
Sämtliche Gärtnereien in Deutschland müssen aufgrund der Pandemie-Verordnung ihre Geschäfte geschlossen halten. Die Situation, die es in dieser Form noch nie gegeben hat, stellt die Eigentümer und Beschäftigten der Pflanzen produzierenden und verkaufenden Betriebe auf eine harte Probe. Überwiegend von Familien gegründet und von diesen in mehreren Generationen betrieben, stellt sich jetzt die Frage: Ist die Existenz der Gärtnereien wegen Corona bedroht?
Nach ihrer geschäftlichen Situation befragt, äußern sich stellvertretend für alle Gärtnereien im Landkreis die Chefs der Betriebe „Gärtnerei Hofmann“, Kirchaich, sowie „Ideen-Gärtnerei Roth“ und „Werner Pudell Gartenbau“, beide Haßfurt. Die Schließung der Betriebe treffe die Gärtner hart, sind sich die Befragten einig. Jetzt und im Mai müssten 50 bis 70 Prozent des Jahresumsatzes gemacht werden. Die Gärtner hoffen deshalb, dass ab 20. April wieder geöffnet werden darf.
Pudell verkauft 90 Prozent der Eigenerzeugnisse über das Geschäft „Floranium“ seines Bruders, das wie alle am 19. März schließen musste. „Mehr als Dreiviertel der Frühjahrsblüher stehen dort hinter verschlossenen Türen“, sagt Pudell. Selbst wenn nach Ostern geöffnet werden darf, würden diese Pflanzen nicht mehr zu verkaufen sein. „Die Arbeit eines halben Jahres war für die Katz'!“, sagt der Gärtnermeister.
So wie auch andere Gärtnereien im Kreis, bietet er einen Lieferservice über Telefon- und Online-Bestellungen an. Einige Betriebe der Branche haben kurzfristig eine Bestellmöglichkeit via Internet geschaffen, wie etwa die Gärtnerei Roth. Der Chef erklärt: „Als die Festlegung kam, dass wir nicht mehr öffnen dürfen, haben wir mit der Hilfe unserer Kinder innerhalb von 48 Stunden einen Online-Shop eingerichtet.“ Der werde relativ gut angenommen, aber der Aufwand sei erheblich mit Rechnung legen, bestellte Ware zurecht machen und ausfahren. Sein Angebot im Internet lautet: „Bei Bestellungen im Wert ab 20 Euro erfolgt die Lieferung bei bis zu zehn Kilometern Anfahrt ohne zusätzliche Kosten.“
Umsatz im Mai existentiell
Dauert die Geschäftsschließung länger als bis Mitte April, gehe es an die Substanz: Die Kosten für Personal, Jungpflanzen, Energie und sonstige Betriebsmittel seien schon angefallen und könnten bei fehlenden Einnahmen nicht beglichen werden, beschreiben die Gärtner die drohende Lage. Deshalb sei der Umsatz im Mai existentiell. Es nütze nichts, in Depression zu verfallen, deshalb wollen sie mit veränderten Verkaufsformen die Zeit der Schließung überbrücken. Sie verstehen, dass die Corona-Pandemie besondere Regelungen nötig macht, aber es gibt auch etwas, das alle ärgert: „Wir verstehen nicht, dass in anderen Bundesländern zum Teil Gärtnereien und Gartencenter geöffnet werden dürfen“, sagt Pudell und meint wohl, das könne auch in Bayern so sein. Eine besondere Ansteckungsgefahr in den Gewächshäusern sehe er aufgrund der Größe dieser Produktionsstätten nicht. Zudem werde selbstverständlich auf die Einhaltung der Mindestabstände geachtet.
Mit dem Verkauf jetzt vor Ostern sollte das alljährliche Saisongeschäft beginnen. Einige Betriebe berichten hingegen über die Vernichtung von Pflanzen. Dazu meint Hofmann: „Ich halte wenig davon, nur zu jammern, wie viel Ware vernichtet werden muss. Wir haben einen Onlineshop mit Lieferservice ins Leben gerufen, der ohne diese Krise wahrscheinlich nie gekommen wäre.“
Unmut über "Ungleichbehandlung"
So gesehen habe die Krise auch positive Effekte. Allerdings werde es geschäftlich eng, wenn die Schließung länger dauern müsse. Hofmann äußert Unmut über „die Ungleichbehandlung“ verschiedener Branchen. Dass der Lebensmitteleinzelhandel sowie die Discounter und Sonderposten-Märkte weiterhin Blumen und Pflanzen verkaufen, sei nicht gerecht. Ich dachte immer, vor dem Gesetz werden alle gleich behandelt“, macht er seinem Herzen Luft. Er habe sich mit dem Landtagsabgeordneten Steffen Vogel in Verbindung gesetzt, damit der das Anliegen der Gärtner in München vorbringen möge.
Auch Roth äußert sich verärgert über das „Sonder-Recht“ der Sonderposten-Märkte. „Die dürfen Pflanzen neben ihrem sonstigen Sortiment verkaufen und haben das in dieser Situation stark ausgeweitet“, meint er. Die Gärtnereien hingegen dürften nicht einmal Pflanzen auf Containern zur Selbstbedienung mit einer Kasse des Vertrauens vor ihren Geschäften aufstellen. Mit dem Online-Verkauf könnten etwa zehn Prozent des sonst üblichen Umsatzes gemacht werden, aber zur dauerhaften Sicherung der Existenz reiche das nicht aus.
Neben Blühpflanzen produzieren die meisten Gärtnereien auch Salat- und Gemüsejungpflanzen sowie Tomatenpflanzen und Kräuter. Damit werde ein wichtiger Beitrag für die Grundversorgung der Bevölkerung geleistet. „Das wird scheinbar bei unseren Politikern und in den Behörden nicht wahrgenommen“, meint Hofmann.
Auf die Frage, was denn die Menschen im Heimatkreis tun können, um ihrer Gärtnerei vor Ort zu helfen, geben die Gärtner eine gemeinsame Antwort: Jeder Kunde, der nach der Krise immer noch Gärtnereien in seiner Nähe haben möchte, sollte sich überlegen, bei wem er jetzt seine Pflanzen kauft.
Jedes Bundesland macht etwas anderes. Warum dürfen Gärtnereien in Bayern nicht öffnen und Supermärkte verkaufen Blumen u. Pflanzen? Der Erzeuger darf dies nicht und muss seine Ware kompostieren. Makaber! Existenzen stehen auf dem Spiel, bürokratiebedingt!