Dass es in einer Partnerschaft hin und wieder zu einem Streit kommt, ist so alltäglich wie eine Tasse Kaffee zum Frühstück. Aber die Auseinandersetzung, die sich vor fast zwei Jahren abends im Maintal abgespielt haben soll, geriet offenbar völlig aus den Fugen. "Der liebste Mensch auf der Welt verwandelte sich plötzlich in ein Monster!", berichtete die heute 42-jährige Frau im Zeugenstand des Amtsgerichts. Nach seinem Übergriff – sie beschrieb es als "Überraschungsangriff" – sei es für sie ein "Überlebenskampf" gewesen, schilderte sie schluchzend dem Richter.
Am Mainufer viel Alkohol getrunken
Mit ihren Aussagen bestätigte sie das, was die Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift vorgetragen hatte. Die Gewalttat habe sich Anfang Oktober 2022 ereignet. An diesem Tag sei es vormittags noch recht harmonisch zugegangen. Das Paar habe sich zum nahegelegenen Mainufer begeben. Dort hätten beide Alkohol getrunken, er eine Flasche Bier nach der anderen, sie mehrere Gläser Sekt.
Am frühen Nachmittag sei die Frau nach Hause gegangen. Ihr Freund sei noch geblieben und später mit dem Fahrrad nachgekommen. Da sei er bereits so betrunken gewesen, dass er auf dem Heimweg gestürzt sei und sich Schürfwunden im Gesicht zugezogen habe. Gegen 16 Uhr sei er zu Hause angekommen. Sie habe ihm einen Tee gemacht, bevor er sich einige Stunden schlafen gelegt habe. Als er dann gegen 19 Uhr aufgewacht sei, seien beide noch stark alkoholisiert gewesen: Der Mann habe etwa 2,2 und die Frau rund 1,8 Promille intus gehabt.
Gewaltexzess: Polizeifotos belegen Verletzungen
Dann sei es zu den Gewalttaten gekommen: Schnurstracks sei er zu seiner Lebensgefährtin in die Küche gegangen und habe sich aufgeführt wie ein sprichwörtlicher Berserker. Zuerst habe er sie in die Nase gebissen. Dann habe er sie auf das Sofa und schließlich zu Boden geworfen. Er habe sich rittlings auf sie gesetzt, sie am Hals gewürgt, ihren Kopf mehrmals auf den Boden gehauen, auf sie eingeschlagen und ihr schließlich büschelweise die Haare vom Kopf gerissen. Sie habe keine Luft mehr bekommen, schilderte sie vor Gericht. Dann habe sie lauthals um Hilfe gerufen. Polizeifotos belegen die Verletzungen.
Warum er dermaßen ausgerastet sei, konnte sie auf Nachfrage von Strafrichter Christoph Gillot auch nicht erklären. Es sei das erste Mal in der damals zwei Jahre alten Beziehung gewesen, behauptete sie vor Gericht. Eine Nachbarin, die ebenfalls als Zeugin vernommen wurde, schilderte jedoch, dass es öfter lautes Geschrei in der Wohnung des Paares gegeben habe. Sie habe Schimpfwörter gehört. Offensichtlich sei der Mann extrem eifersüchtig. Diese Zeugin war es, die dann veranlasste, dass die Polizei kam und beide mitnahm.
Schon mehrfach in der Psychiatrie: Reduzierte Steuerungsfähigkeit
Der 59-jährige Angeklagte gab sich auf der Anklagebank sehr redselig. An seiner damaligen Lebensgefährtin ließ er kein gutes Haar. "Sie hat mich nach Strich und Faden betrogen", regte er sich auf. Auch habe sie ihn erpresst, indem sie gedroht habe, sich umzubringen, falls er sie verlasse. Zur Tat selbst meinte er, dass sie ihn angegriffen und er sich nur gewehrt habe. Das nahm ihm das Gericht jedoch nicht ab.
Gegen eine an den Ermittlungen beteiligte Polizistin hatte der Angeklagte eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt. Er war schon mehrmals wegen einer bipolaren Störung in der Psychiatrie. Ein im Gericht anwesender Gutachter attestierte ihm eine reduzierte Steuerungsfähigkeit bei der Tat.
Angeklagter erkennt das Urteil nicht an
Der Richter verurteilte den bereits vorbestraften Mann zu einer einjährigen Bewährungsstrafe, verbunden mit einem Alkoholverbot. Dieses Verbot kann zweimal monatlich durch eine Urinkontrolle überprüft werden. Der Verurteilte akzeptierte den Richterspruch nicht, sondern kündigte großspurig an, er werde bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen.