kommunikationsfluss to go ist ja wegen Corona weggefallen, da konnte ich mich nicht wie erhofft austauschen. Da war es wenigstens gut, dass wir in einer VG (Anm. d. Redaktion: Breitbrunn ist der Verwaltungsgemeinschaft Ebelsbach angeschlossen) sind, wo auch die Zusammenarbeit gut funktioniert. Dort bekomme ich jederzeit Unterstützung.
Frank: Neidisch sind auf mich in der aktuellen Situation wohl die allerwenigsten. Und es schaut auch niemand auf mich herab. Da spüre ich eher Anerkennung, dass ich den Schritt gewagt habe, Bürgermeisterin zu werden.
Frank: Das war wirklich eine untragbare Situation, speziell für mich: Weil ich erstens bis zur Wahl mit der Dorfgemeinschaft wenig Berührungspunkte hatte und zweitens mit der politischen Situation im Ort nicht vertraut war. Mich hat es extrem behindert bei der Arbeit, dass man nicht einfach mal auf einem Fest vorbeischauen kann oder sonstwie mit den Leuten ins Gespräch kommt. Viele Bürger kennen mich nicht, ich kenne viele Bürger nicht. Die Bürgersprechstunden oder zufälligen Begegnungen etwa beim Einkaufen können die Kontakte in Normalzeiten nicht aufwiegen. Da muss ich noch viel aufholen.
Frank: Also ich habe das nie persönlich genommen. Ich habe auch oft die Rückmeldung bekommen: Das geht nicht gegen Dich, sondern gegen die Sache. Das habe ich auch so wahrgenommen. Die Lehre, die ich daraus ziehe ist: Auch wenn ich überzeugt davon bin, dass eine Idee für die Gemeinde richtig und wichtig ist, lasse sich sie los, wenn ich merke, sie kommt bei den Leuten nicht an. Man kann niemanden zu seinem Glück zwingen.
Frank: Es gibt nicht wirklich etwas Neues. Wir können mit der Erlebniswelt nicht starten, wenn der Steinbruch Graser nicht genehmigt und das Unternehmen bei dem Projekt an Bord ist. Ich denke, es wird demnächst eine Vorstandssitzung des Fördervereins Fränkischer Sandstein geben. Und vielleicht ist danach eine Lösung absehbar. Ewig in der Luft halten können wir das Projekt nicht.
Frank: Über weite Strecke hätte es theoretisch funktioniert, aber ich hatte mit der Praxis gerade erst angefangen und noch keine große Werbung gemacht. Ich hatte einzelne Sitzungen mit dem Klientenstamm, den ich schon hatte, aber ich habe keine neuen Klienten akquiriert. Ich werde die Praxis mit Sicherheit nicht aufgeben – die Frage ist nur, in welcher Form und in welcher Intensität ich das machen kann. Momentan ist mein Zeitmanagement eine einzige Katastrophe.
Frank: Also genau genommen ist das zeitlich sicher eine Vollzeitstelle. Gerade in kleinen Kommunen ist es wichtig, dass der Bürgermeister ganz nah am Bürger dran ist, das macht das Leben auf dem Dorf aus. Ich bin für jeden und für alles ansprechbar, da würden in größeren Gemeinden die Bürger oft nie auf die Idee kommen, sich an den Bürgermeister zu wenden. Einen hauptamtlichen Bürgermeister zu bezahlen ist aber kein Pappenstiel. Die Kommune könnte das ja selbst entscheiden – aber wenn ich im Sinne Breitbrunns denke, dann muss ich sagen: das ist finanziell nicht machbar.
Frank: Unser Großprojekt Kindergarten-Generalsanierung liegt in den letzten Zügen. Wir müssen sehen, wie es mit den kommunalen Liegenschaften weitergeht, wir haben alte Schulgebäude in Lußberg und Breitbrunn. Für Breitbrunn ist ja der politische Wille da, zu sanieren – und es gibt schon Konzeptansätze. Ein Riesenthema ist auch, dass wir ein neues Baugebiet brauchen. Und die Jugend, die nicht Vereinen angeschlossen ist, ist das ganze letzte Jahr hinten heruntergefallen, da müssen wir nach Corona Angebote machen. Auch der Radweg von Breitbrunn nach Kirchlauter wird ein Thema sein, und das Gemeinschaftshaus Kottendorf ist laut Förderbescheid heuer fertigzustellen. Wir haben genug zu tun – und die Vorstellung, ich komme ins Amt und alles ist geregelt, hat sich für mich ganz schnell erledigt.