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Haßfurt
Beispiel Gärtner: Wie Coranavirus den Wettbewerb verzerrt
MdL Steffen Vogel hat zwei Briefe nach München geschickt. Er weiß, dass die Staatsregierung keine Präzedenzfälle will und sieht die großen Märkte als Gewinner der Krise.
Gartenbaubetriebe dürfen auf Wochenmärkten, aber nicht sonntags, Lebensmittel verkaufen, aber keine Blumen. Discounter dürfen auch am Sonntag öffnen und in ihrem Sortiment Blumen anbieten: Ein großes Ungleichgewicht, findet MdL Steffen Vogel.
Foto: Christoph Soeder | Gartenbaubetriebe dürfen auf Wochenmärkten, aber nicht sonntags, Lebensmittel verkaufen, aber keine Blumen. Discounter dürfen auch am Sonntag öffnen und in ihrem Sortiment Blumen anbieten: Ein großes Ungleichgewicht, ...
Martin Sage
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:34 Uhr

Steffen Vogel, der Landtagsabgeordnete mit dem Direktmandat im Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld, ist sich bewusst, dass sein Vorstoß nicht sehr erfolgversprechend ist, weil die Staatsregierung damit einen Präzendenzfall schaffen würde: Trotzdem hat sich der CSU-Politiker an seine Parteifreunde im Innenministerium und in der Staatskanzlei gewandt, um auf die besondere Notlage der Gärtner aufmerksam zu machen. "Die sind von der Corona-Krise wahnsinnig betroffen", ist Vogel bewusst geworden, nachdem er mit Betrieben telefoniert hat.

Ist jetzt wirklich jeder Kauf nötig, der momentan in erster Linie den Supermärkten und großen Versandhändlern zugute kommt, fragt sich MdL Steffen Vogel. Er hält es für besser, manches erst nach der Krise in der Geschäftswelt vor Ort zu kaufen.
Foto: Martin Sage | Ist jetzt wirklich jeder Kauf nötig, der momentan in erster Linie den Supermärkten und großen Versandhändlern zugute kommt, fragt sich MdL Steffen Vogel.

In den zwei gleichlautenden Briefen an Innenminister Joachim Hermann und Staatskanzleichef Florian Herrmann stellt der Stimmkreisabgeordnete eine paradox erscheinende Situation heraus: Gartenbaubetrieben ist derzeit der Verkauf von Blumen und Zierpflanzen verboten.  Seit kurzem dürfen sie zwar Lebensmittel anbieten, trotzdem spricht Vogel von einem Ungleichgewicht: 
Supermärkte haben jetzt wie selbstverständlich Schnittblumen und Topfpflanzen im Angebot, was Gärtnern, die auf Wochenmärkten Obst und Gemüse feilbieten, jedoch verboten ist. Darüber hinaus: Von Sonntagsmärkten sind die Gärtner gänzlich verbannt, obwohl es den Discountern jetzt in der Pandemie ausdrücklich erlaubt sei, sonntags zu öffnen. "Ich kann unter diesen Bedingungen verstehen, dass die Gärtner sich hier gegenüber den Supermarktketten ungerecht behandelt fühlen", unterstreicht der Landtagsabgeordnete, der Innenministerium und Staatskanzlei deshalb um Aufhebung dieses Verbots bittet.

Verlust von 70 Prozent des Jahresumsatzes?

Die ersten Signale, die er aus München auf seinen Vorstoß hin bekommen hat, seien wenig erfolgsversprechend, räumte Vogel am Dienstag im Gespräch mit dieser Redaktion ein. Und er hat auch Verständnis dafür, dass sich die Staatsregierung damit schwer tut, Ausnahmen zu schaffen. Schließlich beutelt das Coronavirus viele Branchen. Aber im Falle der Gärtner wollte er es zumindest nicht unversucht lassen, weil deren Hauptsaison nun einmal das Frühjahr sei. Die Betriebe hätten ja bereits im Winter in die Aufzucht der Pflanzen investiert. "Doch fast alles, was im Frühjahr - bis spätestens Mai - nicht verkauft ist, wird nicht mehr verkaufsfähig sein", heißt es in seinen Briefen.  Vogel befürchtet, dass das für manche Betriebe den Verlust von 70 Prozent des Jahresumsatzes bedeuten könnte.

Das Schnitzel wird auch nicht "nachgegessen"

"Aber klar, ein Schnitzel, das jetzt nicht auf den Teller kommt, wird auch nicht nachgegessen", ist sich der CSU-Politiker bewusst, dass Gastronomen ähnlich betroffen sein können. Und dass die Restriktionen im Zusammenhang mit der Pandemie zu vielen weiteren Wettbewerbsverzerrungen führen: Buchläden, Spielwaren- oder Sportgeschäfte sind geschlossen, aber Supermärkte dürfen mit Regalen voller Romanen, Brettspielen, Baukästen oder Fitness-Geräten locken. "Die großen Märkte und Discounter sind die Gewinner der Krise", stellt Vogel fest, während sie für viele kleine Läden existenzbedrohend sei. Auch Versandriesen wie Amazon zählt der Landtagsabgeordnete zu den Profiteuren der gegenwärtigen Situation, selbst wenn der lokale Einzelhandel jetzt versuchte, sich mit Onlinebestell- und Lieferservice über Wasser zu halten.

Appell: Kaufentscheidung für nach der Krise aufschieben

Die Stimmkreisabgeordnete wendet sich deshalb mit einem Appell an die Bevölkerung: "Jeder soll sich jetzt überlegen, ob er seine Kaufentscheidung nicht aufschieben kann." Will heißen: Was später auch im Laden um die Ecke erworben werden kann, muss jetzt nicht unbedingt in den Supermärkten mitgenommen oder bei den großen Versandhäusern bestellt werden. "Sonst kann es ein böses Erwachen für uns alle geben und viele Geschäfte im Ort sind nach der Krise verschwunden", sorgt sich Vogel.

 
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    Es braucht sich keiner etwas vorzumachen. Die Wirtschaft geht krachen, viele Betriebe werden Insolvenz anmelden müssen. Das ist hart.

    Daran sind aber nicht die Politiker schuld, die uns mit den notwendigen strengen Beschränkungen schützen und schützen müssen.

    Es handelt sich um eine todbringende Seuche, falls das noch nicht allen aufgefallen ist.

    Jetzt kann man darüber streiten, ob es eine Naturkatastrophe ist. Oder ob die Wirtschaft nicht auch einen Teil Schuld mit daran trägt, durch ungezügelten Reiseverkehr in Länder mit katastrophalen hygienischen Verhältnissen und durch ungezügelte Importe aus China. Wo die Seuche mutmaßlich entstanden ist, und das auch nicht erst seit gestern. Die Seuche ist importiert. Den Preis müssen leider wir alle zahlen.

    Wer aber Beschränkungen lockern will, handelt im Augenblick sträflich fahrlässig und nimmt mehr Todesfälle in Kauf.
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  • J. H.
    Marlene, 60
    Ich habe keine Anmerkung zur Sache, sondern zum Bild. MdL Vogel ist darauf ganz offensichtlich in einer Gastronomie im Außenbereich mit Kaffeetasse zu sehen. Das halte ich zu Zeiten, in denen Gastronomien geschlossen sind, für keine gute Idee. Gerade auch Abgeordnete sollten doch Vorbild sein.
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    Das Bild wurde schon letztes Jahr gemacht. Denn auch dieses Lokal hat zur Zeit geschlossen.
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  • C. J.
    Schön, dass sich unser Landtagsabgeordneter Steffen Vogel für eine Branche (Gärtner) einsetzt, die saisonal bedingt, wirklich extrem von den Öffnungs- und Abholverboten betroffen ist. Der Umsatz, der im April/Mai gemacht werden muss und aktuell (wie lange noch?) Großteils wegfällt, ist später im Jahr niemals mehr einzuholen. Blumen und Pflanzen, die teilweise schon seit Dezember in den Gärtnereien produziert wurden, haben bereits erhebliche Kosten verursacht und müssten vermutlich in großen Mengen kompostiert werden. Deshalb ein dringender Appell nach München - spätestens am 20.04.20 muss eine spürbare Lockerung (gerne unter vernünftigen Auflagen) des Verkaufsverbots erfolgen, ansonsten gerät eine ganze Branche in Existenznöte. Und es sollte sicher auch nicht im Interesse der Kunden sein, Blumen und Pflanzen künftig fast nur noch in Supermärkten einkaufen zu können. Besser wäre doch, "AUFEN-DORT WO ES WÄCHST", dafür müssen die Gärtner vor Ort aber auch noch in 2021 bestehen.
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    Der ganze Unfug das fast alle Läden und Einrichtungen auf unbestimmte Zeit geschlossen werden, wird uns noch teuer zu stehen kommen. Mehr Arbeitslose und noch mehr leerstehende Läden. Die Politik besteht größtenteils aus wenig qualifizierte Menschen die nicht weit denken können, siehe Atomausstieg und Dieselkrise sowie Mausdesaster.
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